das Ansehen Deutschlands im neutralen Auslande mit
allen Mitteln gestärkt werden m u ß t e. Heute aber
liegen die Dinge anders, unsere Museen sind wieder
lebendig und dienen zunächst unserem Volke. Das
andere, die Vertretung auf internationalen Ausstellungen,
ist Saclie der Künstler und der privaten Kunstfreunde.
Würde es Qewohnheitsrecht, daß sich die öffentlichen
Galerien an solchen Ausstellungen beteiligen, so wäre
bald überhaupt keine gute Galerie mehr intakt, ein Teil
der Bilder wäre immer auf Reisen. Es ist aber die Not-
wendigkeit zu bestreiten, daß gerade das Bremer Gar-
tenbild Liebermanns und gerade Slevogts „Cortez vor
Montezuma“ in Pittsburg paradieren. Es gibt im
Privatbesitz manches sehr schöne Gartenbild von Lie-
bermann, man muß uur wissen wo, und wenn man es
nicht weiß, muß man suchen, und in den drei oder vier
Slevogt-Sammlungen sind viele Perlen reinsten Wassers.
Wenn ein deutsches Museum eine Manet-Ausstellung
machen und sich seine Jeanne vom Metropolitan-
Museum in New-York ausborgen wollte, oh dann dcr
Direktor sagt: „Bitte, bedienen Sie sich!?“ Solche Zu-
mutungen an die deutschen Museen zu stellen, wirkt ein
wenig dreist, ganz abgesehen davon, da in der Preis-
Jury in Pittsburg wolil drei amerikanische, ein englischer
und ein französischer Maler sitzen, abcr kein deutscher.
Das Ansehen deutscher Kunst im Auslande ist, wenn es
sich erreichen läßt, eine schöne Sache. Aber die Pflege
des deutschen Museumbesitzes ist auch eine schöne
Sache, ebenso schön, wie wenn sicli dies erreichen läßt,
die Wahrung der deutschen Würde.
Die meisten Museen haben Satzungen, die das Aus-
leihen von Bildern verbieten, oder nur in ganz wichti-
gen Ausnahmefällen gestatten. Solche Satzungen soll-
ten im Interesse unseres öffentlichen Kunstbesitzes
schärfer beobachtet werden. Es wird neuerdings aus
deutschen Galerien zu viel verliehen. Natürlich gibt es
Ausnahmefälle, die berücksichtigt werden müssen. Wenn
eine Galerie einen besonders wichtigen Achenbach zur
Jahrtausendfeier nach Düsseldorf schicken muß — gut.
Wenn cin deutscher Künstler zu seiuem siebzigsten Ge-
burtstag durch eine Elite-Ausstellung geehrt werden soll
— gut; da geht es nicht immer ohne den Museumsbesitz,
ebenso wie bei einer Gedächtnis-Ausstellung ftir einen
Verstorbenen, wie z. B. kürzlich bei Hans Thorna. Und
wenn jemand auf die au sich nicht sehr fern liegende Idee
kommen sollte, für den im Jalire 1915 sang- und klang-
los dahingeschiedenen Willielm Trübner eine Gedächt-
nis-Ausstcllung zu machen mit hundert Meisterwerken
seiner Hand in Frankfurt, in München oder in Karlsruhe
— gut, da hilft es nicht, da werden die Museen sich auch
beteiligen müssen, weil Deutschland dies dem Andenken
Trübners schuldig ist, und weil Trübner, einer unserer
besten Maler, langsam vergessen wird. Und wenn Meier-
Graefes großer Plan, eine Ausstellung deutscher Kunst
aus fünf Jahrhunderten docli noch zustande kommen
sollte, so werden die Museen aus ihrer Reserve heraus-
treten, weil es hier um sehr wichtige Dinge geht. Aber
im allgemeinen werden zu viel Ansprüche an die Museen
in dieser Beziehung gestellt. Man muß sich zurück-
halten soweit es geht. Zwar wird dies oft iibel vermerkt.
