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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2. Augustheft
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Darmstaedter, Ludwig: Friedrich Ludwig von Sckell: der Schöpfer der deutschen Gartenkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0536

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Statuen nahni derart überhand, daß die Gärten einen
theatralischen Charakter gewannen. Die Zeit war reif
für die Freunde der Natur und der Prophet dieser Zeit
war William Kent, der große Schöpfer des englischen
Landschaftsstils. William Kent ist 1685 in Yorkshire
geboren. Vom Lehrling bei einem Wagenmaler hat er
sich zum Portrait- und Historienmaler emporgearbeitet.
1710 ging er zum Studium nach Italien. Die Bekannt-
schaft des Lord Burlington, die er dort maclite, ent-
schied über seine Zukunft. Lord Burlington erkannte,
Kent’s Befähigung für die Gartenkunst und nahm ihn
mit nach Chiswick, um seine Gärten von ihm anlegen zu
lassen. Was er damit für Kent und für die Gartenkunst
tat, geht aus Horace Walpole’s Mitteilungen hervor,
nach denen Kent ein mehr als mittelmäßiger Maler und
ein unbedeutender Bildhauer war, während seine Be-
fähigung für das Gartenfach vollendet und gen'ial ge-
nannt werden mußte. Lord Burlington behielt Kent bis
zu dessen Tode am 12. April 1748 in Chiswick und war
ihm stets ein treuer Freund. Stowe, Esher und Clare-
mont sind seine besten Werke. Die großen Prinzipien
nach denen er arbeitete waren Perspektive, Licht und
Schatten. Seine Gartenanlagen schlossen sicli eng an
die Natur an, er verstand es, die Unregelmäßigkeiten
des Terrains auszunutzen und vermied die in der fran-
zösischen Kunst üblichen geraden Linien und geome-
trischen Formen. Eine ganz besondere Meisterschaft
hatte er in den Wasseranlagen, in denen er die Seele des
Gartens erblickte. Die geraden Kanäle, die runden
Bassins, die über marmorne Stufen herabfallende Kas-
kaden der späteren französischen Zeit machten leben-
digen Bächen und Strömen Platz, die wie in der Natur
sich in Krümmungen fortbewegten und deren Ufer hier
und da mit wenigen Bäumen angepflanzt oder mit schö-
nen Sträuchern überhangen waren. Das Werk von
Kent wurde von Humphrey Repton fortgesetzt, durch
den die englische Gartenkunst ihre höchste Entwicklung
erreichte. Am 2. Mai 1752 in Bury St. Edmunds ge-
boren starb er am 24. März 1818 in Aylsham. Er war
der erste, der sich offiziell Landschaftsgärtner nannte
und er trat auch schriftstellerisch für die Theorie und
Praxis der Gartenkunst ein. Nur langsam sickerte diese
in England so erhebliche Tätigkeit nach Deutschland
über; einige Parks nach englischem Muster wurden
von 1750 bis 1765 in Hameln, in Hannover und in Helm-
stedt angelegt, die regelrechte Einführung der Garten-
kunst ist aber erst Friedrich Ludwig von Sckell zu
danken, der sich ganz besonders dafür eignete, da er
einer alten Gärtnerfamilie entstammte und seine Ju-
gend mit Vorteil benutzt hatte, sich für dieses Feld der
Tätigkeit auszubilden.

Friedrich Ludwig von Sckell ist am 13. September
1750 in Weilburg an der Lahn geboren und siedelte
schon früh mit dem Vater, der in kurpfälzische Dienste
übertrat, nach Schwetzingen über. In der Schule trieb
er namentlich Mathematik, Baukunst, Landschafts-
malerei und Sprachen. Das zeigt uns, daß der Vater
darauf bedaclit war, den Sohn speziell für sein Fach zu
erziehen. Und nocli melir zeigte es sich darin, daß Lud-

wig, der seit 1770 2 Jahre als Lehrling in dem Schloß-
garten von Bruchsal gearbeitet hatte, auf Veranlassung
des Vaters nach Paris reiste um dort die Gartenkunst zu
studieren. Daß ihm die Meisterwerke von Le Nötre
mächtig imponierten, bedarf keines Wortes, am meisten
Trianon, dessen Eindruck ihn lange fesselte. Er trieb in
Frankreich Botanik, er zeichnete, er machte Pläne und
schickte sie dem Vater. Der Kurfürst Karl Theodor,
dem Vater Sckell diese Skizzen vorlegte, war so ent-
zückt davon, daß er Ludwig die Kosten für eine eng-
lische Reise bewilligte, die 1773 angetreten wurde.
War Sckell in Frankreich von dem Erhabenen und Ma-
jestätischen der Gartenformen hingerissen worden, so
trat das jetzt alles in den Hintergrund. Aus vollem Her-
zen schloß er sich dem Natüriichen in der englischen
Gartenkunst an; Kent wurde sein Ideal und neben
Blenheim, Stowe und Claremont sank die Symmetrie

Norford
Englischer Stil

und Erhabenheit der französischen Gärten in die Ver-
gessenheit. Auf der Rückreise von England konnte
Sckell dank der Giite seines Kurfürsten noch in Holland
verweilen und auch liier sah er, daß die Zukunft der
englischen Kunst geliöre. Beglückt gings nach Hause
und noch beglückter war er, als ihn der Kurfürst 1777
mit dem Auftrag betraute, den Schwetzinger Garten
nach den neuen Ideen umzugestalten. Aus der steifen
Ungemütlichkeit wurde ein natürlicher, schöner Garten,
bei dem Messer und Scliere in den Ruhestand versetzt
worden waren. Sckell war der Held des Tages und die
Aufträge regneten von allen Seiten. Schönbusch und
Schönthal bei Aschaffenburg, Mainz, Dürkheim, Rohr-
bach, Oranienstein, Amorbach, der Militärgarien in
Mannheim erhielten den allgemeinen Beifall. AIs Karl
J'heodor 1789 nach Bayern übersiedelte, erging der Ruf
an Sckell, in München einen englischen Garten anzu-
iegen, den er aber erst von 1804 ab fertigstellen konnte,
da er in der Zwischenzeit vom Markgrafen von Baden
mit der Anlage öffentlicher Promenaden und Gärten in
Mannheim betraut worden war. 1806 gestaltete Sckell
auch den verschnörkelten und verkünstelten Park von

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