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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1./2. Novemberheft
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Moderne Bilder auf dem Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0122

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Jahrhunderts bestanden haben, da in den Akten aus die-
sem Zeitraum nicht nur eine Spiegelfabrik von Körbelein
wiederholt erwähnt, sondern auch um 1747 ein J o h a n n
H e i n r. B a 11 h a s a r S a n g zum Hofglasschleifer
ernannt wird. Daß die Fabrik von vornherein eine durch
Herzog C-arl und seine Regierung ins Leben gerufene
und aus fürstlichen Mitteln erhaltene Unternehmung war,
beweist eine Bekanntmachung in den Braunschw. An-
zeigen aus dem Jahre 1749 S. 615. die interessant genug
ist, um wortgetreu hierher gesetzt zu werden. „Dem-
nach“, so heißt es hier, „die bisherige hiesige Fürstl.
Spiegelfabrik zu der Vollkommenheit gediehen, daß nach
der, bey allen Fabriken hegenden, gnädigsten Absicht
Serenissimi, sich Patikuliers angefunden, welche die, auf
Fürstl. Kosten zu Stande gebrachte Einrichtungen auf
sehr leidliche Bedingungen übernommen, und dagegen
von höchstgedachter Serinissimi Durchl. die gnädigste
Concession erhalten, sothane Fabrike auf ihre Rechnung
hinfüro zu betreiben und sowohl allerhand Sorten gute
Spiegel mit geschnittenen Gläsern, wie auch vergulde-
ten und Nußbaumenrahmen, Spiegelschränke, Uhr-
gehäuse und allerhand Sorten Wandleuchter verfertigen
zu lassen, und, wohin sie wollen, zu verkaufen, auch alte
Spiegelwaaren repariren zu lassen: Als wird solches
den Liebhabern solcher Waaren hiemit zur Nachricht
angezeiget, und zugleich versichert, daß man diejenigen,
welche aus gedachter Fabrike dergleichen Waaren zu
erhandeln und zu bestellen belieben, jederzeit mit guter
Arbeit, um einen civilen Preise versehen, auch bei etwa-
nigen Bestellungen prompt bedienen werde.“

Wir erfahren also aus dieser Bekanntmachung ein-
mal, daß diese fürstliche Gründung schon seit einiger
Zeit bestanden und es offenbar auch zu einer gewissen
Blüte gebracht haben muß, und sodarin, daß sie damals
an Privatunternehmer, in denen wir olme Zweifel jenen
Körblein und Sang zu erkennen haben, unter günstigen
Bedingungen und zur Fortführung auf eigene Kosten ab-
getreten war. Endlich lernen wir bei dieser Gelegen-
heit ihre hauptsächlichsten Erzeugnisse kennen, die uns
weiterhin noch näher zu beschäftigen haben werdem
Zuvor aber noch einen Blick auf die ferneren Schick-
sale der Fabrik.

Diese befand sich anfangs auf dem Ackerhofe und
zwar auf einem, ehemals dem Waisenhause gehörigen
Grundstück. In den, im Stadt-Archiv zu Braunschweig
aufbewahrten Akten des Waisenhauses aus dem Anfang
der 50er Jahre ist daher öfters die Rede von der auf dem
Ackcrhofe des Waisenhauses befindlichen Spiegelfabrik.
die jedoch nach derselbcn Quelle bereits 1754 nicht mehr
dort gewesen zu sein scheint. Nicht lange vorher, näm-
lich am 26. Oktober 1753, war auch Tliomas Körblein, der
noch im Mai desselben Jahres nach Ausweis der Kirchen-
bücher als Inhaber bezw. Pächter der Fabrik erscheint,
bald darauf aber aus nicht nälier bekannten Gründen
von der Leitung zurückgetreten war, im Alter von erst
40 Jahren gestorben. Wer alsdann sein Nachfolger ge-
worden, ließ sicli cbensowenig in Erfahrung bringen, wie
es möglich war, festzustellen, weshalb und wohin die
Fabrik um 1754 verlegt wordcn ist. Doch möchte ich

vermuten, daß ihre Verlegung mit der Trennung des
Werkhauses vom Waisenhaus, die sich um 1748 vollzog,
sowie mit der Baufälligkeit der Gebäude, die sclion da-
mals zu Tage trat, 1) vielleicht aber auch mit dcm Rück-
tritt und Tode Körbleins in mehr oder weniger nahen Zu-
sammenhang gestanden haben wird. Welches abcr aucli
die wirkliche Ursache gewesen sein mag, jedenfalls muß

Abb. 1. Spiegelschrank. Arbeit von Sang u. Körblein. 1751/52
Landesmuseum Braunschweig

die Fabrik ihre Verlegung überdauert, und, wenn auch an
andcrer Stelle sowie vermutlich wieder in staatlichem
Besitz, fortbestanden haben. Das ergibt sich mit Sicher-
heit aus verschiedenen, noch erhaltenen Nachrichteu.

So erfahren wir z. B. aus den Polizeiakten des Jah-
res 1762, daß die unter der Leitung des Commissairs
Bütemeister — der vermutlich von der Regierung ange-
stellt war — stehende Fürstl. Spiegelfabrik privilegiert
ist „behuf feiner Spiegelarbeit und sonstiger Fabrikarbeit

*) Vergl. Ribbentrop a. a. O. I S. 34.

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