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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2.Juliheft
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Hofmann, Friedrich Hermann: Die Marken des Höchster Porzellans, [1]
DOI Artikel:
Loewental, Artur Imanuel: Technik und Geschichte der Steinschneidekunst, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0502

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lesen wird, denn in der Regel sind die Zeichen I und z
keine Buchstaben, sondern Ziffern; s'ie stellen dann sog.
Massennummern vor. Damit hat es folgende Bewandt-
nis: bekanntlich waren in den alten liegenden Oefen die
Hitzegrade so verschieden, daß man, sollte der ganze
Ofen beschickt werden, bei den einzelnen Stücken ver-
schiedene Massemischungen verwenden mußte, um
einen einheitlichen Schmelzvorgang zu erzielen. Meist
gab es drei verschiedene Massen, die in der Regel mit
den Nummern 1, 2, 3 oder 0, 1, 2 bezeichnet wurden. So
sind auch in der Höchster Fabrik als Masse-Nummern
die Ziffern 1, 2, 3 festzustellen.

Es gibt endlich noch einige Figuren, die den vollen
Namen des Modelleurs — nicht des ausformenden
Bossieres — tragen, so z. B. die Venus nach Falconets

(Schluß

„Baigneuse“ (Nr. 1157) mit der eingeritzten Bezeich-
nung: „J. P. Melchior F. 1771“. In solchen Fällen han-
delt es sich allem Anschein nach um die ersten, mit be—
sonderer Sorgfalt hergestellten Ausformungen neuer
Modelle, die dem Modellmeister nochmals zur Begutach-
tung vorgelegt wurden. Möglicherweise hat der Modell-
meister solche Ausformungen ausnahmsweise auch
selbst ausgeführt. In der Meißener Manufaktur besteht
heute noch eine ähnliche Uebung: von wlchtigeren Neu-
schöpfungen werden einige Exemplare von dem Urheber
des Modells selbst ausgeformt, als „Urstück“ bezeich-
net und von dem Künstler zum Beweise seiner eigenhän-
digen Mitarbeit mit dem Namen bezeichnet. 4)

4) Vergl. Bericht aus der Staatl. Porzellanmanufaktur Meißen
über das Jahr 1919, Leipzig 1920, S. 17.
folgt.)

Tecbnik und Qeßbicbte der Steinfcbnetdekunß

üon

At’tut’ loeioental

Der „Kunstwanderer“ hat dem Bildhauer Arthur
Loewental in Berlin, der ein Medailleur und Gemmen-
schneider von Rang ist, die Anregung gegeben, einen Auf-
satz iiber die Entwicklung der Technik der Steinschneide-
kunst zu schreiben. Seine Ausführungen, mit denen wir
im folgenden beginnen, dürften nicht nur die Kiinstler
und Kunstfreude, sondern auch die Wissenschaft inter-
essieren. Loewental ist mit seinen Medaillen, die vor
einigen Jahren Geheimrat Menadier, der ehemalige Leiter
des Miinzkabinetts am Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin
gewürdigt hat, in zahlreichen Museen und privaten Samm-
lungen vertreten. Die Miinzkabinette des Kaiser-Fried-
rich-Museums Berlin und des Kunsthistorischen Museums
in Wien enthalten viele von seinen Arbeiten.

I nter der Steinschneidekunst versteht man die
Kunst, harte Steine und besonders die edlen Ge-
steine, die dem Stahl des Meißels widerstehen, zu
Zweck- und Schmuckform, und vor allem zu künstle-
rischen Gebilden zu verarbeiten. Ihre Anfänge gehen
bis in die frühesten Zeiten menschlicher Entwicklung
zurück, ja, man könnte sie mit Fug und Recht als eine
Erfindung der Neolithischen Periode erklären, denn
man kann ihre Werke allüberall, wo der Menschheit
eine geschlossene Kulturentwicklung möglich war,
durch die Jahrtausende hindurch bis über die Anfänge
der historischen Zeit und der Verwendung des Metalls
hinaus feststellen. So in Chaldäa, Aegypten, China,
Mexico und Peru. Am besten aber läßt sich dies in
Aegypten verfolgen. Als vor etwa 30 Jahren M. de
Morgan seine Ausgrabungen zur Erkundung der prä-
historischen Zeit in Aegypten begann, fand er neben
hervorragend gut gearbeiteten Waffen aus Feuerstein
dünne Armreifen aus rötlich-gelbem Hornstein in einem
Stiick gearbeitet, vor allem aber Vasen und sonstige
Gefäße von bewundernswertester künstlerischer Form

und feinster Arbeit aus Diorit und Porphyr geschliffen,
sowie reine Schmuckgegenstände aus geschliffenem
und sorgfältig durchbohrtem Carneol und Jaspis. Alles
Werke, die unstreitig zu den Erzeugnissen der Stein-
schneidekunst gerechnet werden müssen, wenn wir de-
ren Technik näher betrachten. Hier muß auch gleich
eine begriffliche Unklarheit richtiggestellt werden, denn
die bisher überall und allgemein gebrauchte Bezeich-
riung „Steinschneidekunst“ erweckt falsche Vorstel-
lungen. Wie wir aus dem Folgenden ersehen werden,
sollte es richtiger „Steinschleifkunst“ heißen, weil der
Werkvorgang, dem alle derartigen Produkte ihre Ent-
stehung verdanken, effektiv nur auf Schleifwirkung ba-
siert ist und die Härte des Materials die Verwendung
von Schneidewerkzeugen, wie Messer, Meißel und
Stichel ausscliließt.

Schon in der mittleren Steinzeit war der Mensch
auf empirischem Wege dahinter gekommen, daß sich
die Nutzwirkung seiner Werkzeuge und Waffen er-
liöhte wenn er die rohen Schlagkanten durch Reiben
gegen andere liarte Steine immer mehr ausglich und
glättete. Bei diesem Bestreben muß er auch bald her-
ausgefunden haben, daß der dabei abfallende Staub im
Verein mit etwas Feuchtigkeit, vielleicht dem Schweiße
seiner eigenen Hände, die Wirkung erhöhte und den
Vorgang beschleunigte. Der erste Schritt zum Schleifen
der harten Steine war damit gemacht. Von hier bis
zu dem Versuch, ein Loch in einen Stein zu bohren,
war sicher kein weiter Weg. Zuerst wohl auch durch
Stein gegen Stein, dann mit Sand und einem Stück
Holz, und bald erkannt, daß ein Drehen des Holzes
den Sand in der einmal entstandenen Vertiefung
schneller w'irken ließ. Der Anfang der Steinschneide-

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