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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2. Maiheft
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Krasnopolski, Paul: Alt-Prager Gärten
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Aus dem nordischen Kunstleben / Der neuentdeckte Hierohymus Bosch / Kölner Kunstbrief / Schweizerische Kunstchronik / Kunstauktione / Aus der Museumswelt / Kunstausstellungen / Anzeigen
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0419

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hundertjährigem Buchsbaum etwas feierlich beginut und
dann mit raschen Sprüngen in zwei weiteren Absätzen
einen steilen Hang des Laurenziberges emporeilt, in
einer ungestümen Bewegung, voll der fröhlichen Unrast
seiner Zeit. Sein Aufbau ist geblieben, der behende
Schwung der Treppen, die trennende Mauer mit den ver-
witterten Vasen und Göttergestalten, das abschließende
Halbrund mit seinen Reliefs von Tritonen und fisch-
schwänzigen Seejungfrauen. Nur die architektonischen
Gebilde sind zerfallen, in welche das Rokoko einst die
Pflanzen preßte, und ungehindert klettert ihr buntes
Leben an Stelle der erloschenen Täuschung gärtne-
rischen Fresken über die Steinwand, färbt den grauen
Sockel der puttenumspielten und von Reliefbändern um-
wundenen Vasen und die kostümierten Figuren. Ganz
oben, auf dem Rücken des Halbkreises, in dessen sanfter

Wölbung die aufwärts drängenden Linien münden, fließt
das Grün des breiter werdenden Abhanges in einer klei-
nen Terrasse zusammen. Von Luft und Farbe getragen,
schwebt sie hoch über der Stadt. Ueber ihr steht noch
die starre Fläche der Burg, deren Rand von den Dom-
türmen in feine Spitzen ausgefranst wird, unter ihr
schneidet das Langhaus der Niklaskirche, auf welchem
die Kuppel wie im schweren Ton einer grünen Glocke
verhallt, und rechts der steile Rücken von St. Maria de
Vectoria einen breiten Streifen aus dem braungrauen
Gerölle der Dächer und Giebel. Und überall wachsen
Türme aus dem rissigen Boden dieses Geschiebes, hohe
und niedrige, schlanke und gedrungene, schießen wie
steingewordene Brunnen empor, ducken sich unter bau-
chigen Hauben. Tief unten funkelt im grauen Dunst von
Wasser und Häusern das „hunderttürmige Prag“.

Rembrandt, Das Landgut des Goldwägers. B. 234. Auktion bei Gilhofer und Ranschburg, Luzern

Aus dem nordißberi Kunffteben.

In N o r w e g e n steht zur Zeit die Frage der Vollendung der
Wiederherstellung des Drontheimer Domes im Vordergrunde des
Interesses. Auf den 29. Juli 1930 fällt die 900. Wiederkehr jener
Schlacht bei Stiklestad, in der König Olaf seinen Tod gefunden hat.
Die Zeitgenossen nannten ihn „den Dicken“; fiir die Nachwelt aber
ist er als der Begründer des Christentums in Norwegen „der Flei-
lige“ geworden, und es besteht die Absicht jenen Gedenktag des
Nationalheiligen im Dome zu Drontheim, der Grabstätte Olafs und
Krönungskirche der norwegischen Könige, mit einer Feier großen
St'iles zu begehen. Nun bleibt aber für die Wiederherstellung des
Domes, obschon sie nun seit fast zwei Menschenaltern im Werke ist,
noch viel zu tun. Der Drontheimer Dom ist außerhalb Großbritan-
niens der imposanteste Vertreter jenes englischen Kathedraltypus,
der sich u. a. durch gewaltige Längsausdehnung der Gotteshäuser
auszeichnet. Das ganze Längsschiff, das annähernd die Hälfte der
Gesamtausdehnung des Domes einnimmt, bleibt noch herzustellen
und diese Aufgabe ist mit den laufenden staatlichen und kommuna-
len Zusclnissen zum Dombaufond nicht zu lösen. Man hat daher
eine Nationalsammlung eingeleitet, und eine lebhafte und geschickte
Werbetätigkeit bemüht sich die vaterländische Gesinnung der Nor-
weger für das Dombauwerk in Bewegung zu setzen. Anscheinend
mit Erfolg. Innerhalb dreier Monate ist es gelungen etwa 250 000
Kronen zu sammeln; da der erforderliche Gesamtbetrag auf 500 000
Kronen veranschlagt wird, so besteht wohl Aussicht diese Summe

einzubringen und mit ihrer Hilfe dann das gewaltige Restaurations-
werk endlich seinem Auschlbsse zuzuführen. Die Leitug der Arbei-
ten hat nach dem Ableben des Dombaumeisters Nordhagen sein
Assistent Architekt Tverdat iibernommen.

Mit einer würdiigen Feier wurde O s 1 o der 50. Geburtstag
des Kunstindustrie-Museums begangen. Diese Anstalt, hervorge-
gangen aus der Anregung von Lorenz Dietrichson, dem ersten Ver-
treter der Kunstgeschichte an der Universität Kristiania, hat sich
unter der Leitung erst von H. Grosch, dem Sohne des Lübecker
Malers und Architekten Grosch, und seit 1919 unter der von Hans
Dedekam zu einer Sammlung entwickelt, die weit über lokales
Niveau hinausragt und auf manchen Gebieten auch neben den
großen europäischen Museen ehrenvoll besteht. Es sei da nur auf
die kostbare, jetzt 62 Sttick umfassende Sammlug von Bildwebe-
reien hingewiesen, die das Museum besitzt; ihre Krone bildet der
Baldishol-Teppich, eine der ältesten unter den bekannten euro-
päischen Arbeiten dieser Art; seinerzeit fiir 300 Kronen erworben,
wird er gegenwärtig auf einen Wert von etwa 20 000 Kronen ge-
schätzt. Durch das Vennächtnis Langaard ist das Museum 1922
in den Besitz einer der vorzüglichsten Sammlungen deutschen
Steinzeugs gekommen; übrigens aber sind fast alle Gruppen und
Zeiten des curopäischen wie des orientalischen Kunsthandwerks
durch Arbeiten von hoher Qualität vertreten. Das Kunstindustrie-
Museum hat sein Jubiläum durch die Veröffeutlichung einer vor-

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