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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

DOI Heft:
1./2. Oktoberheft
DOI Artikel:
Singer, Hans Wolfgang: Die Graphik Caspar David Friedrichs: zur Versteigerung bei Hollstein und Puppel in Berlin
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0072

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| lft genug hat man die Romantik gleichgesetzt mit Ge-
genwartsfiiicht. Hamann führt trefflich aus, wie
sich das bei Friedrich sozusagen auf das Rezept der
äußerlichen Bildkomposition erstreckt. Selbst das Greif-
bare der Natur, das tatsächlich Gegenwärtige, wird nach
Möglichkeit dem Auge entrückt. ,,Die Ferne erhält die
Bedeutung, die Bestimmtheit, die Malweise des Nahen,
sie wird aus dem Hintergrund zum Gegenstand.“ Ha-
mann hätte auch ebensogut schreiben können, um die

Sitzendes Mädchen. Holzschnitt

Gegenwart wenigstens einigermaßen unfaßlich, unwirk-
lich zu gestalten, wird sie in den Hintergrund gedrückt:
das sagt dasselbe. Er fährt fort: ,,Der Vordergrund wird
aus der greifbaren Nähe in eine übersehene und undeut-
liche Schattenhaftigkeit entrückt, wird der Ferne dienst-
bar gemacht, und nur ein Sprungbrett dieser, wird wie
ein Souffleurkasten nur ein Hilfsmittel für das Wesent-
liche dahinter. Die Personen auf diesem Vordergrund,
die sonst das letzte, verarbeitetste, stärkst modellierte
Ziel dieser Malerei waren, denen wir in die Augen sahen
und denen wir huldigen sollten, auch sie werden Souff-
leure, auch sie werden herumgedreht mit dem Blick in
das Bild hinein, und alles was sie sind und was sie tun,
ist nur das Erlebnis des Schauens in die Ferne, eines Er-

griffenseins von tausendfachen Gefühlen, in denen die
Sehnsucht als Fernstreben das Heftigste ist.“

Dieses Fernstreben hat man, ebenfalls oft genug, mit
dem Wort Menschenscheu umschrieben.

Selbstbildnis C. D. Friedrichs. Holzschnitt

Merkwürdig ist nun aber doch, daß so ein Meister
wie Friedrich gerade das Jenseits-Menschliche nur durch
das Maß des Menschen selbst veranschaulichen kann und
will. Ich denke dabei nicht nur in erster Linie an die
berühmten, eben beregten, Männer in Rückenansicht, die
vorn in die Bilder gestellt werden, sondern daran, daß
er das Jenseits-Menschliche, — (man könnte auch sagen
das Uebermenschliche, da es ihm dunkel für das Höhere
gilt), — die Landschaft, doch nie um ihrer selbst willen
sucht. Letzten Endes benötigt er sie, die Landschaft,

Liegender Knabe. Holzschnitt.

eben um menschliche Gemütsstimmungen darzulegen,
und er stürzt sich darauf, — weil sie das erheblich leichter
zu bemeisternde Objekt war. Landschaft malen ist leich-
ter als Menschen malen. Wer vor allem von einer so
unbestimmten Gemütsverfassung beherrscht wird, kann
sich bichter mit der deutungsfähigen, im Fluß befind-

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