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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2. Juniheft
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Sorgenfrei, Paul: Von der Jahresschau Deutscher Arbeit: Dresden 1926
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Bombe, Walter: Kunst in Frankfurt
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0466

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Liidecke (Loschwitz) hat zwei Kolossalplastiken am Rosenhof ge-
schaffen, stark bewegt, aus springenden Wogen ragen die Figuren
heraus. Prof. Alfred Lörcher von der Stuttgarter Kunstgewerbe-
schule bringt zwei weibliche liegende Figuren zur Ausstellung.
Zwei größere Plastiken des Berliner Bildhauers Felix Kupsch stellen
„Feierabend“ und „Volkslied“ dar, von Prof. Georg Kolbe (Berlin)
ist eine Bronzefigur in moderner Anschauung ausgestellt. Eine
prächtige große Bronzepiastik, ein Hirsch, stammt von dem Weima-
rer Bildhauer Arno Zauche. Von Dresdner Bildhauern, die auf der
Ausstellung vertreten sind, seien noch genannt Gebriider Eberiein,
R. Born, Arthur Lange.

Unter den Kunstwerken aus Porzellan und Steingut ragen die
22 Kändlerschen Tierplastiken aus der Meißner Porzeilan-Manufaktur
hervor, die die breite Allee siidlich vom Grünen Dom einfassen,
beiderseitig als Pendants — eine äußerst wirkungsvolle Kunstalleei
Meißen hat auch noch einige große Prunkvasen ausgestellt. An
einer Stelle begegnet man sechs farbigen Tierplastiken und zwei
Figuren aus der ältesten Volksstedter Porzellanfabrik. Mächtige
Pflanzenkübel und Vasen stammen von der Kieler Kunst-Keramik,
der Großherzogl. Majolika-Manufaktur A.-G. in Karlsruhe und den
Steingutfabriken VeltenVordamm und zeigen bei aller Einfachheii
kiinstlerisches Gepräge. Die Kunsthandlung P. Rusch (Dresden) hat
zwei ricsige, reich dekorierte Prunkvasen in der großen Stilgarten-
halle ausgestellt, außerdem zwei große Vasen in blau-weiß, mit
Pflanzen- und Tierdekoren in Reliefarbeit. Die keramische Kunst
ist so recht geeignet, gewissermaßen gartenkiinstlerisch zu wirken,
zumal sie, sich selbst vielfach der Blumenmotive bedient bei ihren
Dekoren. Man hätte daher wohl gewünscht, daß sie reichlicher,
vielleicht kollektiv auf die Ausstellung vertreten wäre. Vor allem
aber wird die letztere auf die Kiinstler außerordentlich anregend
wirken, die Farbenpracht und der Farbenreichtum mit ihen Mannig-
faltigkeiten inüssen dem Kiinstlerauge eine wahre Lust sein!

Ein paar Worte noch iiber die F r i e d h o f s k u n s t, der ein
ziemlich großer Teil des Ausstellungsparks gewidmet ist. Unter der
Mitarbeit des Reichsausschusses für Friedhof und Denkmal ist hier
ein vorbildlicher Musterfriedhof geschaffen worden, der alle Aner-
kennung verdient. Die Grabanlagen wie der Urnenhain sind mit
ihrem Schmuck im allgemeinen sehr einfach, aber würdevoll gehal-
ten. Betont ist das echte Material in Stein und Bronze. Man konnte
ja leider in den letzten Jahren viel Minderwertiges in der Friedhofs-
kunst sehen, das auch jetzt noch nicht verschwunden ist. Eine
Hebung dieser Kunst tut not, und dazu dürfte diese Ausstellung bei-
tragen. Am Eingang tritt uns der Christus von Prof. Sehnar Wei-
ner (Dresden) entgegen, in Muschelkalk ausgeführt, den man bereits
in der Sommerausstellung der Kiinstlervereinigung 1923 sah. Von
demselben Künstler stammt die recht eindrucksvolle Bronze des
ruhenden Wanderers. Von Prof. Schreitmüller bemerkt man zwei
große Bronzen im Urnengarten, einen Christus mit der Dornenkrone
i:i der Rechten und eine Frauenfigur mit einem äußerst fein heraus-
gearbeiteteen faltenreichen Gewand. Sehr ausdrucksvoll sind die
sitzende Figur des Leipziger Ktinstlers Alfred Thiele und die knie-
eude Figur des Dresdner Bildhauers Paul Berger.

Die T e x t i 1 k u n s t findet in Blumen- und sonstigen pflanz-
lichen Motiven einen sehr dankbaren Stoff zu ihren Mustern. Gar-
dinen, Decken, Kissen sowie Kleider weisen eine unendliche Mannig-
faltigkeit von Blumen- und Pflanzenmustern auf, insbesondere auch
farbig, das ja die große Mode ist, und woher könnten die Entwurfs-
künstler schöner und besser ihre Modelle nehmen als von der
Natur? Kein Wunder, daß aucli die textile Kunst daher anf dieser
Ausstellung, wenn auch in bescheidenem Maße, vertreten ist. In
dem Imowie im Ingolstädter Haus, von der vorigen Jahresschau
her noch bekannt, sieht man, vor allem in letzterem, Gardinen,
Fenster- und Tiirdekorationen aus wertvollem Material und in präch-
tigen Mustern, die der Leistungsfähigkeit der sächsischen Gardinen-
fabriken Hugo Neumann (Dresden) das beste Zeugnis ausstellen.
Kunst und Industrie bieten hier erstklassige Erzeugnisse von Textil-
kunst, vom Einfachsten bis zum Elegantesten, — denn selbst die
kleinsten Fensterchen zeigen äußerst geschmackvolle Vorhänge, wie
auch die reich gemusterten im Salon und Herrenzimmer durchaus
nicht iiberiaden, etwa prunkend, sondern stil- und geschmackvoh
sind. Bayrische Bauernkunst ist in dem Schwalbennest genannten

