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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

DOI Heft:
1./2. Septemberheft
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Cartellieri, Otto: Carl Fohr: Ausstellung im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0027

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Otto CaetellietH

1—| eidelberg ist ja seibst eine prächtige Romantik,

* da umschlingt der Frühling Haus und Hof und
alles Gewöhnliche mit Reben und Blumen, und erzählen
Burgen und Wälder ein wunderbares Märchen der Vor-
zeit, als gäb’ es nichts Gemeines auf der Welt“,
schreibt Eichendorff.

Fs ist das Verdienst der Romantiker, als Herolde
von Heidelbergs Herrlichkeit aufgetreten zu sein.
Denn Goethes berühmte Schilderung der idealen Hei-
delberger Landschaft aus dem Jahre 1797, die wohl
manchen Kunst- und Naturfreudigen veranlaßt hätte,
an den Neckar zu ziehen, wurde von ihm nicht ver-
öffentlicht und kam erst nach seinem Tode in den
Druck. Hölderlins unsterbliche Verse verbreiteten
Heidelbergs Ruhm als der Vaterlandsstädte ländlich
schönsten in ganz Deutschland: Heidelberg hatte auch
ihm einen Lichtblick gewährt, als er, von tiefstem
Schmerze zu Boden geworfen, seine Diotima und sich
selbst verloren hatte. Der ßann löste sich angesichts
der Pracht, die sich seinen Augen darbot. Ueber die
finsteren Mächte der Unterwelt siegt Versöhnung spen-
dend Apollon. Die ewige Sonne gießt verjüngendes
Licht über das alternde Riesenbild.

Wenige Jahre später folgten Hölderlin die Dichter,
die sich aufs innigste mit der Neckarstadt verknüpft
haben, ein (Temens Brentano, ein Achim von Arnim.
Die Burg, die da geheimnisvoll hängt „wie ein Ge-
spenst des Mittelalters, aber überwuchert von üppig-
ster Vegetation der frischeren Gegenwart“ rief allen
den Glanz stolzer Tage in Hrinnerung, dann aber auch
die Schrecken der Franzosenzeit. W ras wußte der
sagenreiche Boden nicht alles zu erzählen! Bald reifte
der Plan, die Kleinodien deutscher Kunst und Wissen-
schaft zu bergen und weiteren Kreisen zugänglich zu
machen. Zur Michaelismesse 1805 erschien der erste
Band der Sammlung „Des Knaben Wunderhorn“, dem
bald zwei weitere Teile folgten. In den prächtigen
Weisen und Liedern, Schwänken und Reimen erwachte
das Leben des deutschen Volkes wieder in seiner vollen
Frische und Ursprünglichkeit.

Die Universität, seit kurzem reorganisiert, ver-
spracli einen raschen Aufschwung und zog auch von
weither Dozenten und Studenten an. Friedrich Creuzer,
ein prachtvoller Enthusiast, niclit frei von Mystik, ließ
sich am Neckar nieder. Josef Görres hielt seine selt-
samen Vorlesungen, die des Herrn Dekans Spektabilität
den Stoßseufzer entlockten: „Lehrern der Art seien eine
Pest für die Universität.“ Mit einer Begeisterung son-
dergleichen besang er das Mittelalter und steuerte die
„teutschen Volksbiicher“ bei. Auch in die Kreise der
Studenten drang die Romantik ein, kein Musensohn hat
ihr begeisterter gehuldigt als der Schlesier Josef von

Eichendorff. Gerade arn Neckar fand er sich selbst, er-
blühte seine Dichtkunst.

In romantischer Beleuchtung erstrahlte das Mittel-
alter: was lag näher als auch mit Pinsel und Stift zu
schildern, was mühselig in entsagungsvoller Arbeit ver-
gilbten Pergamenen entlockt worden war?

Carl Fohr, Szene aus dem Zauberring

Wie der Dichtkunst ist es auch der bildenden Kunst
gegangen: sie hat viel von Heidelberg empfangen,
auch sie hat viel gespendet.

Auch Heidelberg hatte darunter zu leiden gehabt,
daß der Uandschaftsmalerei kein Platz neben der figür-
lichen und historischen gegönnt worden war. Wie lange
hat es gedauert, bis ein Künstler ein ebenbürtiges Werk
zu dem Gemälde des Jacques Fouquiers schuf, der so
viel zu erzählen weiß, aber über den vielen kuriosen
Einzelheiten nicht vergißt, den Blick über den sich da-
hinschlängelnden Fluß und die weite Ebene schweifen
zu lassen bis zu den verschwimmenden Pfälzer Bergen!
Die Vedutenmalerei wurde wie anderwärts so auch in
Heidelberg betrieben, aber ihre Erzeugnisse enttäusch-
ten doch sehr die einigermaßen Verwöhnten. Noch im

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