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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

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1/2. Augustheft
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Loewental, Artur Imanuel: Technik und Geschichte der Steinschneidekunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0545

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Siegelbild auf der flachen Seite eingeschnitten, fast alle
Steine sind durchbohrt und werden an einem metalle-
nen Bügel beweglieli getragen. Die Form des fest ge-
faßten Rlngsteines tritt erst relativ spät auf. Nun be-
ginnt die bereits künstlerisch und technisch hochent-
wickelte griech. Glyptik sich weit über die Grenzen
ihrer engeren Fieimat zu verbreiten und griechische
Steinschneider-Arbeiten werden vom Handel nach allen
Weltrichtungen förmlich exportiert, ja griechische
Glyptiker ziehen selber in die Freinde, um Geld und
Ehren zu erwerben. Das reiche Sizilien, schon früh
von griechischen Auswanderern besiedelt, b'ietet ihnen,
ebenso wie die unteritalienischen Pflanzstädte, ein wei-
tes Betätigungsfeld; bis nach Etrurien und an die dal-
matinische Küste, nach Naukratis in Aegypten wandern
sie und verbreiten sie ihre so hochgeschätzte Kunst.
Jonische Griechen arbeiten am Hofe der Perserkönige
und für die Großen des neuen Weltreiches, kurz, die
griechische Glyptik erobert die Welt. Großmeister der

unter viele Arten, die die Glyptik bis dahin gar nicht
kannte, kamen nach Griechenland und wurden von den
Steinschneidern zu unerhörten Kunstwerken bearbeitet.
Namentlich aber das Aufkommen einer neuen Technik,
der des Kameenschnittes, gibt der Glyptik ein neues
ungeheures Gebiet der Betätigung und Entfaltung. Bis
dahin schuf die Glyptik hauptsächlich Siegelb'ilder, die,
wenngleich schon sehr luxuriös gewordeu, doch noch
innner im Rahmen eines praktischen Zweckes in Form
und Ausmaß gebunden waren. Die Kameentechnik
aber, deren Werke nur reinem Schmuck- und Pracht-
bedürfnis dienten, war an diese Grenzen nicht gebun-
den, und da aus dem Orient und namentlich aus indien
die für diese Zwecke besonders geeigneten Onyxe und
Sardonyxe in großer Menge und Schönheit und oft ko-
lossalen Blöcken kamen, so konnte sich die Stein-
schneidekunst zu solch unerhörten Werken aufschwin-
gen, wie es die großen Prachtkameen der Ptolemaer,
Seleuciden und der ersten Kaiserzeit sind (siehe Ca-

Katzenfigürchen aus rotem Jaspis geschnitten Amulett „Sechmet“ aus Bluteisenstein Katze. Anhänger aus Lapis Lazuli

Aegyptische Abteilung der Staatlichen Museen in Berlin

Steinschneidekunst aus verschiedenen erhaltenen Wer-
ken, die sie in vollem Künstlerstolz auch signierten,
deutlich verfolgbar, treten auf, unter ihnen als einer der
größten Glyptiker aller Zeit, Dexamenos aus Chios, der
in Athen arbeitete. Von ihm sind uns eine Reihe wun-
dervoller Intaglios erhalten, zum Teil in berechtigtem
Stolz voll signiert AsqaiJ.evo- Xioc sräsco d. i. Dexam.,
der Chier, hat es gemacht. z. T. an der wundervollen
Sicherheit und Feinheit der von seiner Hand gezogenen
Linien deutlich bestimmbar. Man kann sich in der
Kunst aller Zeiten kaum ein großartigeres, lebensvolle-
res Kunstwerk denken, als es z. B. seine Pferddarstel-
lung (auf einem Chalcedon scarabäoid im Besitze eines
engl. Sammlers) oder sein fliegender Reiher, der übri-
gens volle Signatur trägt, ist. Mit Alexander dem Gro-
ßen beginnt jene große Epoche der Kunst, die man die
hellenistische Periode bezeichnet. Griechische Kunst
und Kultur verbreitet sich siegreich über fast den gan-
zen damals bekannten Erdkreis und mit ihr auch die
Glyptik, die in dieser Periode den Culminationspunkt
ihrer Entwicklung erlebt. Durch Alexanders Feldzüge
ward der ganze Orient mit seinem Edelsteinreichtum
voll erschlossen. Ungeheure Mengen edler Steine, dar-

meo Gonzaga, Cameo d. Ptolemaios Philadelphos und
Arsinoe, Gemma Augustea u. Tiberiana, in Petersburg,
Wien und Paris). Der ungeheure Reichtum und das
durch ihn geborene Prunkbedürfnis boten den Stein-
schneidekünstlern noch nie dagewesene Aufgaben.
Ganze Prunkgefäße, Becher, Trinkschalen und Schüs-
seln wurden aus gewaltigen Sardonyxblöcken mit
reichstem künstlerischem Dekor geschnitten, von denen
uns noch manches Prachtstück erhalten ist, so z. B.
die große sogenannte Farnese in Neapel, die mantua-
nische Onyxvase in Braunschweig und die Coupe de
Ptolemaios in Paris. Welche sinnverwirrende Fülle
von solchen Kunstwerken die Steinschneidekunst da-
mals schuf, beweisen die historischen Berichte und die
Schilderungen antiker Schriftsteller, so die Cicero-
Schilderung (in C. Verrem) der Schätze des syrischen
Fürsten Antiochos oder Appians Geschichte vom Krieg
gegen Mithridates, wo berichtet wird, daß in seiner
Bergfeste Talaura allein an 2000 kostbare Becher und
Prunkgefäße, aus Onyx geschnitten, nebst einer un-
geheuren Menge von mit Kameen, Intaglien und Edel-
steinen besetzten Gefäßen und Geräten erbeutet
wurden.

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