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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2. Augustheft
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Loewental, Artur Imanuel: Technik und Geschichte der Steinschneidekunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0544

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Grabplatte eines antiken Steinschneiders, gefunden bei Philadelphia
(Aegypten) —- Bohrwelle (wahrscheinlich doppelt gelagert) mit
Fiedelbogen-Antrieb

portiert und bekannt, werden nicht übernommen, son-
dern hier werden völlig neue Formen für die Glyptik
kreeiert, nämlich die kreisrunde, linsenförmige und die
länglich-flach-ovale Schieberform. Beide Hauptformen
erscheinen stets durchbohrt, um als Schmuck auf Gold-
draht oder Schnüre aufgereiht werden zu können.

So großartig und interessant auclt die mykenischen
Kunstschöpfungen auf dem Gebiete der Glyptik sind, so
ist doch hier kein Raum, uns detaillierter mit ihnen zu
beschäftigen, und wir wenden uns lieber der nächsten
Periode, der griechischen, zu, in der die Glyptik ihre
reichste und höchste Blüte erreichen sollte. Man kann,
wiewohl ursprünglich von einer nicht-griechischen Be-
völkerung geschaffen, die mykenische Kultur als eine
Art Vorstufe der griechischen betrachten. Aber nach
dem plötzlichen Zerfall der mykenischen Kultur tritt
zunächst neben dem allgemeinen Kunst- und Kultur-
verfall ein tiefer Rückgang in der Glyptik ein. In der
langen wirren Zeit, die zwischen dem plötzlichen Un-
tergang der mykenischen Kultur und der archäisch-
griechischen Periode liegt, hat man verlernt, die har-
ten, schönfarbig-durchsichtigen Steine zu bearbeiten
und ist wieder zu den weichen Abarten zum Steatit und
Serpentin, zurückgekehrt, die man mit Stichel und Boh-
rer, wie in der Urzeit, bearbeiten konnte. Die schwel-

Chinesischer Fiedelbogen

Drillbohrer zum Yadebohren und Schleifen, noch heute in Gebrauch
a) hölzerner Handgriff, b) Bohrwelle mit herumgelegter Trieb-
schnur, c) eiserner Bohrkopf, d) Fiedelbogen zum Antrieb

lenden, bewegt-lebendigen Formen, verschwinden, ein
neuer Stil, der geometrische, bricht an, so genannt, wei!
starre, regelmäßig-geometrische Gebilde, Striche, Drei-
ecke, Quadrate und Kreise als Ziermoment verwendet
werden und allmählich tauchen auch geometrisch stili-
sierte Menschen und Tiergestalten auf. Auch die Form
der Steine verändert sich. Spitzkegel und Halbkugel
— wahrscheinlich von Syrien übernommen, und das
aus dem Kugelsegment entwickelte Skarabäoid treten
auf. Im Osten und Süden kamen die sich immer mehr
vorschiebenden griechischen Stämme in dauernde Be-
rührung mit dem Orient und dessen Stilformen. Der
geometrische Stil der griechischen Urzeit muß weichen,
und langsam entwickelt sich aus der Verschmelzung der
Gegensätze die reine griechische Glyptik.

Die Sitte des Siegelgebrauches verbreitete sich im
VII,—VI. vorchristlichen Jahrhundert allgemein in
Griechenland zugleich mit der Erfindung des Geldes.

a) hölzerner Lagerbock mit mehrfachen Lagerlöchern, b) zweiter
verstellbarer Lagerbock, c) dreifach herumgelegter Antriebsriemen,
d) Schleifscheibe aus Metall, e) Spindel oder Welle aus Bambus

Münz- und Stempelgrav'ierung, sowie Glyptik sind eng
verwandt, und eine Technik fördert die andere. Sicher
waren auch die Meister, die die herrlichen Münzbilder
griechischer Münzen schnitten, ebenso als Glyptiker in
Stein tätig, so wie wir dies bei den Künstlern der Re-
naissance in Italien und später in Frankreich sehen.
Auch sonst können wir mit Sicherheit annehmen, daß
hervorragende Meister in der Antike sicb auf verschle-
denen verwandten Gebieten betätigt haben, gerade so,
wie der Goldschmied des Mittelalters und der Renais-
sance sich als Bildhauer, Zeichner, Stecher, Graveur
und Medailleur betätigte, siehe Benvenuto. So ent-
spricht es sicher den Tatsachen, daß Theodoros von
Samos, der Erzbildner, n'icht' nur die kunstvolle Fas-
sung, sondern auch die Gravierung des Smaragdes, an
dem berühmten Siegelring des Polykrates geschaffen
hat. Die Hauptformen, die die Giyptik jetzt bevorzugt,
sind der aus Aegypten übernommene Skarabäus und
das Skarabäoid. Die Darstellung wird als richtiges

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