Gründung des Kaiser-Friedrich-Museums im Jahre 1904
mit Feuereifer unter Demmlers Mithilfe erweiterte
Sammlung deutscher Skulpturen des Mittelalters, der
Renaissance und des Barockzeitalters, die für das Deut-
sche Museum bestimmt ist. Die beiden Skulpturensamm-
lungen werden von keiner anderen hinsichtlich der
Qualität übertroffen. Nichts dokumentiert in so hohem
Maße das eminente Qualitätsgefühl Bodes als die lange
Reihe der früher nur gering geschätzten Ton-, Stuck-
und glasierten Robbia-Arbeiten. Hat er doch diese durch
jahrzehntelange Austauscharbeit auf ein Niveau ge-
bracht, wie es nirgendwo sonst erreicht worden ist. Und
Aelbert Ouwater, Auferweckung des Lazarus
gerade auf diesem Gebiete, wo die Werkstattausführun-
gen häufig nur durch kleine Nuancen, z. B. bei Madonnen-
reliefs durch eine kaum merkliche Verschiebung der
Kopf- oder Handhaltung von Mutter und Kind, durch
leichte Abwandlungen in dem Wurf der Falten oder dem
Schnitt von Augen, Nase und Mund unterscheidbar sind,
gehört der schärfste Blick dazu, um die kiinstlerischen
Vorzüge der Exemplare abzuwägen. Es war für den an-
gehenden Kenner einer der größten Genüsse, mit Bode
diese Abteilung zu durchwandern und dabei seine un-
übertrefflich feine Empfindung für die Variationen des
plastischen Ausdrucks in den italienischen Stucchi wahr-
zunehmen. Das Gleiche gilt von den italienischen Bron-
zen und Plaketten. Auch für das italienische Kunst-
handwerk der Renaissance hat Bode einen erstaunlich
sicheren Blick gehabt, wie die schönen italienischen
Möbel des Kaiser-Friedrich-Museums, manche ihm zu
verdankenden Möbel, Holz- und Drechsel-, Bronze- und
Kupferarbeiten im früheren Kunstgewerbemuseum, dem
jetzigen Schloßmuseum, vorzüglich die dortige Samm-
iung von Quattrocentomajoliken, der Frühwerke der
Majolikakunst in Toskana und Orvieto bezeugen, die
größtenteils Geschenke Bodes aus seiner erlesenen Pri-
vatsammlung solcher Arbeiten sind. Die islamische
Kunstabteilung der Museen hat Bode durch eine Schen-
kung seiner orientalischen Teppiche mit Sarre begrün-
det; der bedeutendste altpersische Teppich des Schloß-
museums, der mit dem berühmten großen Teppich des
Kaisers von Oesterreich in eine Werkstatt gehörende
seidene Tierteppich des 16. Jahrh. in der Islamgalerie ist
Bode zu verdanken. Er hat die ostasiatische Kunst-
abteilung mit Kümmel ins Leben gerufen und mit Wulf
die Sammlung byzantinischer und italienischer Skulp-
turen bis znm Trecento ausgebaut. Die Sammlung von
Schmuck und anderen Arbeiten der Völkerwanderung
ist durch ihn mit Götze bereicliert wordeii. Die altorien-
talischen, die antiken und völkerkundlichen Sammlun-
gen, die Abteilung fiir deutsche Volkskunde sind Bode
für Förderung und Anregung, für Unterstützung von Ver-
öffentlichungen, Ausgrabungen und Expeditionen zu
Dank verpflichtet. Wer ihn in Kommissionssitzungen zu
beobachten Gelegenheit hatte, war häufig Zeuge von
Bodes blitzschneller Erfassung der Bedeutung der vor-
gelegten Gegenstände und der Wichtigkeit der zur
Sprache kommenden sonstigen Fragen.
Als ich vor zwanzig Jahren als junger Hilfsarbeiter
Bode zum ersten Mal in der Uhlandstraße aufsuchte und
ihm das Material meiner Erstlingsarbeit über die Früh-
westfälische Malerei unterbreitete, wurde der zaghafte
Vnfänger ermutigt durch den freundlichen Empfang und
durch das unmittelbare Eingehen auf die Sache, durch
das Hineingehen in medias res, indem Bode das lebhaf-
teste Interesse und das feinste Verständnis für diesc Bil-
dergruppe, insbesondere für die Werke des Konrad von
Soest an den Tag legte, deren Bedeutung für die gesamte
niederdeutsche Malerei um 1400 erst neuerdings durch
eine ganze Reihe von Bearbeitungen gebiihrend ins Licht
gesetzt worden ist. Uebrigens hätte er, so erzählte
Bode damals, längere Zeit vorher eine Gruppe nieder-
sächsischer Arbeiten des beginnenden 15. Jahrhunderts
einem der neuentstandenen niederdeutschen Museen —
dem der Stadt Magdeburg — angeboten, aber einen Korb
erhalten zu Gunsten von damals in Mode gewesenen
China- und Japanwaren; was gäbe heute ein nieder-
sächsisches Museum darum, könnte es ein Werk dieser
Blütezeit der niederdeutschen Kunst um 1400 erwerben,
an Stelle von ostasiatischer Exportware!
Inzwischen hat Bode die Gemäldegalerie um einige
bedeutsame Schöpfungen dieser Art bereichern könneil,
zuletzt durch den früher in der Kirche zu Nordhausen
befindlichen Flügelaltar mit mystischen Darstellungen.
