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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2. Juniheft
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Oeser, Willy: Das Mannheimer Schloß: die Bibliothek
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Strübing, Edmund: Die Eröffnung des Schloßmuseums Mannheim: Gemäldegalerie und Kupferstichkabinett
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0455

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liche Ereignis. Symbolhaft hat der Kiinstler ober- und
unterhalb der Gestalt der Göttin den Bildralnnen durch-
brochen und das Bild in das Stuckornament der Um-
rahmung hinein fortgesetzt. Oben verkündet eine ge-
flügelte Gestalt mit Posaunenklang der Menschheit den
Sieg der Wahrheit; unten stürzen die finstern Mächte
der Liige und des Irrwahns in den Abgrund.

Das Bild mußte infolge starker Beschädigungen im
Jalire 1869 renoviert werden, um in seiner Gesamtheit
weiterwirken zu können. Der Maler, der sich dieser an
und für sich verdienstlichen Anfgabe unterzog, war der
Genremaler Theodor Weller, der italienische Szenerien
bevorzugte. So sind für denjenigen, der diese Vorgänge
nicht kennt, recht unerklärliche Züge in das Bild ge-
kommen, das in seiner feinen — im mittleren Teil nocli

lebendigen — Farbenscala vielfach wesentlich durch
Härten verdorben wurde. Abgesehen von diesem not-
wendigen Uebel, das viele Kunstwerke leider betroffen
hat, ist die großzügige Anlage des Bildes in Form und
Farbe und seine geistige Idee erhalten geblieben, die
den Künstlern und Gelehrten jenes Mannheim im 18.
Jahrhundert Antrieb war. Für dieses Wirken legt die
Bibliothek, wie sie noch heute fortwirkt, ein dauerndes
Zeugnis ab. Sie ist eine Fhrenstätte der Dichter und
Denker, ein Museum der Gelehrsamkeit. In den präch-
tigen Einbänden dieser repräsentablen Sammlung liegt
wie in der Feierlichkeit der Aufbewahrung der Bücher
eine Hochaclitung der Werke der geistigen Arbeiter, die
kein Luxus ist, sondern einen tiefen Sinn enthält, vor-
bildlich, aber nicht zu allen Zeiten und überall begriffen.


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Qemätdegaleric und KupferfJicbkabinett

oon

6dmund Stt’übing

l-c egeisterte Lokalpatrioten, die sich in Superlativen
gefallen, nennen das Mannheimer Schloß ,,das
größte deutsche Barockschloß“. In der kunstgeschicht-
lichen Literatur verschwindet der Riesenbau neben den
viel populäreren Schlössern von Würzburg und Bruch-
sal. Man findet außerhalb der wenigen Spezialpublikatio-
nen kaum Hinweise auf die interessante Gesamtanlage
mit ihrem weiträumigen Treppenhaus, mit dem prunk-
vollen Rittersaal, der schönen Kirche und dem Biblio-
theksbau. Das hat zum guten Teil seinen Grund darin,
daß das Schloß, den mannigfachsten Zwecken dienend,
bisher schwer zugänglich war. Vor dem Kriege wurde
der Hauptbau noch zeitweise von der großherzoglichen
Familie bewohnt, während mehr als die Hälfte der übri-
gen Räume durch das Amtsgericht und durch Dienst-
wohnungen eingenommen wurde. Aucli die Revolution
brachte keine Erleichterung für den Besucher. Von der
Zeit der Besetzung durch den Soldatenrat an bis zur
Besetzung durch die Franzosen vor zwei Jahren konnte
man teils überhaupt nicht, teils nur nach Ueberwindung
großer Schwierigkeiten in die Repräsentationsräume
gelangen. Erst mit dem Abzug der Franzosen trat eine
energische Wendung zum Besseren ein. Der Hauptbau
wurde für das Schloßmuseum fre'igegeben, von dessen
Eröffnung kürzlich die Zeitungen berichteten.

Nur ein Flügel des gewaltigen Baues war von jeher
der Oeffentlichkeit leiclit zugänglich. Er enthielt die
herrliche Bibliothek mit ilirem prächtig ausgestatteten
Büchersaal und. die Räume der staatlichen Gemälde-
galerie. Diese Ränme sind außer der Schloßkirche, die
jetzt von der Altkatholischen Gemeinde zum Gottes-
dienst benutzt wird, die einzigen, die seit der Erbauung

des Schlosses stets ihrer Bestimmung gedient haben.

Allerdings ist der Inhalt der Gemäldegalerie nicht mehr
der alte. Die Bilder, die ursprünglich hier aufgehängt
waren, hat der Kurftirst Karl Theodor mit nacli Mün- ^
chen genommen. Sie wurden durch Karl II. P-kfKpP von A ^ a s ^
Zweibrücken ersetzt, als die Sansculottes der Herrlich-
keit auf dem Karlsberg bei Zweibrücken ein Ende mach-
ten. Anschaulich schildert Mannlich die zweimalige
Rettung dieser Bilder vor den Franzosen, einmal vom
Karlsberg nach Mannheim, dann aber von Mannheim
nach München, als auch Mannheim in die Hand der
Franzosen gefallen war (Rokoko und Revolution. Le-
benserinnerungen des Joh. Chr. von Mannlich, Berlin
1913.) Nach dem Abtransport der Zweibrückener
Sammlung blieben die Bildersäle keine vier Jahre lang
verwaist. Dann zog die Sammlung liier ein, die jetzt in
neuem Gewande der Oeffentlichkeit wieder übergeben
worden ist.

Ein sizilianischer Graf, Giuseppe Lucchesi, poli-
tischer Agent, Geschäftemacher und geschickter Unter-
nehmer, verstand es, dem Großherzog Karl Friedrich
von Baden, dem neuen Herrn Mannheims, im Jahre 1803
eine Sanmilung von 256 Gemälden zu verkaufen, die
für das Mannheimer Schloß bestimmt waren. Das ist
der Grundstock der heutigen Sainmlung, die seit diesem
ersten Ankauf nur geringe Vermehrung erfuhr. 21 Bil-
der wurden im Jahre 1810 vom Geheimen Rat Anton
v. Klein dazu erworben zusammen mit einer bedeuten-
den Kupferstichsammlung von über 23 000 Blatt, und im
Laufe des vorigen Jahrhunderts kamen nach und nach
etwa 50 weitere Bilder zu den vorhandenen Beständen,
während andere, namentlich alte deutsche Stiicke an

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