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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2. Juniheft
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Schneider, Max: Wege und Ziele der neuen Porzellankunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0458

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Bei dem Bemühen, irn Porzellan eine unserem heu-
tigen Formfühlen naheliegende Stilkunst zu erreichen,
gilt es, die barocke Porzellanform weiterzubilden und
den Naturalismus zu iiberwinden. Der naturalistischen
Porzellangestaltung miissen Sondergebiete zugewiesen
werden, bei welchen dem Naturalismus eine Daseins-
berechtigung zuerkannt werden kann. So sind die von
Philipp Kittler sportgerecht modellierten Sportplastiken
nicht als künstlerische Ausdrucksprobleme, sondern ledig-
lich als anatomische Aufgaben und Bewegungsstudien
zu werten. Die Edmund Otto’schen Rassehund-Plasti-

Bei neuzeitlicher Ausdruckskunst aber kommt es auf
eine bisher im Porzellan nicht allgemein iibliche Präzi-
sion der Arbeit an. Die Oberflächenbehandlung erfor-
dert höchsten Genauigkeitsgrad, denn es miissen die
Verhältnisse bis ins Kleinste präzis wiedergegeben wer-
den. Daher wird der Porzellantechniker vor neue
größere Aufgaben gestellt. Die Abstützung der Plastik
im Brande, die Einstellung in die Schwerlinie, die An-
ordnung des Stiickes innerhalb der Scharffeuerzone, die
Feuerfiihrung selbst, die Anwendung von Meßgeräten
und Wasserwaage, die Ausfiihrung der Probebrände

Edmund Otto
Hiihnerhund

Ausstellung der
Porzellanmanufaktur
Rosenthal

ken sind geschaffen, um dem kynologischen Spezial-
kenner eine naturgetreue Wiedergabe des lebenden Vor-
bildes im Gebäude, in der Gliederung, in Haltung und
Bewegung vorzuführen. Das sind Gestaltungsprobleme,
deren Lösung dem Naturalismus überlassen bleibt.

Besonders wichtig bei der Wiederholung moderner
Ausdrucksplastiken ist die Schwierigkeit der Herstel-

u. a. sind die Stationen, die der Porzellanhersteller
glücklich passieren muß, um dem modelischaffenden
Künstler endlich das bieten zu können, was er an genauer
Wiederholungsarbeit erwartet. Ernste Porzellankunst
erfordert höchste Qualitätsarbeit in der Ausführung.
Dabei bedarf es der verständnisvollen und gutwilligen
Mitwirkung aller an dem Gestehungsprozeß Beteiligten.

Cierhard Schliepstein
Flüchtige Rehe

Ausstellung der
Porzellanmanufaktiir
Rosenthal

lung. Modelle altmeisterlichen Stils mit kleinlich durch-
geführten (diedern urid Gewändern getreu wiederzuge-
ben, erfordert viel weniger porzellantechnisches Ge-
schick als die Ausformung und das Brennen einer moder-
nen Porzellanplastik. Je puppenhafter eine Porzellan-
plastik modelliert ist, um so leichter läßt sie sich im
Porzellan wiedergeben. Daher ist auch das Puppen-
hafte eine traditionelle Schwäche der Porzellankunst.

Schließlich muß jeder Arbeiter von dem Bewußtsein
durchdrungen sein, daß er ein Stiick ernsthafter Kunst
mitzuverwalten hat.

Auch für die Porzellanschmückung müssen ueue
Wege gesucht werden, ausgehend von der Auffassung,
daß die Porzellanmalerei eine dienende Kunst ist, die
sich nicht der Plastik bemächtigen darf und nicht darauf

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