Sin deutfcbee Sammtet? in Rom
oon
Cuvt BauersRom
I-h s war für die römischen Kunstkreise etwas ganz
J Neues, als sie die Sammlung gotischer Plastiken,
die der Sammler Louis Zacharias nach Rom gebracht
hatte, in der Via del Baburino, wo es von allerhand An-
tiquitäten wimmelt, besichtigen kamen: lauter auser-
lesene Kunstgegenstände, von denen verschiedene je-
dem deutschen Museum zur Zierde gereichen würden.
Süddeutschland um 1180
In Rom jedoch ist die deutsche, ebenso wie die franzö-
sische Gotik, ganz unbekannt. Hier bedeutete es eine
Tat, das kunstsinnige Publikum mit dem deutschen
Geiste jener Zeiten bekannt zu machen. Anfangs be-
rührte diese tiefinnerliche Art die Römer fremd. All-
mählich aber ging ihnen der Sinn für diese der Oeffent-
lichkeit zur Schau gestellten Kunstwerke auf.
Louis Zacharias ist gebiirtiger Königsberger. Er
lebte bis zum Jahre 1924 als freier Schriftsteller und
hatte sich unter dem Pseudonym Ludwig Marr einen
Namen zu rnachen gewußt. Den größten Teil dieser Zeit
brachte er auf Reisen zu, die ihn nach Italien, Griechen-
land, Spanien, Frankreich, England, Skandinavien, Nord-
Afrika und Klein-Asien fiihrten. Ueberall war er eifrig
tätig, seine Sammlungen durch neue Kunstgegenstände
zu bereichern. Es ist indessen weniger die Menge des
Gesammelten, als vielmehr der gute Geschmack und das
Verständnis, mit dem es zusammengetragen wurde, was
das Interesse daran erweckt. Schon mit 18 Jahren ge-
lang es seinem scharfen Instinkt, auf einer Auktion eine
gotische Statue als echt zu erkennen und zu erwerben,
die anfangs von den anwesenden gewiegten Fachleuten
abgelehnt und erst viel später anerkannt wurde. Dann
war es zunächst die Gotik, die den jungen Sammler fes-
selte. Er sammelte hauptsächlich süddeutsche und fran-
Schweiz um 1350
zösische Madonnenstatuen, von denen einige zu den
schönsten und anmutigsten dieser Gattung gehören. Da-
neben finden wir verschiedene romanische Plastiken,
deren nach innen gewandter Ausdruck äußerst reizvoll
auf den frühen Kulturkreis hinweist, dem später die Go-
tik entwuchs.
Durchaus einzig dastehend jedoch ist die Sammlung
durch ihren Reichtum an vortrefflich erhaltenen Nürn-
berger Brautkästchen, lauter Eliteexemplare von Wis-
muthkästchen init religiösen und profanen Darstellungen
aller Art. Eines der schönsten von ihnen, um 1510 ent-
standen, zeigt die Geschichte der Salome. Auf anderen
wieder sehen wir musizierende Liebespärchen mit sinni-
gen Spruchbändern und überaus anmutigem Linienspiel,
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Cuvt BauersRom
I-h s war für die römischen Kunstkreise etwas ganz
J Neues, als sie die Sammlung gotischer Plastiken,
die der Sammler Louis Zacharias nach Rom gebracht
hatte, in der Via del Baburino, wo es von allerhand An-
tiquitäten wimmelt, besichtigen kamen: lauter auser-
lesene Kunstgegenstände, von denen verschiedene je-
dem deutschen Museum zur Zierde gereichen würden.
Süddeutschland um 1180
In Rom jedoch ist die deutsche, ebenso wie die franzö-
sische Gotik, ganz unbekannt. Hier bedeutete es eine
Tat, das kunstsinnige Publikum mit dem deutschen
Geiste jener Zeiten bekannt zu machen. Anfangs be-
rührte diese tiefinnerliche Art die Römer fremd. All-
mählich aber ging ihnen der Sinn für diese der Oeffent-
lichkeit zur Schau gestellten Kunstwerke auf.
Louis Zacharias ist gebiirtiger Königsberger. Er
lebte bis zum Jahre 1924 als freier Schriftsteller und
hatte sich unter dem Pseudonym Ludwig Marr einen
Namen zu rnachen gewußt. Den größten Teil dieser Zeit
brachte er auf Reisen zu, die ihn nach Italien, Griechen-
land, Spanien, Frankreich, England, Skandinavien, Nord-
Afrika und Klein-Asien fiihrten. Ueberall war er eifrig
tätig, seine Sammlungen durch neue Kunstgegenstände
zu bereichern. Es ist indessen weniger die Menge des
Gesammelten, als vielmehr der gute Geschmack und das
Verständnis, mit dem es zusammengetragen wurde, was
das Interesse daran erweckt. Schon mit 18 Jahren ge-
lang es seinem scharfen Instinkt, auf einer Auktion eine
gotische Statue als echt zu erkennen und zu erwerben,
die anfangs von den anwesenden gewiegten Fachleuten
abgelehnt und erst viel später anerkannt wurde. Dann
war es zunächst die Gotik, die den jungen Sammler fes-
selte. Er sammelte hauptsächlich süddeutsche und fran-
Schweiz um 1350
zösische Madonnenstatuen, von denen einige zu den
schönsten und anmutigsten dieser Gattung gehören. Da-
neben finden wir verschiedene romanische Plastiken,
deren nach innen gewandter Ausdruck äußerst reizvoll
auf den frühen Kulturkreis hinweist, dem später die Go-
tik entwuchs.
Durchaus einzig dastehend jedoch ist die Sammlung
durch ihren Reichtum an vortrefflich erhaltenen Nürn-
berger Brautkästchen, lauter Eliteexemplare von Wis-
muthkästchen init religiösen und profanen Darstellungen
aller Art. Eines der schönsten von ihnen, um 1510 ent-
standen, zeigt die Geschichte der Salome. Auf anderen
wieder sehen wir musizierende Liebespärchen mit sinni-
gen Spruchbändern und überaus anmutigem Linienspiel,
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