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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

DOI Heft:
1/2. Januarheft
DOI Artikel:
Weigelt, Curt H.: Das neue Stadtmuseum in Florenz: Museo Civico-Bardini
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0215

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Abb. 1. Florenz. Museo Civico-Bardini.
Blick in den Oberlichtsaal des Erdgeschosses

nung, bald als bloße Objekte, alte Riesenkamine, Refek-
toriumskanzeln, Architekturteile. Er zieht aite kost-
bare Decken ein, scheut sich niclit, einem schönen Re-
naissance-Soffitto die Cassetten auszubrechen und dies
peinliche Gerippe mit Milchgiasscheiben wieder zu
schließen, um einen Oberlichtsaal reichlich zu beleuch-
ten. Er klemmt den mächtigen gotischen Pfeiler, der
ein schönes Kapitäl trägt, unter eine kostbare Renais-
sancekassetendecke und mauert ein riesiges Halb-
becken aus rotem Porphyr in einem verhältnismäßig
kleinen Raum unter ein hocheingeschnittenes Fenster.
Doch kann man allein aus diesem Vermächtnis dem
Stifter nicht vollständig gerecht werden. Man begreift
die Kapazität seines künstlerischen Blickes dann, wenn
man sich der kostbaren Dinge erinnert, die aus seinen
Händen in die großen Museen des Auslandes und auch
Italiens gewandert sind.

Man findet sich nun in dem neuen Museo Bardini in
großen, gut beleuchteten Sälen, die als Museumsräumc
im Ganzen nicht unglücklich sind. Hier ist ein Museum
geworden, in dem jedes Stück bequenr studiert werden
kann, und man empfindet es mit Zustimmung, (weil wir
gegen die museale Erweckung einer toten Zeit skeptisch
geworden sind), daß die Absicht nicht unterstrichen ist,
kulturgeschichtliche Geschlossenheit zu suchen. Docii
gibt es Räume, wie den großen Barocksaal, wo die Zeit-
stimmung, wenn auch gedämpft, ganz von selbst ein

wenig zu sprechen beginnt, ohne mehr als Andeutung
zu sein. Die Neuordnung des Museums wurde von dem
Bildhauer Mario Pelagatti durcligeführt, der als Asses-
sor am Ufficio delle Belle Arti der Stadt Florenz wirkt.

Das Museum bietet also vielerlei, wirkt aber noch
ein wenig zu locker. Doch besteht die Absicht, die
Sammlung Garrand (auch die Sammlungen Ressmann
und Franchetti), aus ihrem Gefängnis im Bargello zu
befreien und sie dem neuen Stadtmuseum einzugliedern.
Diese Absicht ist gut und zugleich pietätvoll, denn Ste-
fan Bardini ist es gewesen, der den französischen Anti-
quar Louis Carrand zu bestimmen wußte, seine groß-
artige Sammlung der Stadt Florenz zu vermachen. Sie
wird in dem guten Licht der Säle des Museo Civico erst
richtig zur Geltung kommen, denn ihre gegenwärtige
Aufstellung ist denkbar unglücklich.

Der Bestand an Kunstwerken des Museo Bardini
ist im Ganzen genommen sehr wertvoll, wenn aucli aus
erklärlichen Gründen besonders hervorragende Stücke
fehlen. Ein Katalog wird vorbereitet, aber man hat
bisher leider auch auf Numerierung und Beschriftung
verzichtet. Die Bearbeitung des Kataloges wird nicht
geringe Mühe machen, da Bardini Provenienznotizen
nicht hinterlassen hat. Alfredo Lensi hat im Dedalo
(IV, 1923/24, S. 48ff.) mit der wissenschaftiichen Be-
stimmung der Kunstwerke begonnen. Hier kann nur
ein knapper Ueberblick gegeben werden.

Abb. 2. Florenz. Museo Civico-Bardini.
Blick in den Oberlichtsaal des Erdgeschosses

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