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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

DOI issue:
1./2. Novemberheft
DOI article:
Zülch, Walther Karl: Das älteste städtische Exlibris von 1511
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0129

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Jie Stadt Frankfurt hat den Vorzug:, das früheste
Kupferstich-Exlibris der Welt besessen zu
haben. Es ist jenes für den Patrizier Bernhard Ror-
bach und seine Frau Eilche von Holzhausen um 1470
(nach 1466 und vor 1482) vom Meister des Amsterda-
mer Kabinettes entworfen und vom Meister b. g. in
Kupfer nachgestochene Allianzwappen mit den beiden
Schildhaltern. Der erste Buchhandelsplatz für ge-
druckte Bücher, den der geschäftstüchtige Peter Schöf-
fer für seine neuartigen Erzeugnisse mit sicherem Blick
erkannte und sich erschloß; die Messestadt Frankfurt
zeitigte frühe kleine Büchersammlungen in der Bürger-
schaft. Der Rat besaß aber auch eine eigene „Liberey“
auf der Ratsschreiberei, aus der sich seit 1483 Bücher
mit dem schriftlichen Eintrag „dieß Buch gehört in des
Rates zu Frankfurt Schreiberei“ erhalten haben. Auf
Anregung des Patriziers Dr. Ludwig von Marburg zum
Paradies, der seine Bibliothek von 167 Werken der
Stadt 1484 vermachte, beschloß der Rat eine eigene
Bibliothek im Römer einzurichten. Der Plan kam erst
1511 zur Ausführung, nach dem Jacob Heller, der große
Mäzen und Dürerfreund, sein Haus „zur Viole“ dem Rat
überlassen hatte. Dieser bedeutende Frankfurter Bür-
germeister ist aber nicht nur der Förderer und peku-
niäre Stütze der neuen Ratsbibliothck, sondern auf seine
Anregung ist auch einem ihrn nahestehenden Frankfur-
ter Küristler der Auftrag zu dem ältesten Exlibris einer
Stadt, das wir kennen, erteilt wordeu. Aus Dürers
Briefen kennen wir seinen „Schwager“ in Frankfurt,
den Maler Martin Caldenbach, genannt Hess (1470-1518,
siehe W. K. Zülch im Repert. für Kunstw. Band 38,
S. 145. — Kunstwanderer 1922, S. 246.). Von Martin
Caldenbach ließ Jacob Heller jenen prachtvolien Wap-
penadler (abgebildet Kunstwanderer 1922, S. 248) von
1509 in Holzschnitt ausführen. Es ist der ganz seltene
Fall, daß wir für die Entstehung eines Holzschnitts die-
ser Zeit bis zum Preis für den Entwurf über alle Einzel-
heiten urkundlich unterrichtet sind. Den gleichen Stadt-
adler wie auf dem Wappenholzschnitt von der gleichen
Künstlerhand finden wir auf einem Ledereinband der
Frankfurter Stadtbibliothek aufgeklebt mit der Ueber-
schrift: „Dis Buch gehört dem Radt zu Frankfurt.“ Das
bedeutet also im Gegensatz zu jenen nur handschrift-
lichen Besitzvermerken ein regelrechtes Exlibris des
Rates! Die Datierung auf 1511 ergibt sich aus der da-
mals erfolgten Einrichtung der Stadtbibliothek und aus
dem Buch selbst. (Katalog der permanenten Ausstel-
lung der Stadtbibliothek Frankfurt 1920, S. 15, Nr. 48.)
Es ist die illustrierte Papierhandschrift eines Feuer-
werks- und Rüstbuches, zusanmiengebunden aus zwei
Teilen, die der Rat 1504 und 1510 angekauft hatte:
„15 Gulden für 24 Stück Muster von Künsteri, Stiegen
und Schutzweren. 24 Gulden hat kauft Karl von Hins-
berg für Steigleitern, Fallgezug, Feuergezug und ein

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Buch von allerhand Mustern, das in einer Truhe liegt,
vom Fechtmeister Hans Hartmann.“ (Stadtrechenbuch,
Gemeine Ausgaben 1504 und 1510.) Durch die Anbrin-
gung dieses Exlibris auf der Außenseite des Buches
wurde die Zeichnung im Laufe der Zeit schwer beschä-
digt. Wenn aucli der linksschauende gekrönte Adler
noch leidlich. sichtbar ist, so verschwinden die Köpfe

der schildhaltenden Löwen mit ihren Pranken, unten in
den Zwickeln am Schildrande, fast völlig. Martin Cal-
denbachs Werk, das nur zwei Holzschnitte, einige
Zeichnungen und eine Reihe umstrittener Tafelbilder
aufweist, erhält durch die Entdeckung dieses ältesten
städtischen Exlibris einen Zuwaehs, der ilm wieder als
den begabten Zeichner von Dürerschem Gepräge zeigt.
Seine angesehene Stellung in der Stadt erhellt aus sei-
ner Beamtenstellung als städtischer Weinvisier. Frei-
licli wird seine künstlerisch rein lokale Bedeutung durch
nichts besser gekennzeichnet als dadurch, daß iu seiner
Lebzeit Holbein, Dürer, Grünewald und Jörg Ratgeb
für die großen Aufträge von außen geholt wurden.

lil
 
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