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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2.Juliheft
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Hofmann, Friedrich Hermann: Die Marken des Höchster Porzellans, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0500

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fviedvict) \\. Hofmann

Jie schöne Ausstellung von Höchster Porzellan, die
im Sommer vorigen Jahres von der Stadt Mainz
im kurfürstlichen Schloß anfaßlich der Jahrtausendfeier
der Rheinlande im Rahmen einer „Ausstellung alter
Kunst“ veranstaltet wurde, gab zum Studium der „Por-
zellankunde“ reichlich Anregung und Material. Die Ge-
schichte der Höchster Produktion war aus der Fülle der
ausgestellten Erzeugnisse einwandfrei abzulesen; eine
Unzahl lehrreicher Beobachtungen, vor allem für die
plastische Produktion, wäre zu besprechen.*)

An dieser Stelle soll jedoch in aller Kiirze nur der
Versuch gemacht werden, mit Hilfe des auf der Ausstel-
lung gebotenen Materials zum erstenmal eine ins Ein-
zelne gehende Untersuchung iiber die Entwicklung der
Höchster Fabrikmarke und ihrer Beizeichen zu geben.
Da ich natiirlich unmöglich bei der mir in Mainz selbst
zur Verftigung stehenden knappen Zeit jedes einzelne
Stiick auf seine Marken hin nachprüfen konnte, bin ich
in erster Linie auf die Angaben der provisorischen Aus-
gabe des Katalogs angewiesen; ich darf dabei voraus-
setzen, daß diese Aufzeichnungen in der Hauptsache rich-
tig sind. Einzelne Druck- und Lesefehler, die sich von
selbst ohne weiteres als solche ergaben, sind im Folgen-
den stillschweigend richtiggestellt. Es wird Aufgabe
des in Vorbereitung befindlichen großen Katalogs sein,
der die wissenschaftliche Auswertung der Mainzer Aus-
stellung bringen soll, über alle Fragen, die hier nur an-
gedeutet werden konnten, Klarheit zu schaffen.

Die Geschichte der Produktion und damit bis zu
einem gewißen Grad auch die Geschichte des Marken-
wesens zerfällt in Höchst in zwei große Gruppen, die
ebenso zeitliche Perioden wie stilistische Komplexe be-
deuten, nämlich die Gruppe der Gegenstände mit bunt-
gemalten Fabrikmarken in Ueberglasurfarben und die-
jenige mit Fabrikmarken in Unterglasurblau.

Die Fabrikmarke der Höchster Manufaktur
ist — wie bei den ineisten anderen Porzellanfabriken
Deutschlands — ein heraldisches Hoheitszeichen, das
Rad des Wappens von Kurmainz. Die Form des Rades
ist ein einfacher Kreis, in der Regel mit sechs Speichen;
es kommt jedoch auch, wenn schon sehr selten, mit vier
und fünf oder mit sieben, ja sogar mit neun Speichen vor
— Willkürlichkeiten, die ohne jede Bedeutung sind.

Die farbige Wiedergabe des Rades ist in der ersten
Gruppe, von der eben die Rede war, verschieden, stets
jedoch in Ueberglasurfarben. Die farbige Marke wurde
also damals in allen Fällen erst nach dem Garbrande
aufgemalt. Es kommt vor: eisenrot (mit besonderer
Vorliebe), purpur, manganviolett, braun, rotbraun,

*) Ich darf bemerken, daß der vorliegende Aufsatz bereits im
Vorjahre unmittelbar nach dem Besuch der Mainzer Ausstellung
niedergeschrieben wurde, daß sich die Drucklegung jedoch leider
bis heute verzögert hat.

schwarz, grün, grau, hellblau und gold. Auch die Wahl
dieser Farben ist belanglos, da der Staffierer, der mit
dem Auftrag der Fabrikmarken betraut war, eben ganz
willkürlich die Farbe nahm, die er gerade im Pinsel
hatte, jedenfalls die letzte Farbe, die er beim
Dekorieren verwendete. Denn es war der Staffie-
rer, nicht der Blaumaler, der damals noch die Fabrik-
marke aufzutragen hatte, aus dem einfachen Grunde,
weil man damals in Höchst mit dem Unterglasurblau
noch nicht umzugehen wußte. Aus diesem Grunde darf
man auch der goldenen Radmarke keine besondere Be-
deutung beilegen, wie es vor allem in Händlerkreisen
oft geschieht.

Als man endlich mit der Behandlung des Kobalt als
Unterglasurfarbe auch in Höchst so weit gekommen war,
daß einwandfreie Resultate erzielt werden konnten,
wurde auch die Fabrikmarke nunmehr mit dieser Farbe,
also bereits vor dem Garbrande, aufgemalt durch eigene
Arbeiter, die sog. „Blaumaler“.

Bei diesen Blaumarken sind jedoch — im Gegen-
satz zu den Buntmarken — zwei verschiedene Formen
zu unterscheiden, die jedenfalls auch einen wesentlichen
Unterschied bedingen: einmal die einfache Radmarke in
der gleichen Form, nur in der Regel aus technischen
Gründen ein wenig größer gehalten als die Buntmarke,
und zweitens die Radmarke mit dem darüber stehenden
Kurhut.

Wir wissen bis jetzt weder, wann es in Höchst ge-
lang über die Unterglasur-Technik einwandfrei zu
verfügen, kennen also auch den Zeitpunkt nicht, an dem
die Blaumarke eingeführt wurde, noch wissen wir,
welche Bewandtnis es mit der Kurhutmarke haben mag.
Festgestellt kann bis jetzt nur werden, daß die Blau-
marke vermutlich bereits um 1760 eingeführt wurde,
nicht erst 1770, wie man häufig lesen kann. Diese Ver-
mutung stützt sich auf folgende Tatsache: Am 1. Juli
1763 trat in die kurbayerische Fabrik Nymphenburg als
Oberdreher Johann Christoph Kilber von Höchst ein,
der sich rühmte, in Nymphenburg „eine blaue Farbe ins
große Feuer eingeführt zu haben“, die bis dahin dort
noch gefehlt hatte. 1) Es darf mit Sicherheit angenommen
werden, daß Kilber diese Wissenschaft von Höchst mit-
gebracht hat, daß man also schon vor 1763 in Höchst mit
Unterglasurblau arbeiten konnte. Genaue stilistische
Untersuchungen in einem umfangreichen Material wer-
den diese Feststellung jedenfalls bestätigen. Wenn bei
Zais 2) Blaumaler schon zum Jahre 1748 erwähnt wer-
den, so darf nach der ganzen Sachlage angenommen

b Vergl. Friedrich H. Hofmann, Qescliichte der bayeri-
schen Porzellanmanufaktur Nymphenburg, Miinchen u. Leipzig 1924,
II. Buch, S. 333, III. Buch, S. 582, 676.

2) Ernst Z a i s , Die kurmainzische Porzellanmanufaktur zu
Höchst, Mainz 1887, S. 138 ff.

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