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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2. Februarheft
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Peltzer, Rudolf Arthur: Hummels "Fermate" in der Neuen Pinakothek, ein literarisches Bild
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0267

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Hummels „fecmate" in dcv \\e\xen Pinakotbek,

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R. A. Pelt^et?

/V/l an wird oft die Beobachtung maclien, daß Kunst-
* * * werke, die den Genius des Dichters zu bedeuten-
den Schöpfungen entflammt haben, vor der Kritik
späterer Zeit nicht stand halten und vergessen werden,
während das durch sie angeregte dichterische Werk
weiter lebt. Ein solcher Fall liegt auch bei Erdmann
Hummels Gemälde „Die Gesellschaft in einer italieni-

Gewänder gehüllten Marmorstatuen gleichen, mit warm
pulsierendem Leben und läßt sie als wandernde
Sängerinnen nach dem Norden ziehen, wo der musik-
begeisterte junge Deutsche sicli notwendigerweise in
ihren Netzen verstricken muß; als gereifter Mann findet
er dann viele Jahre später auf einem Ausfluge in der
Umgebung Roms die beiden Frauen wieder in Gesell-

Erdmann Humme!
Die Fermate

Neue Pinakothek
München

schen Locanda“ vor, das, als es 1814 in Berlin ausge-
stellt wurde, E. T. A. Hoffmann zu der bekannten
Novelle „Die Fermate“ (Die Serapionsbrüder I.) begei-
sterte und auch in Eichendorffs „Taugenichts“ erwähnt
wird. Das Bild, das seitdem im Privatbesitz ver-
schwunden war, wird nun als Neuerwerbung der Neuen
Pinakothek in München der Oeffentlichkeit wieder zu-
gänglich gemacht. Inzwischen hat sich unsere Ein-
stellung zur Malerei des deutschen Klassizismus und der
Frühromantik wesentlich verändert, und wir vermögen
wieder unbefangen nachzuempfinden, was die Phanta-
sie unserer Romantiker an diesem Bilde gereizt hat.
Es ist, abgesehen von dem novellistischen Inhalt, wohl
hauptsächlich das echt italienische Milieu, das die Her-
zen der italienbegeisterten Künstler höher schlagen
ließ und wehmütige Erinnerungen vergangener Freu-
den weckte. E. T. A. Hoffmann erfüllt die beiden jun-
gen Schönen, die auf dem Bilde eher antiken, in seidene

schaft eines Abbate in dem Moment, den Hummel
darstellt.

„Eine üppig verwachsene Laube — ein mit Wein
und Früchten besetzter Tisch — an demselben zwei
italienische Frauen einander gegenübersitzend — die
eine singt, die andere spielt Chitarra — zwischen bei-
den hinterwärts stehend ein Abbate, der den Musik-
direktor macht. Mit aufgehobener Battuta paßt er auf
den Moment, wenn Signora die Kadenz, in der sie mit
himmelwärts gerichtetem Blick begriffen, endigen wird
im langen Trillo, dann schlägt er nieder und die Chitar-
ristin greift keck den Dominanten-Accord. — Der
Abbate ist voll Bewunderung — voll seligen Genusses
- und dabei ängstlich gespannt. — Nicht um der Welt
willen möchte er den richtigen Niederschlag verpassen.
Kaum wagt er zu atmen. Jedem Bienchen, jedem
Mücklein möchte er Maul und Flügel verbinden, damit
nichts sumse. Um so mehr ist ihm dcr geschäftige Wirt

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