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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1./2. Dezemberheft
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Schmitz, Hermann: Bode und die Museen
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0167

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Bode und die Jvlufeen

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or mehr als einem halben Jahrhnndert, ein Jalir nach
* dem Kriege von 1870-71 trat Wilhelm Bode in den
Dienst der Berliner Museen, nachdem er als junger Jurist
durch mehrjähriges Privatstudium in Gemäldegalerien
und Sammlungen den Grund zur Kennerschaft gelegt
hatte. Mit dem Aufschwung unserer Museen innerhalb
dieser fünfzig Jahre unter den drei Kaisern ist sein Name
eng verbunden. Zusammen mit einer Reihe anderer aus-
gezeichneter Gelehrter und Kenner hat Bode diesen Auf-
schwung herbeigeführt. Die Bilder- und Skulpturen-
sammlungen des früheren alten Museums, des heutigen
Kaiser-Friedrich-Museums hat in erster Linie Bode zu
ihrer heutigen Höhe entwickelt. Nach und nach gewann
er auf die meisten anderen Abteilungen der Museen
Hinfluß, und endlich hat er als Generaldirektor fünfzehn
Jahre die Geschicke der gesamten staatlichen Museen
geleitet, durch die vier Kriegsjalire hindurch bis in die
Zeit des Zusammenbruchs des kaiserlichen Deutschlands
hinein.

Zu seinem achtzigsten Geburtstag vereinigen sich
die Forscher und Verwalter aller Abteilungen unserer
Museen mit Bodes Nachfolger als Generaldirektor, Otto
von Falke, an der Spitze, um Bode ihren Dank darzu-
bringen für seine rastlose und erfolggekrönte Arbeit im
Dienste der Museen und unserer Wissenschaft. Auch
diejenigen, zu deren Fachabteilungen und Forschungs-
gebieten Bode eine unmittelbare Fühlung nicht hatte —
indirekt hat er als Generaldirektor alle auf irgend eine
Weise gefördert — auch diese schließen sich nicht aus,
schon weil sie als Standesgenossen Bode dafür dankbar
sein müssen, daß er durch seine vorbildliche Wirksam-
keit im Ganzen die Gesamtstellung unserer Museen und
durch seine überragende Persönlichkeit das Ansehen der
deutschen Museumsleute wie kein zweiter im In- und
Auslande gehoben hat. Welchen Klang der Name Bode
jenseits der deutschen Grenzen hat, weiß jeder Fach-
genosse, der im Ausland war. Bodes Lebenswerk, seinc
Sammeltätigkeit und Organisationsarbeit werden von
den Museumskommissionen und -Verbänden im Auslande
immer wieder in Protokollen und Programmen als rich-
tun'gweisend bezeichnet, sobald Fragen der Neugrün-
dung oder Umgestaltung großer Museen oder Museums-
komplexe erwogen werden.

Als ein Vertreter der jüngeren Generation der Berli-
ner Museumsgelehrten komme ich der Aufforderung der
Schriftleitung, Bodes Wirken im Dienste unserer Museen
zu entwickeln, mit umso größerer Freude nach, weil die
Angriffe, denen Bode seit der Staatsumwälzung wie-
derholt ausgesetzt gewesen ist, wie dies nach den Zeit-
umständen naheliegend war, vorzugsweise damit be-
gründet worden sind, Bode habe seine Leistung, er habe
seine Zeit überlebt, die jüngere Generation gehe andere

Wege und es sei notwendig, daß er das Feld räume.
Meine Aufgabe soll weniger die Aufzählung der fast un-
übersehbaren Erwerbungen sein, die die staatlichen
Museen Bode seit den ersten Reisen des jugendlichen
Assistenten an der Abteilung antiker Bildwerke nach
Italien zu verdanken haben. Sie soll in großen Zügen
Bodes Arbeitsweise im allgemeinen, seine Richtung,
seine Persönlichkeit als Forscher, Kenner und Organisa-
tor, seine Verdienste um den Fortschritt unserer Samm-
lungen, um die Erweiterung unserer Kenntnisse kenn-
zeichnen, und vor allem dartun, in welcher Weise sein
Wirken, die unmittelbare Berührung mit seinen Mitarbei-
tern und Fachgenossen, die Impulse, die von ihm aus-
gegangen sind, für die Vertreter der jüngeren Genera-
tion befruchtend gewesen sind.

Von Hause aus Jurist und ohne die systematische
kunstgeschichtliche Durchbildung, die der heutigen Ge-
lehrtengeneration selbstverständlich ist, hat Bode sein
angeborenes Qualitätsgefühl durch unablässiges Beo-
bachten von Kunstwerken in Galerien und Sammlungen
geschärft und vervollkommnet, darin der älteren Kunst-
historikergeneration, Männern wie Waagen, Kugler,
Schnaase, Jakob Burckhardt usw. nacheifernd. Die un-
mittelbare Fühlungnahme mit den Dingen selbst, die
lebendige Anschauung, der scharfe Blick für das Einzel-
stück, kurz die gänzliche Unabhängigkeit von vorgefaß-
ten allgemeinen Begriffen, die häufig eher bei Sammlern
als bei Kunsthistorikern zu finden sind, befähigten Bode
von Anfang an, in den Ausbau der Bilder- und Skuip-
turensammUmgen mit überraschendem Erfolge einzu-
greifen.

Seine Sammeltätigkeit war aber kein seelenloses
Aufhäufen von Kunstwerken in der Art mancher Anti-
quare der älteren Epoche, sondern er erfaßte die beaeu-
tendsten Gruppen von Kunstwerken als lebendige Orga-
nismen, um, wo sie bereits bestanden, entscheidende
Lücken zu füllen, oder im anderen Falle, sie neu zu be-
gründen. Das beweisen u. a. die Abrundung der Samm-
lungen holländischer Meister, — dem Lebenswerk Rem-
brandts, des Frans Hals und ihrer Zeitgenossen war die
erste seiner zahllosen grufidlegenden wissenschaftlichen
Veröffentlichungen gewidmet — ferner die Vervoll-
kommnung der an sich bereits durch die Sammlung Solly
vorher einzigartigen Abteilung der italienischen Schulen
des Quattro- und Cinquecento, die Vermehrung der vor
Bodes Erscheinen äußerst schwachen Abteilung deut-
scher Bilder des 14. bis 16. Jahrhunderts, endlich die
erst in neuerer Zeit erfolgte Schaffung von Abteilungen
der deutschen und der englischen Schule des 18. Jahrh.
Geradezu völlige Neuschöpfungen Bodes sind die Säle
der italienischen Skulpturen, Bronzestatuetten und Pla-
ketten der Renaissance, wie auch die erst nach der

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