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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

DOI Heft:
1/2. Maiheft
DOI Artikel:
Neugebauer, Karl Anton: Der Kampf um den Berliner Museumsbau
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0397

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Dee Kampf um den Betdtnee |Mufeumsbau

üon

Kat?l Anton JHcugebauet’

Bis zur Stunde ist in der Frage der Berliner Museums-
bauten keine Aenderung eingetreten. Kultusminister Dr.
Becker hat zwar im Landtag erklärt, daß eitie Ver-
ständigung mit B o d e erzielt worden sei und daß sie
auch mit Wiegand zustandekommen werde, aber Lud-
wig Hoffmaun befindet sich, wie wir wissen, nicht
in Berlin, und so diirfte die Verständigung noch länger auf
sicli warten lassen. Jedenfalls haben Bode und Wiegand
das größte Interesse an einem raschen und sachgemäßen
Abschluß der Verhandlungen. Die Redaktion.

j^arl Scheffler hat soeben in Heft 7 der Zeitschrift
* „Kunst und Künstler“ S. 261 unter dem Fitel „Das
Berliner Museumschaos“ einen Aufsatz erscheinen las-
sen, der unter anderem die von der Leitung der Antiken-
sammlungen seit langen Jahren für die drei großen Ar-
chitektursäle im Messelbau geförderten Pläne bekämpft.
Mit welchen Mitteln das geschieht, wird durch folgende
Feststellungen gekennzeichnet, die zum Teil bereits
der angegriffene Abteilungsdirektor Theodor Wiegand
alsbald im Zentralblatt der Bauverwaltung 1926 Nr. 16
gegeben hat.

Der Aufsatz Schefflers ist begleitet von 12 Abbil-
dungen, von denen 10 die hier berührte Frage angehen.
Teils sind es Ansichten der Säle im jetzigen Zustande,
cler durch die Errichtung von originalgroßen Architek-
turkulissen aus Holz, Gips und Pappe sein Gepräge er-
hält. Diese Kulissen dienen dem Ausprobieren der
Raumwirkung und bedeuten in den Einzelheiten noch
nicht die endgültigen Entschliisse für die Aufstellung.
So sind denn gleich die ersten beiden Bilder veraltet.
Im großen Mittelsaal wird die Gigantomachie von Per-
gamon an den Schmalwänden in gleicher Höhe wie an
dem Wiederau.fbau der Westfront des Zeusaltares her-
umgefiihrt werden, also nicht wesentlich tiefer, wie man
das nach dem Entwurf der Abbildung auf S. 262 an-
nehmen miißte. Die Säulenstellung iiber dem gewal-
tigen Sockelfries wird vor den festen Wänden des
Saales fortfallen. Mit den Worten „es besteht Hoffnung,
daß die gipserne Säulenreihe iiber dem Fries weg-
bleibt“, deutet Scheffler an, daß er gewußt hat, die Ab-
bildung S. 263 sei iiberholt. Sie ist es bereits seit iiber
sieben Wochen, als sich herausstellte, daß der Stufen-
unterbau des Altares versehentlich eine Stufe zu wenig
erhalten habe, daß der Gigantenfries also um 22 cm
höher anzubringen sei. Die Berichtigung ist im Saale
selber durch die Bauverwaltung inzwischen längst er-
folgt, und das Ablaufprofil des Frieses dient nunmehr
ungezwungen den Durchgängen zu den Nachbarsälen
als Tiirsturz, während in dem Bilde S. 263 die Platten
über der I iir bedrohlich herabhängen.

Gewiß sind das Einzelheiten, welche die Haupt-
saclie nicht beriihren, sie kennzeichnen aber bereits

durch die Verwendung unzutreffender Zeugnisse die
Kriegsfiihrung des Angreifers. Schreckt doch dieser
auch nicht vor dem Versuche zuriick, die Leitung der
Abteilung durch eine bedenkliche Rhetorik verächtlich
zu machen. So in den folgenden Siitzen S. 226: , Es
lieißt neuerdings sogar — was aber wohl nicht wahr
sein kann —, daß auch Friesteile der Schaufront des
Altares nicht in Originalen, sondern in „antik getönten“
Gipsabgiissen gegeben werden und die Originale gegeu-
iiber an der Wand gezeigt werden sollen, weil sonst zu
viel Platz für den Fries vorhanden ist. Nur ein Archäo-
logenhirn kann auf solche Ideen verfallen“. Scheffler
gibt also zu, daß er seinen Informationen über die Mög-
lichkeit eines tatsächlich von der Abteilungsleitung nicht
ausgegangenen Planes selber mißtraut; statt dann
aber das Gerede dariiber zu unterdriicken, fügt er
die Verunglimpfung einer ganzen wissenschaftlichen
Disziplin hinzu. Wir Archäologen brauchen uns da-
durch nicht getroffen zu fiihlen, denn der Pfeil eines
solchen Schiitzen wendet sich auf ihn selber zuriick.

Scheffler fährt mit dem Hinweise darauf fort, die
übrigen beiden Säle könnten im Wesentlichen nur
mit Rekonstruktionen gefüllt werden. Wie aber
werden diese aussehen? Wenn Scheffler Modellphoto-
graphien abbildet, die den späteren Zustand veran-
schaulichen sollen, so entsprechen sie wiederum nicht
den Tatsachen. Zunächst hat Wiegand in seiner Ent-
gegnung erklärt, daß er beabsichtige, die Säuletijoche
des Athenatempels aus Priene und des Artemistempels
von Magnesia a. M. als reine Ergänzungen in voller
Höhe aufzuführen und die vorhandenen Werkstücke der
Systeme neben ihnen auf dem Boden aufeinander zu
schichten. Hierdurch werden jene kunstgeschichtlich
so bedeutsamen Bauteile ionischen Stils einmal in ihrer
Gesamtheit, sodann aber auch dem Studium zur Nah-
betrachtung vor Augen gestellt. Wo aber die Modelle
als Vorlagen für ergänzte Wiederaufbauten dienen sol-
len, geben sie keinesfalls die Wirkung wieder, die sie
haben werden. Mit vollem Rechte betont Wiegand, daß
diese Modelle, die auf Andeutung der Schmuckformen
fast ganz verzichten, für die Oeffentlichkeit überhaupt
ohne Wert sind. Sie sind Arbeitsstoff für die Verwal-
tung, und sie bekannt zu geben, könnte, so soll man
meinen, etwa dem Verfahren entsprechen, die Notiz-
zettel eines Gelehrten zu publizieren, ohne das Buch ab-
zuwarten, das er zu derselben Zeit mit ihrer Hilfe zu
schreiben unternimmt. Dieser Vergleich hinkt indessen,
denn überraschenderweise erfährt man durch Wiegand,
daß er mehrere der durch Scheffler wiedergegebenen
Abbildungen nie vorher gesehen hat. Sie sind also ohne
Kontrolle des für seine Abteilung verantwortlichen Di-
rektors hergestellt worden. So sind sie denn auch unzu-
treffend; der Anteil des Erhaltenen ist größer, als in den

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