Holzhaus ausgestellt, und zwar Hausmacherteppiche, Läufer und
Decken, in Handarbeit aus farbigen Abfällen hergestellt, wodurch
diese Erzeugnisse, die trotz dieses Grundmaterials hochwertig,
künstlerisch und geschmackvoll in ihren sehr mannigfaltigen an-
sprechenden Mustern sind, zudem sehr billig sind. Eine wahre
Volkskunst! — Zum Schluß sei noch auf ein neues Verfahren nach
Herm. Diernhofer hingewiesen, das auf farbenphotographischem Ge-
biete Aufsehen erregt und ebenfalls der Kunst wertvolle Dienste
zu leisten verspricht. Dieses Verfahren, das eine völlig leistungs-
fähige Aufnahme auf Papier ermöglicht, wozu Diernhofer einen
Apparat erfunden hat, der 20 000 Variationen für ein gegebenes
Textilmuster in den verschiedensten Farben herzustellen gestattet,
ferner einen photographischen Apparat, der drei verschiedene Auf-
nahmen automatisch in kiirzester Zeit ermöglicht, wird fiir die Textil-
musterung von außerordentlicher Wichtigkeit werden und bedeutet
zugleich einen bemerkensweren Fortschritt in der Lösung des so
schwierigen, bisher immer nur von zweifelhaften Erfolgen beglei-
teten Problems der Farbenphotographie.

Die Dresdner Jahresschau, die sich ihren vier Vorgängerinnen
würdig anreiht, findet allgemein das lebhafteste Interesse, wie der
außerordentlich starke Besuch aufweist.

Paul Sorgenfrei.

Kunff tn pt’ankfut’h

Einem Großmeister, dem alten Elsheimer, widmet das
Staedelsche Institut eine liebevoll zusammengestellte Sonderschau,
in der die etwa 200 Zeichnungen aus eigenem Besitz bedeutsam her-
vortreten. Im Gegensatz zu der äußerst sauberen und peinlich
sorgsamen Durchführung der kleinen Gemälde des Künstlers sind
diese Zeichnungen großzügig und breit in flüchtiger Federzeichnung
durchgeführt. Es ist die umfangreiche Sammlung von Zeichnungen
Elsheimers, die das Frankfurter graphische Kabinett besitzt, und den
weitaus größten Teil dieses Bestandes bildet das sogenannte
Zeichenbuc-h Elsheimers, das vielleicht von einem Schüler
zusammengestellt und aufbewahrt worden ist. Nur ganz wenige
der insgesamt 185 Blätter dieses Zeichenbuches rühren von Schülern
und Nachahmern her, -alles Uebrige zeigt die unverkennbare Hand-
schrift des Meisters. Sittenbildliches und Landschaftliches wirken
hier züsammen, und im Figürlichen macht sich der Einfluß Raffaels
sehr bemerkbar. Man gewinnt einen iiberaus reizvollen Einblick in
die Schaffensweise des Frankfurter Meisters, man sieht, wie er aus
dem größeren Format der Zeichnungen seine Figuren in den klei-
neren Maßstab der Bildtafeln iiberführte, wie er seine Eindriicke
aus dem Gedächtnis niederschrieb, mehr andeutend, als eingehend,
rnehr entwerfend als durchfiihrend. Von äußerster Schärfe der
Beobachtung sind die Szenen aus dem römischen Volksleben und
dle landschaftlichen Skizzen. Die Mannigfaltigkeit der angeschla-
genen Motive läßt den Verlust der meisten Gemälde Elsheimers, von
denen wir nur die hier gezeigten ersten Entwiirfe besitzen, um so
schmerzlicher empfinden. Seine Formenphantasie ist schier uner-
schöpflich, die Andeutungskraft seiner Linie wetteifert geradezu mit
Rembrandt.

Von seinen Originalradierungen wird etwa ein halbes Dutzend
gezeigt, mit großer Vollständigkeit dagegen tritt das Elsheimer ge-
widmete Kupferstichwerk des Reichsritters Hendrik Goudt,
seines Lieblingsschülers, in die Erscheinung, Stiche nach verlore-
nen Bildern Elsheimers und photographische Wiedergaben nach den
Gemälden seiner Hand außerhalb Frankfurts vervollständigen die
von dem Konservator der graphischen Sammlungen Schrey mit
Liebe und Sorgfalt vorbereitete Ausstellung.

Die Cronberger Malerkolonie hat um die Mitte
des 19. Jahrhünderts in ähnlichem Sinne wie die Schule vou Barbizon
die intime Landschaftskunst gepflegt. Wie diese, suchten auch die
Cronberger Maler auf dem Wege über das romantische Naturgefühl
zu einer tieferen und persönlicheren Naturauffassung vorzudringen.
Die sanfte und stille Heiterkeit der Gegend um diesen kleinen,
Frankfurt benachbarten Ort, war der Jungbrunnen für eine Anzahl
Frankfurter Maler, die seit etwa LS60 unter der Führung des Malers
und Radierers Anton Burger sicli hier zusammenfanden. Ihr Werk

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