Gelegentlich der Bearbeitung der Glasgemälde der
Museen mußte ich wiederum Bodes Weitblick bewun-
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mit Feuereifer unter Demmlers Mithilfe erweiterte
Sammlung deutscher Skulpturen des Mittelalters, der
Renaissance und des Barockzeitalters, die für das Deut-
sche Museum bestimmt ist. Die beiden Skulpturensamm-
lungen werden von keiner anderen hinsichtlich der
Qualität übertroffen. Nichts dokumentiert in so hohem
Maße das eminente Qualitätsgefühl Bodes als die lange
Reihe der früher nur gering geschätzten Ton-, Stuck-
und glasierten Robbia-Arbeiten. Hat er doch diese durch
jahrzehntelange Austauscharbeit auf ein Niveau ge-
bracht, wie es nirgendwo sonst erreicht worden ist. Und
Aelbert Ouwater, Auferweckung des Lazarus
gerade auf diesem Gebiete, wo die Werkstattausführun-
gen häufig nur durch kleine Nuancen, z. B. bei Madonnen-
reliefs durch eine kaum merkliche Verschiebung der
Kopf- oder Handhaltung von Mutter und Kind, durch
leichte Abwandlungen in dem Wurf der Falten oder dem
Schnitt von Augen, Nase und Mund unterscheidbar sind,
gehört der schärfste Blick dazu, um die kiinstlerischen
Vorzüge der Exemplare abzuwägen. Es war für den an-
gehenden Kenner einer der größten Genüsse, mit Bode
diese Abteilung zu durchwandern und dabei seine un-
übertrefflich feine Empfindung für die Variationen des
plastischen Ausdrucks in den italienischen Stucchi wahr-
zunehmen. Das Gleiche gilt von den italienischen Bron-
zen und Plaketten. Auch für das italienische Kunst-
handwerk der Renaissance hat Bode einen erstaunlich
sicheren Blick gehabt, wie die schönen italienischen
Möbel des Kaiser-Friedrich-Museums, manche ihm zu
verdankenden Möbel, Holz- und Drechsel-, Bronze- und
Kupferarbeiten im früheren Kunstgewerbemuseum, dem
jetzigen Schloßmuseum, vorzüglich die dortige Samm-
iung von Quattrocentomajoliken, der Frühwerke der
Majolikakunst in Toskana und Orvieto bezeugen, die
größtenteils Geschenke Bodes aus seiner erlesenen Pri-
vatsammlung solcher Arbeiten sind. Die islamische
Kunstabteilung der Museen hat Bode durch eine Schen-
kung seiner orientalischen Teppiche mit Sarre begrün-
det; der bedeutendste altpersische Teppich des Schloß-
museums, der mit dem berühmten großen Teppich des
Kaisers von Oesterreich in eine Werkstatt gehörende
seidene Tierteppich des 16. Jahrh. in der Islamgalerie ist
Bode zu verdanken. Er hat die ostasiatische Kunst-
abteilung mit Kümmel ins Leben gerufen und mit Wulf
die Sammlung byzantinischer und italienischer Skulp-
turen bis znm Trecento ausgebaut. Die Sammlung von
Schmuck und anderen Arbeiten der Völkerwanderung
ist durch ihn mit Götze bereicliert wordeii. Die altorien-
talischen, die antiken und völkerkundlichen Sammlun-
gen, die Abteilung fiir deutsche Volkskunde sind Bode
für Förderung und Anregung, für Unterstützung von Ver-
öffentlichungen, Ausgrabungen und Expeditionen zu
Dank verpflichtet. Wer ihn in Kommissionssitzungen zu
beobachten Gelegenheit hatte, war häufig Zeuge von
Bodes blitzschneller Erfassung der Bedeutung der vor-
gelegten Gegenstände und der Wichtigkeit der zur
Sprache kommenden sonstigen Fragen.
Als ich vor zwanzig Jahren als junger Hilfsarbeiter
Bode zum ersten Mal in der Uhlandstraße aufsuchte und
ihm das Material meiner Erstlingsarbeit über die Früh-
westfälische Malerei unterbreitete, wurde der zaghafte
Vnfänger ermutigt durch den freundlichen Empfang und
durch das unmittelbare Eingehen auf die Sache, durch
das Hineingehen in medias res, indem Bode das lebhaf-
teste Interesse und das feinste Verständnis für diesc Bil-
dergruppe, insbesondere für die Werke des Konrad von
Soest an den Tag legte, deren Bedeutung für die gesamte
niederdeutsche Malerei um 1400 erst neuerdings durch
eine ganze Reihe von Bearbeitungen gebiihrend ins Licht
gesetzt worden ist. Uebrigens hätte er, so erzählte
Bode damals, längere Zeit vorher eine Gruppe nieder-
sächsischer Arbeiten des beginnenden 15. Jahrhunderts
einem der neuentstandenen niederdeutschen Museen —
dem der Stadt Magdeburg — angeboten, aber einen Korb
erhalten zu Gunsten von damals in Mode gewesenen
China- und Japanwaren; was gäbe heute ein nieder-
sächsisches Museum darum, könnte es ein Werk dieser
Blütezeit der niederdeutschen Kunst um 1400 erwerben,
an Stelle von ostasiatischer Exportware!
Inzwischen hat Bode die Gemäldegalerie um einige
bedeutsame Schöpfungen dieser Art bereichern könneil,
zuletzt durch den früher in der Kirche zu Nordhausen
befindlichen Flügelaltar mit mystischen Darstellungen.
Gelegentlich der Bearbeitung der Glasgemälde der
Museen mußte ich wiederum Bodes Weitblick bewun-
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