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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2. Aprilheft
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Sauerlandt, Max: Miscellen I.
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0352

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auch persischer Liebesromantik“ entstanden denkt, be-
zeichnet das Bett Salomos zunächst als die Kirche:
,,daz bette veri Salomonis, daz ist Ecclesia“, 4) dann
aber, wenige Zeilen weiter, springt die Deutung höchst
merkwürdig um. Nun wird Ecclesia, eben noch das
Bett in dem Salomo ruht, zur „gmähela“, zur Verlobten
des wahren Salomo, das ist Christi und diese neue Deu-
tung wird festgehalten bei der Erklärung jener späteren
Steile des achten Kapitels (Seemüller a. a. 0. S. 60),
„Seine Linke liegt unter meinem Haupte und seine
Rechte herzet mich“, die die unmittelbare Quelle unse-
rer bildlichen Darstellung zu sein scheint.

Es ist die Stimme der Kirche, „vox Ecclesiae,“ die
so spricht: die Linke verleiht ihr als gegenwärtiges
Pfand das Verstehen der heiligen Schriften, die Rechte
aber verheißt das zukiinftige Geschenk ewiger Selig-
keit. 5)

Abb. 1. Romanisches
Klappspiegelchen

Drittes Viertel des
12. Jahrhunderts

Eine über die Entstehungszeit unserer Pilger-
muschel zeitlich hinaufreichende kirchlich-ikonogra-
phische Quelle vermag ich nicht anzugeben. Am
ehesten wäre sie wohl in der Handschriftenillustra-
tion zu suchen. Sie muß weit zurückliegn, da sich, wie
das Sigmaringer Spiegelchen beweist, schon im XII.
Jahrhundert die profane Kunst des Bildmotivs bemäch-
tigen konnte, freilich unter Fortlassung der das „himm-
lische Jerusalem“ andeutenden Ummauerung und mit
Hinzufügung des Harfenspielers.

Ist es zu kühn, in ihm David, König Salomons Har-
fenisten zu vermuten und damit einen weiteren Beweis

4) Williranes deutsche Paraphrase der Hohen Lieder, heraus-
gegeben von Joseph Seemiiller, S. 20 (Ouellen und Forschungen zur
Sprache und Kulturgeschichte dcr german. Völkcr XXVIII. Straß-
burg 1878).

5) Seemiiller a. a. 0. S. fiO.

für die ursprünglich kirchliche Bilderfindung der hier ins
Profane gewendeten Darstellung zu sehen?

2. D r e i E m a i 1 - D o s e n d e c k e 1.

Bernard Rackham in London verdanke ich die
Photographie eines langovalen Email-Dosendeckels mit
der rückseitigen Fabrik- und Malerbezeichnung

AtUjC- J'TOrrm^

c Scriin^

Das durch seine Darstellung und diese Namen doppelt
bemerkenswerte Stück ist aus der Sammlung von Lady

Sigmaringen,
fürstlich-hohenzollern-
sches Museum für
Wissenschaft und Kunst

Charlotte Schreiber, der das Victoria and Albert Mu-
seum seine einzigartige Sammlung englischer Porzel-
lane und Emails verdankt, in den Besitz von deren
Tochter Lady Bessborough übergegangen, die nun auch
schon verstorben ist. Sein gegenwärtiger Aufbewah-
rungsort ließ sich vorläufig nicht ermitteln. (Abb. 3.)

Innerhalb eines schmalen, an die Goldspitzenränder
der Meißener Heroldt-Porzellane erinnernden barocken
Ornamentrahmens ist eine von Haiducken geleitete
sechsspännige Staatskarosse in voller Fahrt dargestellt.
Am Wege rechts ein Obelisk mit der Aufschrift „De
Danzig ä Bar“, am Rand des Bildfeldes links ein barock
antikisierender Rundbau mit der Inschrift „Temple de
la Paix“, an dem der Weg der Karosse scharf vorbei-
führt. Im Mittelgrund magere Bäumchen und der Es-
korte vorangallopierende Reiter, im Hintergrund zwei
turmreiche Stadtsilhouetten: Danzig und Bar.

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