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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1./2. Novemberheft
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Bode, Wilhelm von: Die Versteigerung der Wiener Kunstsammlungen Camillo Castiglioni, [2]: bei Frederik Muller & Cie. in Amsterdam am 17. - 20. November 1925
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0112

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voran steht die stattliche Wölfin mit ihren beiden Säug-
lingen, wohl das Werk eines Sienesen in der Art des
Veccietta; besitzt doch Siena von diesem einen Wappen-
tier noch verschiedene große Bronzegruppen ähnlichen
Charakters. Dann folgt eine Anzahl tlichtiger Exem-
plare der bekannten freien Nachbildungen nach der Antike
aus der Zeit und Umgebung Riccios: der Dornauszieher,
ein tanzender Knabe (Momus), Herkules mit den Schlan-
gen, der schlafende Amor, ein Apollo, ein paar Bacchus-
und Satyrdarstellungen, mehrere Tiere, worunter der
köstliche Rehbock, bisher das einzig bekannte Exemplar.
Von Riccio selbst nennt der Katalog das ausgezeiclmet
durchziselierte Exemplar eines Ziegenbockes, den Jüng-
ling mit dem Füllhorn, den Knaben mit der Muschel, das
galoppierende Pferd. Dem Pierino da Vinci gibt Dr.
Planiscig die beiden Qruppen mit dem Simson, der den
Philister erschlägt, von denen aber die kleinere, die
init dem Toten unter dem sich krümmenden Philister,
von keinem Geringeren als Michelangelo herrührt;
wenigstens in der Erfindung, wie das Tonmodell im
Museo Buonarroti beweist. Eines der feinsten Stücke,
gleichfalls Unikum, den Herkules mit der Keule, gibt
Planiscig dem Francesco da Sant'Agata. Dem Jacopo
Sansovino steht die große sitzende Madonna nahe. Als
freie Wiederholung des berühmten Neptun beim Graf
Pourtales (zum Glück nicht zerstört in Petersburg, son-
dern jetzt neben dem Merkur wieder in seinem Besitz),
bezeichnet der Katalog ein stattliche nackte Männerfigur,
die er dem Francesco Sangallo gibt.

Besonders reich und gut sind die venezianischen
Meister der Hoch- und Spätrenaissance vertreten. Von
Alessandro Vittoria ein treffliches Exemplar der „Negerin
mit dem Spiegel“ und ein vorzüglicher Türklopfer von
Danese Cattaneo. Von Tiziano Aspetti der große Nep-
tun und Merkur sowie zwei kleinere Evangelisten. Erfreu-
licher noch als diese die köstliche Venus auf der Welle
und die ihm nahe kleinere, stärker bewegte, aus den Wel-
len sich erhebende Venus; letztere bisher unbekannt.
Von Girolomo Campagna der bekannteSalzfaßträger und
zwei verschiedene Apollostatuetten, von Roccatagliata
verschiedene seiner beliebten Putten. Dann von Gian
Bologna verschiedene der berühmtesten Stücke: die
„Sitzende Architektur“, die Madonna, der Herkules,
mehrere Herkulestaten, einer der Vogelsteller. Sei-
nem Schüler Francavilla schreibt Dr. Planiscig zwei
kleine allegorische, sehr fein bewegte Figuren auf feinem
alten Sockel zu; und denselben italienisierten Flarnen gibt
er die stark bewegte, von Gian Bologna abhängige
größere üruppe eines Frauenraubes. Eine schöne, sonst
nicht bekannte Sebastianstatuette gehört der gleichen
Richtung an. Ein früherer Sebastian, ein paar kieine
Büsten eines Bacchus und Antinous und sonst nicht be-
kannte Stücke, die wir hier nicht näher aufführen kön-
nen, verdienen gleichfalls alle Beachtung. — Wahriich,
Herr Castigiioni hat gezeigt, was man unter ungünstigen
Verhältnissen selbst in kurzer Zeit durch Begeisterung
und leidenschaftiiches Sammeln auch heute noch an
guten Bronzen zusamrnenbringen kann!

Barend van Orley, Friptychon. Aus der Sammlung Prcf. Wedewer, Wiesbaden, I. I'eii
Versteigerung bei Math. Lempertz m Köln

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