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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

DOI issue:
1/2. Märzheft
DOI article:
Roth, Emmy: Wie der moderne Silberschmied arbeitet
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0317

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oder den Rokokogeräten. Wir suchen in allen Dingen
das Tektonische, Zweckmäßige.

In unserem Hausbau erstreben wir die sachliche
Form, schön und praktisch soll alles sein. So muß auch
jedes Gerät durchdacht sein, außer seiner Schmuckform
müssen alle Bedingungen der Gebrauchsfähigkeit erfüllt
sein. Von diesem Gedanken muß man ausgehen, wenn
das Gerät in der Idee entsteht, wenn man es dann aus
dem Silberblech durch Schlagen und Einziehen allmäh-
lich herauswölbt und ansteigen läßt.

Silber ist das gegebene Material für weiche, ge-
buckelte Formen, kein anderes Material kann so weich
dem Hammerschlag nachgeben, Licht und Schatten so
wirken lassen. Viel ist zu bedenken oder vielmehr ein-
fach als selbstverständlich in ein Gefäß hineinzulegen.
Jeder unnütze Schnörkel ist ein Aerger für die täglich
mit diesen Dingen Hantierenden. Die schönste, zier-
lichste Kanne wird uns zum Verdruß, wenn ihr Inhalt
sich nicht organisch ergießt, der Deckel zu schwer für
den Körper, die Standfestigkeit gefährdet ist durch zu
leichten Aufbau. Die Haud muß die Form liebevoll,
schmeichelnd umfassen können, der Griff muß gut iso-
liert, ohne Härte in der Hand ruhen.

Es ist gefährlich, zuviel Spieltrieb zu enfalten bei
Dingen, die zwar das Auge erfreuen, aber auch zweck-
voll sein müssen. Wir freuen uns heute nur noch an
e i n i g e n reifen Stücken des reifen Barocks, der
Empirezeit. Viele andere Hrzeugnisse früherer Epo-
chen sind uns zu dünn im Gefühl, zu überladen und da-
durch oft zu unorganisch.

Gewiß ist es ungemein verführerisch, gerade aus
Metall kühne Formen aufsteigen zu lassen. Aber wir
sollten uns bescheiden dem Zweckmäßigen unterordnen
und diese Künste nur bei reinen Zierstücken anwenden.
Von einer Meißener Gruppe verlangt man ja auch nur
Schönheit.

Dem Geist unserer Zeit kommen wir wohl näher,
wenn wir gut abgewogene, schöne Gebrauchsformen

Emmy Roth, Silberbecher

schaffen, die späteren Generationen als Erbstück ein
Bild unserer nach bewußter Straffheit und Einfachheit
verlangenden Zeit vermitteln.

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