K a i s e r i n F r i e d r i c h eine K o n f e r e n z statt,
an der Bode nicht teilnahm und in der erstens der Neu-
bau des Renaissance-Museums beschlossen wurde,
zweitens I h n e den Auftrag erhielt, die Pläne zu ent-
werfen. Der projektierte Bau des AntikeiDMuseums
sollte „vorläufig“ ausgesetzt werden, dafür aber sollte
man ein provisorisches Gebäude in Eisen- und Glas-
konstruktion auf der Museumsinsel herstellen, und
ebenso ein solches für die Gipssammlung. Und viel
länger a 1 s e i n J ah r nach d e r Er ö f f nun g
des Kaiser-Friedrich-Museums, die am 18. öktober 1904
erfolgt ist, verfaßte Bode eine Denkschrift über die Er-
weiterungen und Neubauten bei den Museen.
Das sind unwiderlegbare Tatsachen. Wenn Scheff-
ler dann von M e s s e 1 s „nicht reizlosem, in Anbetracht
aller Verhältnisse aber monströsem Plan eines kolossa-
len Monumentalbaues“ spricht und unter anderm memt,
daß die Verbindungsbrücke zwischen Museum
und Museum „nicht ausgeführt werden kann“, so irrt er.
Die Fehler, die Ludwig Hoffmann beging, gibt er übri-
gens auch heute noch zu, aber die Verbindungsbrücke
ist, trotz allem, eine unbedingte Notwendigkeit. Und
daß der Museumskomplex „ohne jeden Zugang ist“, da-
ran trägt wahrhaftig nicht Bode die Schuld, und Bode
ist auch unschuldig an dem bekannten Streit um die
„Stilräume“. Bode hatte und hat das Recht zu seinen
„wütenden Protesten“, denn er ist Autorität genug, um
den Herren Architekten hineinreden zu können. Wer
wäre sonst dazu berufen? Scheffler freilich ist der An-
sicht, daß es das Ministerium ist, und er nennt sogar
dessen jüngsten Plan „diskutierbar“, die i s 1 a m i s c h e
Sammlung mit der Mschattafassade im Südflügel des
Neubaues aufzustellen, indem er hinzufügt, daß „viel-
leiclit einige Räume auch der ägyptischem Abtei-
lung überwiesen werden, die wirklich an Raummangel
leidet, weil sich die Leiter nicht entschließen können,
das künstlerisch Wichtige von dem nur e t h n o -
graphisch I n t e r e s s a n t e n zu trennen.“
Das ist doch ein wenig naiv gedacht. Ist denn das
„ethnographisch Interessante“ in der Kunst- und Kultur-
geschichte A e g y p t e n s überhaupt vom „künstlerisch
Wichtigen“ zu trennen? Würde es irgendjemand ein-
fallen, die Kunst der Tanagrafiguren, die, sagen wir,
„ethnographisch interessant“ ist, aus der Kunst G r i e -
chenlands fortzudenken? Und auch der Gedanke
mutet seltsam an, den da Scheffler mit Beziehung auf
das Asiatische Museum in I) a h 1 e m ausspricht. „Man
rechnete“, schreibt er, „vor dem Kriege illusionistisch
mit einer wachsenden Bevölkerungsziffer von
12 Mi 11 i o n e n für Groß-Berlin und damit, daß Dahlem
dann dem Stadtzentrum naheliegen würde. Das hat
sich wie so vieles andere als eine Utopie erwiesen . . .“
Ich weiß nicht, woher Scheffler die phantastische
12 Millionen-Ziffer bezog. Daß es aber „von vorn-
herein“ n i c h t falsch war, ein Museum nach Dahlem
zu legen, das beweist die rapide Entwicklung, die der
Ort kurz n a c h dem Kriege genommen hat. Bode ist
schon weitausschauuend gewesen, als er v o r
z w a n z i g J a h r e n den Plan ersann, daß V ö 1 k e r -
kundemuseu m in Dahlem unterzubringen, um die
frei werdenden Räume des alten Berliner Gebäudes für
sein Asiatisches Museum vorzubereiten. Doch
die islamische Abteilung mit der Mschattafassade heute
in den Neubau der Museumsinsel schüben zu wollen, ist
ein Unding. Und ich glaube auch nicht, daß irgendein
ernster Kenner der Materie einem solchen Mischprojekt
zustimmen könnte.
