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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2. Märzheft
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Struck, Hermann: Kunstbrief aus Palästina
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Ehl, Heinrich: Die Sammlung Streit in Hamburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0311

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meisten meiner gemalten und radierten Studien, die mir
schon eine Fülle der verschiedensten Typen brachten.
Manch komisches Erlebnis ergibt sich bei diesen Besu-
chen. Ein jüdischer Lastträger aus Yemen weigerte
sich, mir ein zweites Mal zu sitzen, da man ihm gesagt
hatte, das Bild würde zu einem Steckbrief gebraucht!
Allzeit geduldig und freundlich ist nur mein Freund
Abdallah, der arabische Gemüsehändler, der fließend
hebräisch spricht.

Die moderne Architektur in Palästina ist noch sehr
in der Entwicklung begriffen, da die Wünsche der Bau-
herren vielfach im Streite liegen mit dem Stilgefühl der
Architekten. Hier in Haifa am Hang des Carmelberges
steht das große Technikum der Zionisten, wohl das
schönste moderne Monumentalgebäude Palästinas. In
großartiger Einfachheit und in schmuckloser Harmonie
seiner Proportionen wächst es wie ein Teil der Land-

schaft auf einem Plateau des Abhanges empor. Sein Er-
bauer, Alexander Baerwald aus Berlin, wirkt jetzt an
dieser technischen Schule als Lehrer für eine Generation
von Bautechnikern. Das gibt die Hoffnung, daß bald in
immer größerer Zahl Bauwerke geschaffen werden, die
wirklich dem Charakter der orientalischen Landschaft
entsprechen.

In Jerusalem, in der neuen Zionistenstadt T e 1
A v i v und hier in Haifa mühen sich schon eine ganze
Zahl von jungen Künstlern mit großer Begeisterung,
diese Landschaft, und was in ihr kreucht und fleucht, zu
schildern. Doch es gibt so viel ehrwürdiges aus alter
Zeit und neu entstehendes Leben zu schauen, daß unsere
kleine Schar damit nicht fertig wird.

Darum, Ihr Maler, denen die arabische Märchenwelt
im Geiste nahe ist, macht Euch auf nach diesem Lande
und helft seine Schönheit künden!

Hermann Struck

Studienkopf aus Palästina, Radierung

Dtc Sammlung Stceit in Hamburg

oon

ficinricf) Sf)l

\\ / enn sich bei der zahlenmäßig immer stark gewese-
™ * nen Sammlerschaft Hamburgs jemals so etwas
wie eine gemeinsame Linie lokal gebundener Tradition
abgezeichnet hat, so konnte sie sich nur aus den kulturel-
len Gegebenheiten der Stadt herleiten, die einmal ein
Mittelpunkt des niederdeutschen Knlturkreises und zum
anderen mit ihrem gern zitierten zweiten Gesicht meer-
wärts nach Uebersee orientiert ist. Aus der Verbun-
denheit mit der niederdeutschen Umwelt ergab sich wie
in der Stadtbaukunst so auch für die Malerei aus den
historischen Voraussetzungen der natürliche Zustand,
ein peripherischer Punkt aus jenern Kreise zu sein, der
nach Amsterdam als seinem Zentrum tendiert. Die
Sammler folgten dem von den Malern gewiesenen Weg
auf dem die einheimischen Künstler zu Anfang des 19.
Jahrhunderts zu merkwürdigen Vorläufern der Frei-
lichtmalerei wurden. Noch heute ist holländische Male-
rei wie von jeher im Hamburger Privatbesitz gut und

reich vertreten. Neben dieser kulturellen und guten
Teils auch rassemäßig bedingten Verbindung mit den
Holländern ist der Hamburger Kaufmann stets mit der
Londoner City kommerziell und schwägerlich verknüpft
gewesen. Bilder und vor allem Bildnisse englischer
Meister vom Ende des 18. Jahrhunderts sind darum reich-
lich und gut in den Familiensammlungen zu finden. Die
Atmosphäre Hamburgs schließlich, die Luft über seinen
vielen Wassern, die schillernden Töne seines durchaus
nicht poesielosen Meerdunstes, die üppige Farbe seines
satten Grüns, Heide und Wald seiner nächsten Umge-
bung und der Strom mit seinen Frühlicht- und Dämmer-
nebeln sind ganz ausgesprochen rein malerische Werte
und nur mit den Mitteln einer entwickelten Licht- und
Luftmalerei künstlerisch einzufangen. Kein Wunder,
daß die Meister, die solche Kunst besaßen, den reichen
Kaufleuten dieser Stadt als Gegenstand ihres Sammel-
eifers immer lieb und wertvoll waren. In dieser ganz

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