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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2. Augustheft
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Justi, Ludwig: Naturstudie und Bildaufbau in zwei Ansichten des Colosseums von Böcklin
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0531

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Herausgeber: iXdOlptl DOPüfll

/ahrgang 1926

1./2. AugustrDißfi-

Hatuüßudie und BUdaufbau
tn zivei Anßcbten des Cotolfeums oon Böckltn

oon

Ludiotg luftt

|m vorigen Jahre hat Wendland in New-York 31 Oel-
1 studien nach südlichen Landschaften erworben, die
ihm aus Mappen vorgelegt und zunächst als Harpign.ies
ausgegeben wurden; er erkannte darin die Hand Böck-
lins und es kainen dann auch bezeichnete Stücke zum
Vorschein. Es ist jene Sammlung von Landschafts-
Studien, die zu einem erheblichen Teil im Albaner-Ge-
birge entstanden, wohin Böcklin 1851 gereist war, um
sich von einem heftigen Fieber zu erholen; auf der
Rückreise lernte er Fremde kennen, die ihn dann in der
Werkstatt besuchten und den gan'zen dortigen Vorrat
kauften — ein Glücksfall für den jungen Maler, und für
uns, denn so blieben diese kostbaren Zeugnisse seiner
Fntwicklung geschlossen erhalten; sonst gab er der-
gleichen an Kunsthändler, so daß es hoffnungslos ver-
schollen ist. Die englische Aufschrift auf der Rückseite
einer Studie nennt außer Böcklins Namen dasselbe
Jahr 1851.

Inzwischen sind noch fünf weitere Stücke in den
deutschen Kunsthandel gekommen, die nach äußeren
und inneren Kennzeichen unbezweifelbar zu derselben
Reihe gehören. Darunter befindet sich eine Ansicht des
('olosseums (Abbildung 1), und diese steht ersichtlich
in Beziehung zu dem kleinen Gemälde der Hamburger
Kunsthalle (Abbildung 2), das Herr Richter aus Dres-
den, wiederum 1851, von Böcklin in dessen Werkstatt
zu Rom gekauft hat. Die Beziehung der beiden Bild-
chen ist höchst lehrreich für Böcklins Schaffen. Zu-
gleich gibt sie einen Beweis mehr ftir seine Urheber-

schaft an der fest mit einander verflochtenen Studien-
Reihe, die ja jetzt von Heinrich Alfred Schmid bezwei-
felt wird, nachdem er im vorigen Jahr 21 für „eclit“
hielt, zwei für das Baseler Museum gekauft und um die
Zurückstellung weiterer gebeten hatte.

Die Leitung der Hamburger Kunsthalle war so
freundlich, ihr Bild für einige Wochen in die National-
Galerie zu schicken, so daß wir es mit der Studie genau
vergleichen konnten.

Auf den ersten Blick bemerkt man allerhand Unter-
schiede, Verschiebungen der einzelnen Formen gegen
einander. Besonders auffallend, daß in dem Hamburger
Stück das Gebirge in weit größerer Fläche erscheint
und daß die Wasserleitung im Vordergrund, die Aqua
Glaudia, viel kleiner und zugleich bildeinwärts gertickt
ist. Daraus würde man zunächst vielleicht schließen,
daß dem Hamburger Bild eine Zeichnung zugrunde
liege, die von einem beträchtlich höheren und entfernte-
ren Standpunkt aufgenommen wäre. Man könnte also
denken; oben hat Böcklin gesessen und eine Zeich-
nung oder Oelstudie gemacht, die für das Hamburger
Gemälde von 1851 verwendet wurde; weiter vorn,
unten und viel mehr nach links saß der große Unbe-
kannte, etwa Oswald Achenbach, und malte die uns
vorliegende Studie der Wendland-Reihe. Sie kam dann
merkwürdigerweise nach Amerika, in einer Mappe mit
einer großen Zahl genau übereinstimmender Studien,
von denen zwei die echte Bezeiclniung Böcklins tragen,

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