Die Kenner freilich scheinen, wenn es sich um die
Neubauten auf der Museumsinsel handelt, heute nicht
mehr gefragt zu werden. Der Generaldirektor der Mu-
seen ist ja da — und Otto von Falke ist schließlich doch
nicht, wie Scheffler meinen mag, das letzte Rad am Wa-
gen — und auch die Abteilungsdirektoren sind da, die
gleichfalls ihr Fach verstehen. Aber Scheffler stellt
fest: „Das Klutusministerium b i e t e t s i c h
a li. In einer Weise, daß über die Fähigkeit und Integri-
tät Zweifel n i c h t e r 1 a u b t sind und daß der be-
queme Einwurf des Biirokratismus nicht e r h o b e n
werden darf. Dieser Wille, endlich Ordnung zu
schaffen, um die allgemach lächerlich, ja schmählich
werdende Angelegenheit so oder so zu been-
d e n , verdient Förderung, nicht Gegnerschaft.
Die Dinge liegen so, daß es gleichgültig ist, w e r
die F ü h r u n g ii b e r n i m m t, wenp sie nur ü b e r -
h a u p t j e m a n d übernimmt.“
„Wenn sie nur überhaupt jemand übernimmt!?“
Derlei verkündet ein Mann wie Karl Scheffler?! Ge-
wiß, das Ministerium ist eine Jnstanz, mit der man immer
zu rechnen hatte. Heute aber Iiegen „die Dinge“ so,
daß man B o d e überhaupt nicht mehr fragt, obgleich
erst vor kurzem — Verzeihung! — gerade an dieser
Stelle im „Kunstwanderer“ auch die größten a u s 1 ä n -
d i s c h e n Kunstgelehrten niedergeschrieben haben,
wie unendlich und unsagbar viel ihm nicht nur Berlin
verdankt und sein Museumswesen, sondern das gesamte
Museumswesen der Welt. Und mag Wilhelm von Bode
auch seine achtzig Jahre hinter sich haben, er hat heute,
gestählt durch das Recht auf den Kampf um seine Mu-
seen, noch immer den schärfsten und sichersten Blick
von allen.
Italienischer
Monog;rammist.
Kupferstich
nach Tizian.
Zur Auktion
des Bildes
„Der Kampf der
Kinder auf der
Brücke“ bei
Rud. Lepke,
Berlin
354
an der Bode nicht teilnahm und in der erstens der Neu-
bau des Renaissance-Museums beschlossen wurde,
zweitens I h n e den Auftrag erhielt, die Pläne zu ent-
werfen. Der projektierte Bau des AntikeiDMuseums
sollte „vorläufig“ ausgesetzt werden, dafür aber sollte
man ein provisorisches Gebäude in Eisen- und Glas-
konstruktion auf der Museumsinsel herstellen, und
ebenso ein solches für die Gipssammlung. Und viel
länger a 1 s e i n J ah r nach d e r Er ö f f nun g
des Kaiser-Friedrich-Museums, die am 18. öktober 1904
erfolgt ist, verfaßte Bode eine Denkschrift über die Er-
weiterungen und Neubauten bei den Museen.
Das sind unwiderlegbare Tatsachen. Wenn Scheff-
ler dann von M e s s e 1 s „nicht reizlosem, in Anbetracht
aller Verhältnisse aber monströsem Plan eines kolossa-
len Monumentalbaues“ spricht und unter anderm memt,
daß die Verbindungsbrücke zwischen Museum
und Museum „nicht ausgeführt werden kann“, so irrt er.
