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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

DOI issue:
1/2. Juniheft
DOI article:
Schmidt, Robert: Hanauer Fayencen: zu den Neuerwerbungen des Hanauer Museums
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0449

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Während man im Historischen Musemn zu Frank-
furt a. M. die Erzeugnisse der heimischen Fabrik bereits
gnt studieren kann — trotzdem auch hier die Frank-
furter Fayence in ihrer staunenswert dekorativen
Praclit und Mannigfaltigkeit noch längst nicht genügend
vertreten ist und eine Vervollkommnung der Bestände
dringend geboten scheint —, besaß Hanau bisher kaum
die Anfänge einer Saminlung der in Hanau hergestell-
ten Fayencen. Nun ist es der Stadt bzw. dem Hanauer
Geschichtsverein gelungen, mit einem Schlag das Ver-
säumte nachzuholen und sicli in den Besitz einer nach
mehreren Hunderten zählenden Sammlung zu setzen.

die bis dahin — zum Beispiel in Nürnberg, Kreussen und
Hamburg — entstanden sind, waren Erzeugnisse ein-
zelner Werkstätten, die auf den Namen Fabrik keinen
Anspruch erhebeu können. Die Gründer hatten sich
zuerst an die Stadt Frankfurt gewendet, allein der Rat
trat in allzu lange „Erwägungen“ ein, so daß die Unter-
nehmer ihre Petition kurzerhand nach Hanau weiter-
gaben, wo sie sofort mit offenen Armen aufgenommen
wurden. Erst fünf Jahre später entstand dann auch im
benachbarten Frankfurt eine Manufaktur, die allerdings
ihre ältere Schwester technisch und künstlerisch über-
flügelt hat. Aber auch Hanau hat von Anfang an so

Hanauer Fayencekrüge mit mehrfarbiger Scharffeuermalerei. Um 1685. Hanauer Museum

Es handelt sich dabei um die hervorragende Sammlung
Hanauer Fayencen, die der Frankfurter Kunstsammler
Wilhelm Kratz in jahrzehntelanger Tätigkeit zusam-
mengebracht hat. In diesen Zeiten kommunalen Not-
standes den nicht unbeträchtlichen Kaufpreis zusam-
menzubekommen, war ein Kunststück, das nur der
zähen Energie, dem festen Willen, diese heimatlichen
Kulturwerke unter allen Umständen für die Stadt fesi-
zuhalten, und der geschickten Zusammenarbeit aller be-
teiligten Persönlichkeiten gelingen konnte. Jetzt be-
sitzt Hanau eine Sammlung seiner alten Fayence-Er-
zeugnisse, die an Zahl und auch an Qualität einzig da-
steht. Wenn auch einige ganz besonders hervorra-
gende Stücke noch fehlen und damit dem Sammeleifer
der Stadt auch in Zukunft noch schöne Aufgaben be-
vorstehen, so kann doch schon jetzt niemand, der sich
aus Beruf oder Neigung mit dem Problem der deutschen
Fayence beschäftigt, an Hanau und seinem Museum vor-
übergehen.

Die von Holländern im Jalire 1661 gegründete Ma-
nufaktur war die erste wirkliche Fayence f a b r i k in
Deutschland; alle zinnglasierten deutschen Töpfereien,

ausgezeichnete Leistungen hervorgebracht, daß es in
vielen Fällen auch heute noch nicht möglich ist, absolut
genaue Grenzlinien zwischen den Produkten der beiden
Fabriken zu ziehen. Erklärlicherweise wird eine solche
Trennung durch das starke Hin- und Herwandern der
Werkleute, besonders der Dreher und Maler, wie auch
durch die zeitlich bedingte stilistische Gemeinsamkeit
in formaler und dekorativer Hinsicht erschwert. Die
holländischen Vorbilder spielten dabei natürlich eine
große Rolle und so ist es klar, daß das dort wieder ton-
angebende Vorbild des chinesischen Blauporzellans
auch hier rasch zur Herrschaft gelangte. Während
aber Frankfurt dem dekorativen Reiz des chinesischen
Mingporzellans fast ganz erlag, hat Hanau daneben ge-
rade in seiner Frühzeit auch das modern-europäische
Genre mit Vorliebe gepflegt, wie wir an verschiedenen
erlialtenen Tintenzeugen, großen Platten, Krügen usw.
feststellen können, auf denen europäische Figurenbilder,
Wappen und Blumen auftreten. Die ostasiatischen Ma-
lereien Hanaus bieten ein Schulbeispiel für die allmäh-
liche Abwandlung derartiger exotischer Mötive in Eu-
ropa. Zuerst möglichst getreue Kopien, dann für die

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