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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1./2. Novemberheft
DOI Artikel:
Krevb., ...: Die Amsterdamer "Historische Ausstelling 1925" II
DOI Artikel:
Kern, Daniel: Die erste wissenschaftliche Geschichte der malerischen Perspektive
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0132

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schiedener Kunstgatturigen zu ziehen versucht sind. Besonders
fein ist die Aufstellung des alten Doelensilbers aus dem 16. Jahr-
hundert. Die prächtigen Stiicke stehen in einer Vitrine so, daß
man sie gleichzeitig auf den Gruppenbildnissen des Flinck und van
der Helst im Gebrauch sehen kann. Den Höhepunkt nach dieser
Richtung bedeutet jedoch das Goldschmiedezimmer. Die außer-
ordentlichen Gold- und Silberarbeiten, die etwas völlig Eigenes
und sehr Holländisches sind, sind zusammen mit bemerkenswerten
Bildnissen ihrer Hauptmeister Lutma und.Vianen (de Keyzer, Privat-
Besitz und Museum Straßburg; Backer, Kunsthandel; Radierung
von Rembrandt und Lutma d. J.) vereimgt und auf einem ungewöhn-
lich schönen Kalf sieht man eines der herrlichen, in Form und Orna-

Die Raserei. Hendrik de Keyser zugeschr. Rijksmuseum

ment höchst persönlichen Gefäße Lutmas inmitten eines schönen
Stillebens. In zwei für Gemälde ungeeigneten Räumen ist geson-
dert die Plastik aufgestellt, die sich in Holland in den drei Namen
H. de Keyzer, R. Verhulst und A. Quellinus erschöpft. Die wenigen
Werke wären gewiß zwischen den vielen Bildern ganz verloren
gegangen, hätte man sie nicht hier vereinigt. Der bedeutendste
Bildhauer ist de Keyzer, dessen schöner Bozetto zum Delfter Grab
Wilhelms des Schweigers eine einzigartige Leistung bleibt. Die
stilistisch außerordentlich interessante „Raserei“, eine tobsüchtige
Frau als Schmuck eines Irrenhauses in drastischer Naturnähe dar-
getellt, dürfte ihm kaum mit Recht zugeschrieben werden. Das
bedeutende Stück, zu dem sich noch Verwandtes finden lassen
mußte, steht in auffallendem Zusammenhange mit einer ähnlichen
Figur Palma Giovine’s. Viclleicht liegt ein gemeinsames Vorbild
vor. Der untere Teil ist in der Statue, die nur eine Ansicht zuläßt,
gleich, im Oberkörper sind die Armmotive gewechselt, um das
schreckliche Motiv mit noch schrankenloserer Natürlichkeit durchzu-
führen.

Es ist unmöglich, dem Reichtum dieser sehr großen Ausstcllung
in einem kurzen Bericht gerecht zu werden. Wieviel müßte mit-
geteilt werden iiber die ausgestellten Urkunden, die Handschriften,
frühen Drucke (besonders aus der Sammlung Dr. Sterck), Buch-
einbände, Erstausgaben, wissenschaftlichen und politischen Bücher,
die topographischen Radierungen und Handzeichnungen von Rem-
brandt, iiber den Saal der Schiffahrt, über das Fabius Maximus-Bitd
Rembrandts und weiter über die sonst selten zugänglichen alten
Zimmer des städtischen Museums mit ihren schönen Einrichtungen,
iiber die späten Stadtansichten, den Saal mit Amsterdamer Bildern
des 1925 verstorbenen Breitners, iiber die Gläser und anderes Kunst-
gewerbe und iiber die Architektur.

Der Hauptton liegt allerdings auf den auch hier eingehender
besprochenen Dingen und das ist richtig so. Denn das Größte an
Amsterdam ist seine Malerei des 1/. Jahrhunderts. Krevb.

Dte evtfe lütfTenfcbaftlicbc Qefcbtcbte
dev malemfcben Perfpektiüe*

Bisher gab es keine wissenschaftlichen Anforderungen, auch
nur irgendwie genügende „Geschichte“ der Perspektive. Diesei
Mangel mußte besonders von den Kunsthistorikern schmerzlich
empfunden werden, die sich mit dem Studium von älteren Meistern
beschäftigten, in deren Lebenswerk die Perspektive eine wichtige
Rolle gespielt hatte. Ganz abgesehen davon, daß die wenigsten
Kunstforscher iiber die für selbstständige perspektivische Forschun-
gen nötigen Spezialkenntnisse verfügen. So erklärt es sich, daß in
den meisten Biographien älterer Kiinstler das Kapitel über die
Perspektive vernachlässigt wurde oder sachlich unzulänglich aus-
fiel. In der Regel bietet es nicht mehr als eine Zusammenfassung
mit dem bloßen Auge erkennbarer grober perspektivischer Merk-
male und bezieht sich ausschließlich oder doch vorzugsweise auf
die perspektivische Komposition. Die perspektivische Konstruk-
tion ist nach wie vor das Stiefkind der kunstgeschichtlichen Wissen-
schaft geblieben. Und daran trug nicht zum wenigsten das Fehlen
einer brauchbaren Geschichte der perspektivisch-malerischen Kon-
struktion die Schuld.

Eine Anzahl von Gelehrten, vornehmlich Mathematikern und
historisch geschulten Architekten. hat sich im Laufe der letzten
zwanzig Jahre der Erforschung der perspektivischen Konstruktio-
nen, ihrer Abhängigkeiten und Entstehung, mit Eifer angenommen,
zu gleicher Zeit von der Literatur ausgehend, wie von einem rei-
chen künstlerischen Bildmaterial. Auch vereinzelte Kunsthistoriker
haben dem Problem sachgemäße Beachtung und Mühe geschenkt.
So war allmählich ein reicher Stoff zusammengekommen, der nur
der weiteren Verarbeitung harrte. Gesichtet, vermehrt und nach
geschichtlichen Gesichtspunkten geordnet, wurde er vom Deutschen
Museum in München. An einer großen Uebersichtstafel, die durch
kurze Texte erläuterte Zeichnen (zum Teil schematische) und Re-
konstruktionen, in chronologischer Reihenfolge vereinigt, gibt das
Deutsche Museurn den ersten wissenschaftlichen Ueberblick über
die ganze Geschichte der Perspektive von den Uranfängen bis zur

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