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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2. Juniheft
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Oeser, Willy: Das Mannheimer Schloß: die Bibliothek
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0452

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jas Mannheimer S c h 1 o ß , mit dessen Bau nach
A‘^ den Plänen 'Froimonts unter der Regierung 1 aes
Kurfürsten Carl Philipp von der Pfalz 1720 begonnen
wurde, gehört zu den größten Schloßbauten Europas.
In breiter Front ist es der Stadt vorgelagert wie eine
Zwingburg, ein Symbol despotischen Machtbewußt-
seins. Doch hieße es den Wert derartiger Schöpfungen

Verbindung des Schlosses mit der Jesuitenkirche an,
zumal statt dessen eine Sandsteinkiste beziehungslose-
ster Art dem Schlosse angehängt wurde. Einen andern
Schaden verursacht die seit einigen Jahrzehnten ent-
standene Bepflanzung des großen Schloßhofes mit
einem Durcheinander von Pflanzen und Kräutern, aus
denen sicli zwei Brunnen und eln Reiterstandbild von

Der große Schloßhof in Mannheim (nach Klauber)

verkennen, wollte man sie unter solchen Gesichtspunk-
ten als sinnlos oder volksfeindlich bewerten. Es be-
kundet diese Anlage einen weitspannigen und groß-
zügigen Geist, der seine Expansionspläne in das Reich
der Kunst verlegte, also den Künstlern eine reiche Wir-
kungsstätte bot. Es konnten in diesem Bauwerk — im
lnnern und am Aeußeren — hervorragende Künstler ihr
Können in die I at umsetzen. So gehört auch heute noch
dies Schloß zu den interessantesten Dokumenten einer
Barockkunst, die in der Wahl ihrer Mittel im Vergleich
etwa zum Würzburger Schloß eine kühlere, aber nicht
unvornehme Zurückhaltung libte.

Das Schloß war im Laufe der Zeit den verschie-
denartigsten Mißgeschicken unterworfen, so daß das
heutige Bild nicht mehr vollständig der Uranlage
gleicht. Der I heaterbau des westlichen Flügels ist
niedergebrannt. Der östliche Seitenflügel mußte als un-
vollendet abgerissen werden. Schlimme Zerstörungen
aber haben neuzeitliche Eingriffe hervorgerufen. Ge-
radezu kulturlos mutet der Abbruch der barocküblichen

Eberlein erheben. Das Denkmal Kaiser Wilhelms I.,
dessen Pferd nach als wahrhaftig angesprochener Anek-
dote behördlicherseits in Berlin eiu Veterinär vor der
Abnahme begutachtete, das also als eine künstlerische
Leistung zu bewerten ist, gehört aus dieser Barock-
sphäre an einen der leeren Plätze der Stadt entfernt.
Das Gefühl für die Notwendigkeit des freien Platzes,
der den Stand des Gebäudes auf der Erde, seine räum-
liche Wirkung und ein sehr wesentliches dekoratives
Element: den Schattenwurf aufweist, ist bei uns — et-
wa mit Italien verglichen — sehr abgeschwächt. Unser
Bild zeigt die architektonische Anlage des Schlosses mit
freiem Mittelhof.

Von den Innenräumen des Schlosses haben viele
erst neuerdings sehr gelitten. Nach der Revolution
wurden z. B. die mit der Raumgestaltung aufs engste
verwachsenen Gobelins, zum Teil noch aus der Zeit
Carl Theodors, des Nachfolgers Carl Philipps und Vol-
lenders des Schloßbaues, grundlos von den Wänden ge~
rissen und fortgeschafft. Der Rittersaal war längere

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