Die Fehler, die Ludwig Hoffmann beging, gibt er übri-
gens auch heute noch zu, aber die Verbindungsbrücke
ist, trotz allem, eine unbedingte Notwendigkeit. Und
daß der Museumskomplex „ohne jeden Zugang ist“, da-
ran trägt wahrhaftig nicht Bode die Schuld, und Bode
ist auch unschuldig an dem bekannten Streit um die
„Stilräume“. Bode hatte und hat das Recht zu seinen
„wütenden Protesten“, denn er ist Autorität genug, um
den Herren Architekten hineinreden zu können. Wer
wäre sonst dazu berufen? Scheffler freilich ist der An-
sicht, daß es das Ministerium ist, und er nennt sogar
dessen jüngsten Plan „diskutierbar“, die i s 1 a m i s c h e
Sammlung mit der Mschattafassade im Südflügel des
Neubaues aufzustellen, indem er hinzufügt, daß „viel-
leiclit einige Räume auch der ägyptischem Abtei-
lung überwiesen werden, die wirklich an Raummangel
leidet, weil sich die Leiter nicht entschließen können,
das künstlerisch Wichtige von dem nur e t h n o -
graphisch I n t e r e s s a n t e n zu trennen.“
Das ist doch ein wenig naiv gedacht. Ist denn das
„ethnographisch Interessante“ in der Kunst- und Kultur-
geschichte A e g y p t e n s überhaupt vom „künstlerisch
Wichtigen“ zu trennen? Würde es irgendjemand ein-
fallen, die Kunst der Tanagrafiguren, die, sagen wir,
„ethnographisch interessant“ ist, aus der Kunst G r i e -
chenlands fortzudenken? Und auch der Gedanke
mutet seltsam an, den da Scheffler mit Beziehung auf
das Asiatische Museum in I) a h 1 e m ausspricht. „Man
rechnete“, schreibt er, „vor dem Kriege illusionistisch
mit einer wachsenden Bevölkerungsziffer von
12 Mi 11 i o n e n für Groß-Berlin und damit, daß Dahlem
dann dem Stadtzentrum naheliegen würde. Das hat
sich wie so vieles andere als eine Utopie erwiesen . . .“
Ich weiß nicht, woher Scheffler die phantastische
12 Millionen-Ziffer bezog. Daß es aber „von vorn-
herein“ n i c h t falsch war, ein Museum nach Dahlem
zu legen, das beweist die rapide Entwicklung, die der
Ort kurz n a c h dem Kriege genommen hat. Bode ist
schon weitausschauuend gewesen, als er v o r
z w a n z i g J a h r e n den Plan ersann, daß V ö 1 k e r -
kundemuseu m in Dahlem unterzubringen, um die
frei werdenden Räume des alten Berliner Gebäudes für
sein Asiatisches Museum vorzubereiten. Doch
die islamische Abteilung mit der Mschattafassade heute
in den Neubau der Museumsinsel schüben zu wollen, ist
ein Unding. Und ich glaube auch nicht, daß irgendein
ernster Kenner der Materie einem solchen Mischprojekt
zustimmen könnte.
Die Kenner freilich scheinen, wenn es sich um die
Neubauten auf der Museumsinsel handelt, heute nicht
mehr gefragt zu werden. Der Generaldirektor der Mu-
seen ist ja da — und Otto von Falke ist schließlich doch
nicht, wie Scheffler meinen mag, das letzte Rad am Wa-
gen — und auch die Abteilungsdirektoren sind da, die
gleichfalls ihr Fach verstehen. Aber Scheffler stellt
fest: „Das Klutusministerium b i e t e t s i c h
a li. In einer Weise, daß über die Fähigkeit und Integri-
tät Zweifel n i c h t e r 1 a u b t sind und daß der be-
queme Einwurf des Biirokratismus nicht e r h o b e n
werden darf. Dieser Wille, endlich Ordnung zu
schaffen, um die allgemach lächerlich, ja schmählich
werdende Angelegenheit so oder so zu been-
d e n , verdient Förderung, nicht Gegnerschaft.
Die Dinge liegen so, daß es gleichgültig ist, w e r
die F ü h r u n g ii b e r n i m m t, wenp sie nur ü b e r -
h a u p t j e m a n d übernimmt.“
„Wenn sie nur überhaupt jemand übernimmt!?“
Derlei verkündet ein Mann wie Karl Scheffler?! Ge-
wiß, das Ministerium ist eine Jnstanz, mit der man immer
zu rechnen hatte. Heute aber Iiegen „die Dinge“ so,
daß man B o d e überhaupt nicht mehr fragt, obgleich
erst vor kurzem — Verzeihung! — gerade an dieser
Stelle im „Kunstwanderer“ auch die größten a u s 1 ä n -
d i s c h e n Kunstgelehrten niedergeschrieben haben,
wie unendlich und unsagbar viel ihm nicht nur Berlin
verdankt und sein Museumswesen, sondern das gesamte
Museumswesen der Welt. Und mag Wilhelm von Bode
auch seine achtzig Jahre hinter sich haben, er hat heute,
gestählt durch das Recht auf den Kampf um seine Mu-
seen, noch immer den schärfsten und sichersten Blick
von allen.
Italienischer
Monog;rammist.
Kupferstich
nach Tizian.
Zur Auktion
des Bildes
„Der Kampf der
Kinder auf der
Brücke“ bei
Rud. Lepke,
Berlin
354