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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2. Februarheft
DOI Artikel:
Donath, Adolph: Die Corinth-Gedächtnisausstellungen: Die Zeichnungen in der Berliner Sezession - Die Gemälde in der Nationalgalerie
DOI Artikel:
Sorgenfrei, Paul: Der Finanzminister und die Kunst und Wirtschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0275

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iu der Sonne“ entgegen, gemalt am 21. Juli 1924, dem 66. Geburts-
tag Lovis Corinths. Lorbeerbäume flankieren dieses Frans Halssche
Impressionistengedicht in Blau, Grün und Weiß. Und vom Parkett
rankt sich zu ihm ein lebender Kranz von blutroten Blumen empor.
Links hängt das Selbstbildnis von 1911 mit dem breikrempigen
schwarzen Hut ä la Bismarck, reclits das Selbstporträt vor der
Staffelei von 1919 mit den ersten Alterszügen des Meisters ä la
Rembrandt, und links und rechts an den Rundwänden wechseln,
wie erwähnt, die vielfältigen Selbstbildnisse der Münchener Zeit
bis zu dem letzten „Selbstbildnis mit dem Spiegel“ mit den Por-
träts der Frau Charlotte Corinth.

Aber rund um diese zwei Hauptsäle fiillen sich noch die kleinen
Kabinette und Gänge mit allen den Corinthschen Bildern kleineren
Formats, den Miinchener und Königsberger Ausschnitten bis zu den
Walchenseelandschaften, den Bildnissen von Gerhart Hauptmann,
Alfred Kerr, Maler Gorge, bis zu dem furiosen Grönvold und dem
83jährigen Georg Brandes von 1925, der die Wucht Rembrandtscher
Alterskraft hat, und bis zu den unerschöpflichen, auch aquarellierten
Stilleben. Ueber die große Treppe, an der man Kartons und große
Formate postierte, fiihrt uns dann der Weg in das oberste Stock-

werk, wo heute sämtliche Gänge und Säle den Namen Corinths
tragen: neben dem starken Bildnis des ersten Reichspräsidenten
Friedrich Ebert, sieht man das Porträt von George Mosson, dem
Maler, der am 2. Februar 75 Jahre wurde, den Kopf Triibners, der
ganz „triibnerisch“ gemalt und docli ein echter Corinth ist, die Köpfe
von Halbe, Bulcke, dem Landsmann Corinths, und von Hermann
Struck bis zu dein seines Sohnes Thomas in der schimmernden
Ritterriistung von 1925.

Und immer von neuem packt uns hier das große Malwunder
Lovis Corinth. Bilder, die frtiher in ihrer feuchten Frische derb-
sinnlich, ja „brutal“ schienen, zeigen heute, da die Farben längst
ineinanderwuchsen, die kristallene Klarheit meisterlichen Schliffes.
Die Frau, die dem Kinde entgegenseht, hat im Antlitz den Klang von
Schmerz und Freude, die Mutter, die ihr Kind an die Brust legt,
hat das Unendlichkeitsgefiihl des Muttergliicks. Und irnmer quillt
der Körper aus einem Spitzenbeet von zartem, weißem Dufte auf.
Das ist tiefstes Erleben. Und an solcher Malerei werden sich aucli
die Maler nicht sattsehen können. Denn dieser Lovis Corinth hatte
die große Gabe des Sehens der Gebärde, auch der inneren Gebärde.

A d o 1 p h D o n a t h.

Spanisches Kabinett
mit

Buchsbaumschnitzerei
Mitte 16. Jahrh.

' .1 HHIWIWWf.


Sammlung

Franz H. Meyer-Berlin
Auktion bei
Rudolpb Lepke
Berlin

Dev pinammimdev und dic Kunft und UOttdfcbafh

In seiner Etatrede betonte noch kürzlich Finanzminister Rein-
hold, daß im sächsischen Haushalt trotz aller Sparsamkeit etwas
größere Summen für k ti n s 11 e r i s c h e Z w e c k e angefordert
wtirden, 'wenn er auch auf dem Standpunkt stehe, daß die Ver-
armung des Volkes es nicht erlaube, Millionenbeträge zum Ankauf
von Kunstwerken anzugeben — notabene: beim Sport ist man nicht
so genau mit den Ausgaben, obwohl aucli hier die Verarmung des
Volkes und die gebotene Sparsamkeit mitsprechen! Weiter be-
merkte der Minister, daß es ihm gerade jetzt, wo die Aufnahme-
fähigkeit der öffentlichen Galerien und privaten Kunstfreunde auf
ein Minimum gesunken sei, nötig erscheine, die schwer ringenden
Kiinstler nicht im Stiche zu lassen, sondern nach Kräften dazu bei-
zutragen, ihnen ihr Schaffen weiterhin zu ermöglichen, damit wir,
um ein Goethesches Bild zu gebrauchen, zu unserem Teil dafiir
sorgen, daß das Feuer des Ingeniums — von dessen Existenz man
bisher allerdings recht wenig Notiz nahm, da es von dem Feuer
des Sportgeistes, um im Bilde zu bleiben, tiberleuchtet wurde -
nicht erlischt, sondern glimmend erhalten bleibt, bis es wieder ein-
mal hell und lodernd iiber einem glticklicheren Volke leuchtet. Bis
dahin jcdoch — so müssen wir hinzuftigen — muß für die Kunst
entschieden melir getan werden, als es bisher geschehen ist, und es
darf nicht bloß ein glimmender Span erhalten werden, der nur zu
leicht erlischt! Die Kunst war, älmlich wie die Wissenschaft, in den
letzten Jahren zugunsten des Sports sehr vernachläßigt worden.
Man hatte für Sportzwecke immcr eine offene Hand, während ftir
die Kunst wenig oder nichts iibrig blieb. Es ist aber durchaus nicht

nötig, etwa spartanische Erziehungsprinzipien oder englische
Sportfcxereien nachzuahmen, denn die d e u t s c h e K u 11 u r ruht
auf einer ganz anderen Basis, die den Grundstein legte, auf dem sich
deutsche Kunst und deutsche Wissenschaft aufbauten und sich die
Weltstellung errangen, die sie bis in den Weltkrieg hinein einnah-
men. Auch auf diesen Gebieten ist ein „Aufbau“ unbedingt erfor-
derlich, wozu, wenn private Kräfte nicht zureichen, staatliche
hinzugezogen werden müssen. Auch die Worte, die der Reichs-
kanzler anläßlich der Eröffnung der Corinth-Ausstellung in der
Nationalgalerie sprach, waren sehr schön und es ist nur zu hoffen,
daß man nicht bloß die Botschaft hört, sondern auch den Glauben
daran nicht verliert.

Die verminderte Kaufkraft des Publikums ist fiir Kunst und
Kunstgewerbe zu einer Katastrophe geworden. Das hat, wie der
sächsische Finanzminister noch ausführte, auch die P o r z e 11 a n -
m a n u f a k t u r M e i ß e n erfahren, wobei der Minister die bc-
stehende Wirtschaftskrise mit dcrjenigen nach den Befreiungskrie-
gen verglich. Daß hierin im laufenden Jahre ein wesentlicher Wan-
del eintrete, bezweifelt er. Um die Meißcner Porzellanmanufaktur
iiber die ungünstige Zeit hinwegzuhelfen, fordert die Regierung zur
Verstärkung des Betriebskapitals 750 000 Reichsmark. Man ver-
gleiche nun diese Summe, die einem s t a a 11 i c h e n Betriebe be-
willigt werden soll, mit den Summen, die sonst fiir die notleidende
Kunst bewilligt werden.

P a u 1 Sorgenfrei.

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