Als die Bremer Kunsthalle die Münchener Ausstellung
in der Staatsgalerie im Jahre 1924 nicht beschickt hatte,
bekam ihr Leiter, ebenso wie Hindenburg wegen seiner
Annahme der Präsidenten-Kandidatur, von dem Arbi-
ter-Germaniae in Lübeck, Herrn Dr. Heise einen schwe-
ren Tadel: „Dieser Zopf muß aufhören.“ Nein, dieser
Zopf muß gar niclit aufhören, im Gegenteil, er sollte ein-
mal ein wenig wieder nachwachsen. Museen sind wich-
tiger als Ausstellungen. Bilder werden nun einmal nicht
besser durch das Verschicken und Museen auch nicht
dadurch, daß man sie immer wieder um einige ihrer
besten Bilder beraubt. Das Geld, das man für ein
rniniertes Bild von der Versicherungsgesellschaft viel-
leicht bekommt, ist, da man dieses betreffende Bild ja
damit doch nicht wiederkaufen kann, genau so wenig
wert, wie die Leihgabe, die man bestenfalls für ein aus-
geliehenes Bild als Gegengabe geliehen bekommt. Es
ist doch nicht gleichgültig, was für ein Gemäldc an einer
bestimmten Stelle eines bestimmten Saales hängt. Nicht
ailein wegen der dekorativen Haltung der Wand, son-
dern vor allem wegen der bestimmten Rolle, die es im
organischen Aufbau der ganzen Galerie spielt. Denn
jede gute Galerie i s t ein Organismus oder bemtiht sich
doch, einer zu werden. Und für die Harmonie des Orga-
nismus ist jedes gute Bild an seinem Platze wichtig. An
der Stelle, wo Liebermanns Garten von 1924 in der
Bremer Kunsthalle hängt, darf nicht dauernd Corinths
bltihender Apfelbaum von 1922 hängen, oder etwa ein
dunkler Liebermann von 1888, falls die Akademie solchen
als zeitweiligen Ersatz angeboten hätte. Das mag in
Pittsburg auf einer Ausstellung vielleicht möglich sein,
in einer deutschen Galerie, die auf eine saubere Physiog-
nomie hält, ist es nicht möglich. Ob die Galerie einer
mittelgroßen Stadt im Jahre von 20 000 Besuchern ge-
sehen wird, oder ob eine Ausstellung in Amerika von
200 000, ist für die Wirkung, die ein betreffendes Bild an
seiner Stelle ausüben soll, völlig belanglos. Als noch
nicht die Bilder zu den Menschen kamen, sondern dic
Menschen zn den Bildern, ging es beiden besser.
ifi
allen Mitteln gestärkt werden m u ß t e. Heute aber
liegen die Dinge anders, unsere Museen sind wieder
lebendig und dienen zunächst unserem Volke. Das
andere, die Vertretung auf internationalen Ausstellungen,
ist Saclie der Künstler und der privaten Kunstfreunde.
Würde es Qewohnheitsrecht, daß sich die öffentlichen
Galerien an solchen Ausstellungen beteiligen, so wäre
bald überhaupt keine gute Galerie mehr intakt, ein Teil
der Bilder wäre immer auf Reisen. Es ist aber die Not-
wendigkeit zu bestreiten, daß gerade das Bremer Gar-
tenbild Liebermanns und gerade Slevogts „Cortez vor
Montezuma“ in Pittsburg paradieren. Es gibt im
Privatbesitz manches sehr schöne Gartenbild von Lie-
bermann, man muß uur wissen wo, und wenn man es
nicht weiß, muß man suchen, und in den drei oder vier
Slevogt-Sammlungen sind viele Perlen reinsten Wassers.
Wenn ein deutsches Museum eine Manet-Ausstellung
machen und sich seine Jeanne vom Metropolitan-
Museum in New-York ausborgen wollte, oh dann dcr
Direktor sagt: „Bitte, bedienen Sie sich!?“ Solche Zu-
mutungen an die deutschen Museen zu stellen, wirkt ein
wenig dreist, ganz abgesehen davon, da in der Preis-
Jury in Pittsburg wolil drei amerikanische, ein englischer
und ein französischer Maler sitzen, abcr kein deutscher.
Das Ansehen deutscher Kunst im Auslande ist, wenn es
sich erreichen läßt, eine schöne Sache. Aber die Pflege
des deutschen Museumbesitzes ist auch eine schöne
Sache, ebenso schön, wie wenn sicli dies erreichen läßt,
die Wahrung der deutschen Würde.
