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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

DOI Heft:
1/2. Märzheft
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Kosurik, Wladimir Max: Retrospektive Ausstellung des Kunsthistorischen Instituts der Universität Graz
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0318

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Reteofpekilüe Ausßeüung des Kunübtüoctiicben tnitituis

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jas wachsende Interesse für Ausdrucksform und
Empfinden barocker Kunst, das in letzter Zeit sogar
zur Errichtung von Barockmuseen geführt hat, bedeu-
tet eines der markantesten Charakteristika moderner
Kunsteinstellung. Diesem gesteigerten Bedürfnis kommt
die vom Kunsthistorischen Institut der Grazer Universi-
tät veranstaltete Ausstellung entgegen: sie bietet jedem
Kunstfreunde eine äußerst glückliche Auswahl von
Kunstwerken des 17. und 18. Jahrhunderts, die, mit einer
einzigen Ausnahme (Porträt des Fürsten Wenzel Lich-
tenstein), bisher unbekannt, aus steirischem Privatbesitz
stammen. Von dieser Sonderschau seien im Rahmen
einer kurzgefaßten Besprechung nur die bedeutendsten
Werke angeführt.

Drei Gemälde sind es vor allem — sie allein schon
rechtfertigen den Besuch der Ausstellung — die das Ent-
zücken jedes Beschauers wachrufen: ,,Der hl. Benno als
Schutzpatron von München“ von Johann Michael Rott-
mayr, eine „Sophonisbe“ von Hanns Adam Weißenkirch-
ner und das unvergleichlich anmuts- und lebensvolle
Porträt der Theresia Gräfin Trauttmannsdorff (geb. Grä-
fin Nadasdy) von einem österreichischen Bildnismaler
um 1795 auf die Leinwandfläche hingehaucht.

Bei Rottmayrs „Hl. Benno“ (eine Wiederholung be-
findet sich zu München in der Alten Pinakothek) nimmt
die meisterhafte Koloristik wie die bravouröse Pinsel-
führung sofort gefangen. Wie ergreifend spiegeln sich
die seelischen Vorgänge im Antlitz des Bischofs wieder,
wie plastisch leuchten diese Hände, wie raffiniert ist die
Goldstickerei des Pontifikales wiedergegeben. Der
schmale, blau-grüne Firmamentstreif im linken oberen
Bildteil zerreißt ungemein kraftvoll die dunkle Eintönig-
keit des übrigen Hintergrundes. Man kann sicli vorstel-
len, wie solche Meisterleistungen auf den jungen, in
Salzburg aufgewachsenen Makart eingewirkt haben
müssen.

Weißenkirchners „Sophonisbe“ erzielt durch ihre
fast irionumentale Haltung, den äußerst güntsigen Bild-
ausschnitt, wie durch ihre Farbengebung, die durch das
Olivgrün des Mantels, das satte Braun des Mieders und
das Weiß des Untergewandes harmonisch abgestimrnt
ist, tiefe Wirkungen.

Das Porträt der „Theresia Gräfin Trauttmannsdorff“
endlich, allgemein als der Clou der ganzen Sonderaus-
stellung bezeichnet, entzückt durch die Fülle des Lieb-
reizes, der von diesem Bildnis ausstrahlt. Sie hält ein
von ihr selbst gezeichnetes Blatt dem Beschauer ent-
gegen, auf dem ein Amor einen Pfeil abschießt. Es ist
eines jener damals beliebten Verlobungsbilder: Die
Dame, die sehr jung geheiratet hatte, wollte offenbar da-
mit anzeigen, daß sie von Amors Pfeil getroffen wurde.

Sie war sicherlich eine liebenswürdige Dilettantin der
schönen Künste, und der Porträtist hat denn auch diesen
von ihr gezeichneten Amor mit all seinen Schwächen
getreulich festgehalten. Das ungemein reizvolle Antlitz
der jungen Gräfin mit den schalkhaft zuckenden Mund-
winkeln und der kunstvoll getürmten, überpuderten
Frisur legen ebenso wie die zarte Pinselführung bei den
Spitzen, die duftige Behandlung des Kleides und die Wie-

O.esterreichischer Bildnismaler,

Porträt der Theresia Qräfin Trauttmannsdorff

dergabe des dunkelblauen Samtmantels mit der subtil
gebrachten Pelzverbrämung beredtes Zeugnis für die
überfeinerte Porträtkunst jener Periode ab.

Unter den übrigen Werken sind ebenfalls Namen
von bestem Klang vertreten: Ein großes Altarbild „Die
hl. Ursula“ von Franz Karl Remp, dem in Graz durch
seine mythologischen Deckengemälde im Palais Attems
bekannten Meister. Die herabschwebende Heilige hält
auf Fürbitte des Papstes Clemens XI., dessen Pontifikale
ganz virtuos zur Darstellung gebracht ist, ihren Mantel
über Kaiser Joseph I. und dessen Gemahlin. Allerdings
wurde bei der Gruppierung der Gesamtkomposition der
Kaiserin ein äußerst uugünstiger Platz zugewiesen, so

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