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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2. Januarheft
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Bode, Wilhelm von: Eine neuentdeckte "Venus mit dem Orgelspieler" von Tizian
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Weigelt, Curt H.: Das neue Stadtmuseum in Florenz: Museo Civico-Bardini
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0214

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Nachfolgern, liatte damals eine so originelle und wuch-
tigre koloristische Note, wie sie hier überwältigend zu
uns spricht.

Die Frage, welches von den in der älteren Literatur
nachweisbaren Exemplaren der „Venus mit dem Orgel-
spieler“ dieses Bild sein könne, läßt sich vorläufig nur
hypothetsich beantworten, da seine Herkunft auch für
die letzte Zeit noch nicht bekannt ist. Das einzige
Exemplar, über das die Nachrichten bis auf Tiziaus
Zeit zurückgehen, das aber anderweitig noch nicht

nachzuweisen war, ist die für den Sohn Granvellas, den
Bischof von Arras, gemalte „Venere in sul letto con
Organista“ (Cavalcaselle übersetzt irrtümlich „Musi-
ker“). Der Umsta'nd, daß hier nicht — wie in den bei-
den jetzt irn Prado-Museum befindlichen Exemplaren —
im Orgelspieler jedesmal ein anderer als Besteller des
Bildes sich hat abbilden lassen, sondern Philipp il„
würde gerade für diesen Kirchenfürsten, der in nächster
Beziehung wie zu Kaiser Karl so auch zu seinem Sohne
Philipp, seinem Landesherrn, stand, sehr begreiflich
sein.

Das neue Stadtmufeum tn ptorenE

jvtufeo Ciotco-Bat?dlm

oon

Cut’t fi. IDeigclt

S-h lorenz hat im letzten jahrzehnt zwei neue
* Museen gewonnen, die Fondazione Horne und das
Museo Civico. Das erste ein Vermächtnis des Kunst-
sammlers und Gelehrten Herbert Percy Horne (gest.
1916), das zweite die Stiftung eines Kunsthändlers, der
1922 fünfundachtzigjährig starb, des Stefano Bardini.
Es ist natürlich, daß geistige Richtung und Ziele der
beiden Männer ihren Stiftungen besonderen Charakter
gegeben haben, der auch heute nicht verwischt ist, ob-
wohl die Verwandlung der beiden Sanunlungen in
öffentlichen Museen ihnen den intimen und persönlichen
Reiz nehmen mußte. Horne, der feinsinnige Sammler
und Gelehrte, dem große Mittel nicht zur Verfügung
standen, baute langsam und bedächtig auf. Er erwarb
einen reizenden Palazzo, der, älteren Ursprungs, ver-
mutlich nach Entwürfen des Giulano da San Gallo sei-
nerzeit erneuert wurde. Mit Liebe und Takt hat Horne
dem anmutigen kleinen Gebäude seine einstige Gestalt
wiederzugeben versucht, indem er Verlorenes durch
neuerworbene alte Stücke ersetzte. Das alte Gehäuse
füllte er mit Bildern, Figuren und Hausrat, geleitet von
dem Ziel, ein Interieur des Florentiner Quattrocento so
wieder aufzubauen, wie es etwa Botticelli, dem Horne
vortreffliche und glückliche Studien gewidmet hat, ge-
sehen und erlebt haben mußte. Er trug eine schöne
Kunstbibliothek zusammen, und seine besondere Liebe
galt daneben dem Sammeln von Zeichnungen, wo-
bei seinem sicheren Blick und fundiertem Empfinden
für die Güte der Blätter ein schönes Sammlerglück zur
Hilfe kam. In Malerei und Plastik enthält die Casa
Horne nichts Ueberragendes, wohl aber Dinge von
gutem Rang, und man erkennt an dem von Horne Zu-
sammengebrachteh immer wieder den gelehrten Samm-
ler, dem das antiquarische, das kunstgeschichtliche In-
teresse ein Stiick lieb machte, auch wenn er es selbst
nicht ein Glanzstück liätte nennen können. So hat er
ein Vermächtnis hinterlassen, das die großen Samm-

lungen doch gut ergänzt, und in seinem für die Malerei
bis ins Dugento hinab erweitertem Bereich zahlreiche
wertvolle Bilder für den öffentlichen Besitz festgehalten
hat.

Geht man von der Casa Horne zu dem nahen, jen-
seits des Arno gelegenen Museo Civico, das der König
Anfang Mai feierlich eröffnen kounte, so empfindet man
sogleich den anderen Geist, die andere Wertung, die
der Stifter dem Kunstwerk gegenüber hatte. Er sucht
mit nicht gewöhnlichem Blick für Quaiität das Gute da-
rum, weil es auch das materiell wertvollere ist; er be-
vorzugt nicht eigentlich ein bestimmtes Gebiet, er
spannt das Netz seines Eifers von der Antike bis zum
Barock, iiber Skulptur, Malerei und Kunstgewerbe, er
bietet seinen Kunden Möbel, Waffen und orientalische
Teppiche, Kleinplastik und Musikinstrumente, kurz alles.
Er berührt sympathisch an dem Bilde dieses vielleicht
erfolgreichsten italienischen Kunsthändlers, das uns
Wilhelm von Bode in einem Nachruf (Kunstchronik
XXXIV, 1922, S. 7ff) lebendig gezeichnet hat, daß er
nicht mehr als Händler sein mochte, denn es gibt seinem
Wesen den großen einheitlichen Zug bestimmten Wol-
lens. So nimmt man es fast als selbstverständlich hin,
daß er verfeinerte innere Kultur nicht besaß, und daß
seinem untrüglichen Blick für das wirklich Künstleri-
sche, d. h. für die Qualität, sich wahrer Geschmack
nicht gesellte.

Das Haus, das er mit seinen Schätzen der Stadt
schenkte, ist kein alter Palast, dem sich die Kunstwerke
ja hätten taktvoll einordnen lassen. Bardini errichtete
vielmehr eine Art Ausstellungsgebäude im Stil des 16.
Jahrhunderts nach eigenen Gedanken, das weder im
Grundriß noch in der Abfolge der Innenräume erfreulich
wirkt. Als Fenster 'im ersten Stock dieneu übergroße
Altartabernakel, die der abgebrocheuen Kirche San Lo-
renzo in Pistoia entstammen. Im Inneren baut er alte
Portale der verschiedensten Stile ein, bald als Türöff-
 
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