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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

DOI Heft:
1/2. Märzheft
DOI Artikel:
Kosurik, Wladimir Max: Retrospektive Ausstellung des Kunsthistorischen Instituts der Universität Graz
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0319

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daß man sich zur Annahme versucht fühlt, sie wäre erst
zu einem späteren Zeitpunkt über Auftrag hinzugemalt
worden. Dagegen wirkt der Durchblick nacli einem
jugendlichen Bischof und drei anderen kirchlichen Wür-
denträgern sehr lebendig und reizvoll. Bei diesern Bilde
wie bei der nachfolgenden „Immaculata“ drängt sich
dem Kunstkenner wieder die schmerzliche Wahrneh-
mung auf, daß nur zu oft bei verhältnismäßig knappen
Mitteln verschiedenster Besitzer, bei diesen — für unzu-
längliche Restaurierungen — doch immer noch mehr
als reichlich Geld vorhanden ist. So erhielten vor Jahren
bei einer teilweisen Restaurierung der „Hl. Ursula“ die
Augen des Kaiserpaares einen fast starren Ausdruck, der
den sonst hervorragenden Gesamteindruck dieser Kom-
position immerhin um einiges abschwächt.

Die „Immaculata“ mit den beiden Schutzpatronen
gegen die Pest, Sebastian und Rochus, vou einem steiri-
schen Maler um 1770, überrascht durch die duftige Far-
bengebung in den oberen Partien der Komposition. Der
diskrete blaß-violette Ton von Mariens Mantel zählt zu
den ganz seltenen Valeurs von berückender Wirkung.
Auch hier wurden gelegentlich einer früheren Restaurie-
rung bedauerlicherweise die heiligen Sebastian und Ro-
chus sowie andere Details zu pastos übermalt, so daß
der hauchartige Charakter der Schöpfung in diesen Par-
tien verloren ging.

„Golgatha“ von Martin Johann Schmidt (Kremser
Schmidt) hält den sonst ungewöhnlichen Augenblick der
Verspottung des Gekreuzigten durch die beiden Phari-
säer mit erschütternder Wucht fest. Die für diesen
Künstler charakteristische Farbensprache zeigt in be-
sonders eindringlicher Weise die Oelskizze „Martyrium
der hl. Barbara“, ein Entwurf für das Altarbild in der
Brünner Domkirche (1791).

Der „Hl. Josef mit dem Kinde“, von einem steiri-
schen Maler um 1750, fällt sowohl durch die effektvolle
Lichtführung als besonders durcli den abweichenden
jugendlichen Typus mit ausgesprochen semitischem Ein-
schlag auf.

Eine „Viehtränke“ von Johann Friedricli Weitsch
mit Staffagefiguren, die italienischen Einfluß verraten,
und einem Eichenwald als Hintergrund erfreut durch die
flotte Führung des Pinsels und die lebendig-warme
Sprache der Farben.

Ein „Christus am Kreuze“ (Schule des Altomonte)
ergreift durch die realistische Wiedergabe des Leich-
nams, dessen untere Partien ungeheuer wirkungsvoll
in das schauerliche, nächtige Fimament des Hintergrun-
des verfließen.

Das lebensgroße, repräsentative Porträt des Fürsten
Wenzel Lichtenstein mit Benutzung eines älteren Origi-
nalbildnisses von Hyacinth Rigaud, vermutlich von Vin-
zenz Fanti gemalt, fesselt durch die Großzügigkeit im
Kompositionellen wie durch die prunkvolle Farbensinfo-
nie. Besonders prächtig wirkt der faltenreiche, rot-
violette Samtmantel mit der schweren Hermelinver-
brämung.

Bei den aus verschiedenem Familienbesitz stam-
menden Pastellporträts „Maria Josepha von Thinnfeld“
und „Walpurga Freifrau von Kellersperg“, von der Hand
eines steirischen Bildnismalers um 1760, kommt man
einem geschickten Porträtpastellisten auf die Spur,
dessen feine Töne äußerst reizvoll wirken. Sprechend
leuchten die dunklen Augen der beiden Dargestellten,
duftig sind die kunstvoll verschlungenen Frisuren wie
Stoffe und Spitzen wiedergegeben.

Von den mit Photographien der ausgeführten Werke
belegten Zeichnungen erregen eine kleine lavierte Feder-

Johann Michael Rottmayr,

Der hl. Benno als Schutzpatron von Miinchen

skizze des Kremser Schmidt „Die Taufe Christi“ (das
Gemälde, eine Leihgabe der Galerie Attems an das
Joanneum in Graz, befindet sich derzeit im Barock-
museum zu Wien) und eine Federzeichnung von Hanns
Adam Weißenkirchner (die erste aufgefundene Original-
skizze des Künstlers), ein Entwurf zu dem im Prunksaal
des Schlosses Eppenberg bei Graz ausgeführten Decken-
gemälde, ganz besondere Aufmerksamkeit. Bei der
WeißenkirchnerVchen Federzeichnung interessiert die
Feststellung, daß — infolge Zusammenziehung der
z w e i ursprünglich geplanten Felder zu e i n e m
Hauptfeld — die Figurengruppierung im ausgeführten
Deckengemälde, in ungünstiger Weise auseinander-
gezerrt, bei weitem nicht so einheitlich geschlossen zur
Wirkung kommt, wie der anfänglich fiir eine kleinere

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