Die meisten Museen haben Satzungen, die das Aus-
leihen von Bildern verbieten, oder nur in ganz wichti-
gen Ausnahmefällen gestatten. Solche Satzungen soll-
ten im Interesse unseres öffentlichen Kunstbesitzes
schärfer beobachtet werden. Es wird neuerdings aus
deutschen Galerien zu viel verliehen. Natürlich gibt es
Ausnahmefälle, die berücksichtigt werden müssen. Wenn
eine Galerie einen besonders wichtigen Achenbach zur
Jahrtausendfeier nach Düsseldorf schicken muß — gut.
Wenn cin deutscher Künstler zu seiuem siebzigsten Ge-
burtstag durch eine Elite-Ausstellung geehrt werden soll
— gut; da geht es nicht immer ohne den Museumsbesitz,
ebenso wie bei einer Gedächtnis-Ausstellung ftir einen
Verstorbenen, wie z. B. kürzlich bei Hans Thorna. Und
wenn jemand auf die au sich nicht sehr fern liegende Idee
kommen sollte, für den im Jalire 1915 sang- und klang-
los dahingeschiedenen Willielm Trübner eine Gedächt-
nis-Ausstcllung zu machen mit hundert Meisterwerken
seiner Hand in Frankfurt, in München oder in Karlsruhe
— gut, da hilft es nicht, da werden die Museen sich auch
beteiligen müssen, weil Deutschland dies dem Andenken
Trübners schuldig ist, und weil Trübner, einer unserer
besten Maler, langsam vergessen wird. Und wenn Meier-
Graefes großer Plan, eine Ausstellung deutscher Kunst
aus fünf Jahrhunderten docli noch zustande kommen
sollte, so werden die Museen aus ihrer Reserve heraus-
treten, weil es hier um sehr wichtige Dinge geht. Aber
im allgemeinen werden zu viel Ansprüche an die Museen
in dieser Beziehung gestellt. Man muß sich zurück-
halten soweit es geht. Zwar wird dies oft iibel vermerkt.
Als die Bremer Kunsthalle die Münchener Ausstellung
in der Staatsgalerie im Jahre 1924 nicht beschickt hatte,
bekam ihr Leiter, ebenso wie Hindenburg wegen seiner
Annahme der Präsidenten-Kandidatur, von dem Arbi-
ter-Germaniae in Lübeck, Herrn Dr. Heise einen schwe-
ren Tadel: „Dieser Zopf muß aufhören.“ Nein, dieser
Zopf muß gar niclit aufhören, im Gegenteil, er sollte ein-
mal ein wenig wieder nachwachsen. Museen sind wich-
tiger als Ausstellungen. Bilder werden nun einmal nicht
besser durch das Verschicken und Museen auch nicht
dadurch, daß man sie immer wieder um einige ihrer
besten Bilder beraubt. Das Geld, das man für ein
rniniertes Bild von der Versicherungsgesellschaft viel-
leicht bekommt, ist, da man dieses betreffende Bild ja
damit doch nicht wiederkaufen kann, genau so wenig
wert, wie die Leihgabe, die man bestenfalls für ein aus-
geliehenes Bild als Gegengabe geliehen bekommt. Es
ist doch nicht gleichgültig, was für ein Gemäldc an einer
bestimmten Stelle eines bestimmten Saales hängt. Nicht
ailein wegen der dekorativen Haltung der Wand, son-
dern vor allem wegen der bestimmten Rolle, die es im
organischen Aufbau der ganzen Galerie spielt. Denn
jede gute Galerie i s t ein Organismus oder bemtiht sich
doch, einer zu werden. Und für die Harmonie des Orga-
nismus ist jedes gute Bild an seinem Platze wichtig. An
der Stelle, wo Liebermanns Garten von 1924 in der
Bremer Kunsthalle hängt, darf nicht dauernd Corinths
bltihender Apfelbaum von 1922 hängen, oder etwa ein
dunkler Liebermann von 1888, falls die Akademie solchen
als zeitweiligen Ersatz angeboten hätte. Das mag in
Pittsburg auf einer Ausstellung vielleicht möglich sein,
in einer deutschen Galerie, die auf eine saubere Physiog-
nomie hält, ist es nicht möglich. Ob die Galerie einer
mittelgroßen Stadt im Jahre von 20 000 Besuchern ge-
sehen wird, oder ob eine Ausstellung in Amerika von
200 000, ist für die Wirkung, die ein betreffendes Bild an
seiner Stelle ausüben soll, völlig belanglos. Als noch
nicht die Bilder zu den Menschen kamen, sondern dic
Menschen zn den Bildern, ging es beiden besser.
ifi