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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2. Märzheft
DOI Artikel:
Hirschberg, Leopold: Salomon Geßner als Selbst-Illustrator: aus den Sphären der höheren Bibliophilie
DOI Artikel:
Roth, Emmy: Wie der moderne Silberschmied arbeitet
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0316

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stempeln wollte, so verwandte er allen Fleiß und alle
Sorgfalt gerade auf diese kleineren Kunstwerke, in denen
er, seiner sicheren Empfindung nach, sein Bestes zu
geben vermochte. So nenne ich aus der mythologischen
Gruppe den von Nymphen und dem Liebesgott umtanz-
ten Altar der Grazien; den einem Ziegenbock das Tan-
zen beibringenden Faun als Relief eines herrlichen Hen-
kelkrugs; die von einer Amorettenschaar umgaukelte
Herme Theokrits; die vor Venus Bildsäule in ihrem
Tempel knieende Daphne. Wie schön sind die beiden
badenden Mädchen, der korbflechtende Jüngling, die
blumenstreuende Aurora, die aus Meeresschaum stei-
gende, von Wassergöttern bestaunte Liebesgöttin, der
von „tausend Zephiren“ gelenkte, von Tritonen und
Nereiden umschwärmte Nachen des kühnen „ersten
Schiffers“! Und welcher Wechsel, welch immer gleiche
Meisterschaft in den Landschaftsbildern, zu denen sich
„Farben“ hinzuzudenken der Phantasie ein Leichtes ist!
Der Regenbogen über dem Spiegel eines Waldsees, die
von Herbstlaub bedeckte Rieseneiche, die marmorne
Tempelsäule im düstern Hain, die Blumenaue im Wechsel

mit dichten Bäumen — sinnvoll zieren sie das Ende der
Dichtungen und lassen das eben Gelesene sanft nach-
klingen. Zu dem Lieblichsten aller Bibliophilie aber
rechne ich die Schlußvignette der Idylle „Der Wunsch“.
Ich lasse zur Beschreibung seines Landhauses den Dich-
ter selbst sprechen:

Im grünen Schatten wölbender Nußbäume stünde dann
mein einsames Haus, von dessen Fenstern kühle Winde und
Schatten, und sanfte Ruhe unter dem grtinen Qewölbe der
Bäume wohnen; vor dem friedlichen Eingang einen kleinen
Platz eingezäunt, in dem ein ktihler Brunnquell unter dem
Traubengeländer rauschet . . .

Aber Worte können den unsäglichen Reiz des Bildes
nicht wiedergeben. Wer je es sah, gerieth in Entzük-
kung; und mehrfach ist es auf mein Anrathen zu einem
Ex Libris gewandelt worden, von Leuten, die nur wenige
Bücher besitzen und darum Zeit für derartige Spielereien
haben. Sollte mich die Noth der Zeit aus meinem der
Bibliothek wegen größer angelegten Landhaus treiben,
ich tauschte es nur gegen das vpn Salomon Geßner ent-
worfene ein.

Emmy Roth, Schale in Silber. Ausstellung im Qrassi-Museum zu Leipzig

LÜie dev modeme Sttbeüicbnited avbeitet

von

6mmy Rotf)

Der „Kunstwanderer“ hat sich an Emmy Roth, die
kürzlich ihre Arbeiten in Silber bei Qebrüder Bauer in.
Berlin mit großem Erfolg ausgestellt hat und jetzt ihr
Werk auch im Grassi-Museum zu Leipzig anläßlich der
Messe zeigt, mit der Bitte gewendet, ihre Gedanken über
die Wirksamkeit des modernen Silberschmiedes nieder-
zuschreiben.

\\/ ir leben in einer Zeit der Vereinfachung, wir seh-
* ~ nen uns nach all der Unruhe der letzten Jahre
nach Harmonie. Nachdem wir so lange Zeit die einfach-
sten Dinge des Lebens erkaufen mußten, wollen wir jetzt

wieder liebevoll unsere Hausgenossen wählen, bleibende
Zeitdokumente hinterlassen, uns an schönen, harmoni-
schen Dingen laben. Am stärksten hat die Architektur
dies Streben nach ruhevoller Vereinfachung erfaßt, auch
in der Kleidung prägt sicli hier und da das Wollen einer
neuen Zeit aus. Erstaunlich wenig zeigt sich’s beim
Schmuck, der meist weder Ausdruck der Zeit noch der
Persönlichkeit ist. Noch schärfer zeigt sich diese Disso-
nanz beim Silbergerät, bei all den Dingen, die wir als
gute Freunde täglich beniitzen und um uns sehen. Wie
wenig verbindet uns heute mit reichverzierten Barock-

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