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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2. Augustheft
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Jacob, Gustaf: Die Schätze des Schloßmuseums Mannheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0540

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Qufiai) lacob

| as Mannheimer Stadtbild des 18. Jahrhunderts ist
mit dem Mannheimer Schloßbau unmittelbar ver-
knüpft. Wie mit zwei gewaltigen Armen umspannen die
beiden Schloßflügel das feste Gerüst- des Mannheimer
Grundrisses. Und doch war dieser Riesenbau urspriing-
lich nicht vorhanden; erst als Kurfürst Carl Philipp von
der Pfalz 1720 seine Residenz von Heidelberg nach
Mannheim verlegte, wurde Mannheim zu einer typischen
Residenz- und Schloßstadt, die eine der bedeutendsten
kulturellen Zentren des Jahrhunderts werden sollte.
Vier Jahrzehnte hindurch, von 1720 bis 1760, waren vier
Architekten an dem Bau beschäftigt: Froimont, Haube-
rat, Bibiena und Pigage. Erst Carl Philipps Nachfolger,
dem prunkliebenden Kurfürsten Carl Theodor, gelang
es, das Werk zu vollenden.

Von dieser einstigen kulturellen Blüte war in Mann-
heim kaum mehr etwas zu spüren; die Schloßräume fan-
den unter badischer Zeit Verwendung zur Unterbrin-
gung von Büros und Wohnungen, welche sich in der
Nachkriegszeit noch weiter ausdehnten, und schließlich
hatten die Prunkräume durch die einjährige Besetzung
des Schlosses durch die Franzosen 1923/24 erheblich ge-
litten. Von der beweglichen Innenausstattung des
Schlosses aus dem 18. Jahrhundert ist kaum mehr etwas
Nennenswertes vorhanden; die prachtvollen Gobelins
und der größte Teil der Möbel aus kurpfälzischer Zeit
sind verschwunden.

Erst in jüngster Zeit ist es der Mannheimer
Stadtve rwaltung gelungen, einen großen Teil
der ehemaligen Prunkräume von dem badischen Staat,
dem jetzigen Eigentümer des Schlosses, für kulturelle
Zwecke zu erhalten, und damit konnte eine planmäßige
Museumsneueinrichtung in die Wege gelei-
tet werden, nachdem die Stadt Mannheim, unter deren
Verwaltung das Museum steht, für die Instandsetzung
und würdige Ausgestaltung der Räume ganz erhebliche
Mittel aufgebracht hat. In ungefähr einjähriger rastloser
Arbeit gelang es den beiden Direktoren, Prof. Dr.
W a 11 e r (kunstgewerbliche, kulturgeschichtliche und
stadtgeschichtliche Abteilungen sowie Gesamtverwal-
tung) und Prof. Dr. Gropengießer (archäologische
Abteilung), die neue Museumseinrichtung soweit zu för-
dern, daß am 15. Mai das Schloßmuseum, das ca. 50
Räume umfaßt, unter Anwesenheit der badischen Regie-
rung und des badischen Landtages, sowie einer Reihe
auswärtiger Museumsdirektoren feierlich eröffnet wer-
den konnte.

Die archäologische Abteilung setzt sich
größtenteils aus Beständen des ehemals kurpfälzischen,
späteren staatlichen Antiquariums zusammen, die nun
gleichfalls der Verwaltung der Stadt Mannheim unter-
stellt wurden. Funde aus G r i e c h e n 1 a n d , zu denen
Terrakotten und Münzen hinzukommen, geben einen

Ueberblick über Töpferei, Malerei und Zeichenkunst vom
zweiten Jahrtausend v. Chr. bis zur Zeit Alexander d. Gr.
Gräberfunde aus A 11 -11 a 1 i e n lassen starken grie-
chischen Einfluß erkennen. Die menschliche Kultur der
jüngeren Stein-, Brönze- und Eisenzeit, die römische
Kultur in Germanien, sowie die Völkerwanderungszeit
wird an einer Menge verschiedenartiger Funde veran-
schaulicht. Zu ihnen kommen die Steindenkmäler aus
der nächsten Umgebung, aus der Pfalz, dem Odenwald,
dem Kraichgau, dem mittleren Neckarland und dem
rheinischen Gebiet.

Den Grundstock des Museumsinhalts der n e u e r e n
A b t e i 1 u n g bilden die Sammlungen des M a n n -
heimer A 11 e r t u m s v e r e i n s , die in ungefähr
70jähriger unermüdlicher Tätigkeit zusammen gekom-
men sind, und die geschichtliche und kunstgeschichtliche
Denkmäler Mannheims und der Pfalz enthalten. Dazu
kommen die kunstgewerblichen und kulturgeschichtlichen
Abteilungen, die mit den übrigen Abteilungen nun zu
einem einheitlichen Ganzen zusammengeschlossen sind.
Großzügige Neuerwerbungen der Stadt Mannheim,
namentlich auf keramischem Gebiet, haben das Mann-
heimer Schloßmuseum mit einem Schlage zu einem der
bedeutendsten keramischen Museen gemacht. Da sind
vor allem zwei Sammlungen zu erwähnen, die Mann-
heimer Bürger in jahrclanger mühevoller Arbeit zusam-
mengebracht haben: Die Sammlung C a r 1 B a e r , die
sich besonders durch eine feine Auslese von Qualitäts-
stücken der Frankenthaler Manufaktur auszeichnet und
auf das Wertvollste durch eine Sammlung von Klein-
bildnissen in verschiedenstem Material bereichert wird,
sowie die Fayence- und Porzellansamm-
I u n g H a n s Hermantisdörfer, die ca. 1100
Nummern umfaßt und nahezu alle deutschen Fayence-
und Porzellanmanufakturen des 18. Jahrhunderts be-
rücksichtigt hat. In ihrer Fayence-Abteilung sind eine
Reihe hervorragender Hausmalerarbeiten, in der
Porzellan-Abteilung neben Frankenthaler Erzeugnissen
vor allem erstklassige friihe Arbeiten dcr Meißener
Manufaktur besonders zu erwähuen. Den Sammlungs-
inhalt zu steigern, war ferner durch die Erwerbung einer
Gläsersammlung möglich, die gleichfalls ein Mannhei-
mer, Hermann Waldeck, zusammenbrachte
und die, abgesehen von zierlich geschnittenen böhmi-
schen, schlesischen und mitteldeutschen Gläsern, vor
allem durch Arbeiten der Biedermeierzeit hervortritt.
Die übrigen Museumsgegenstände weisen größtenteils
auf das 18. Jahrhundert hin, wie ja überhaupt der
Charakter eines B a r o c k - u n d R o k o k o -
museums durchaus vorherrschend ist; er kommt
zum Ausdruck nicht allein in wertvollen Kostümen und
Möbeln, sondern auch in einer Sammlung von I aschen-
uhren, vorwiegend der Rokokozeit, die Otto Baer,

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