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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 23.1913

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Storck, Willy F.: Bühne und Bild
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https://doi.org/10.11588/diglit.26493#0153

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Abb. 9. Stanislawskis: Dekoration zu „D'oissnri dlsri", Friedbof. (Dlrüntrs d'nrt doNioseon.)


schiedenen Künste, den Historisnttls der Architektur und
der Malerei. Das kapitolinische Forum des alten Rom
erschien aus der Bühne des „Julius Casar", die Straßen
von Genua in der „Verschwörung des Fiesco"; der Krö-
nungszug der „Jungfrau von Orleans"war bis auf den
letzten Helm historisch treu,
„stilecht". Immerhin be-
mühten sich die Meininger,
dem großen Drama einen
gewissen Hintergrund zu
verleihen. Ihre Wander-
fahrten, die seit jener denk-
würdigen Aufführung des
„Julius Cäsar" am 1. Mai
1874 bis in die neunziger
Jahre hinein sich fortsetzten,
übertrugen ihren Stil auf
die Bühnen der Provinz,
die sich heute noch nicht
von ihrem gefährlichen Ein-
fluß haben freimachen kön-
nen. Adolph L'Arronge
vertrat ihre Tendenzen an
dem von ihm seit 1883 ge-
leiteten Deutschen Theater
in Berlin. Mit dem Auf-
kommen des neuen sozia-
len Dramas verlief die
Bewegung im Sande; das
Drama Ibsens, Tolstois und
Strindbergs hatte für den
schematischen Historismus
keinen Platz; es erforderte ei-
ne psychologisch vertiefte Na-
türlichkeit. Sie wurde ver-
sucht von der Freien Bühne,
die 1889 G. Hauptmanns

„Vor Sonnenaufgang", Ibsens „Gespenster" und im
nächsten Jahre Sudermanns „Ehre" zur Aufführung
brachte. Der naturalistische Stil des Schauspielers
und des Künstlers erfaßte die Bühne; Otto Brahm,
seit 1894 Leiter des Deutschen Theaters — der deutsche
Schöpfer einer europäischen
Bühne, wie ihn Alfred Kerr
jüngst nannte — wurde der
literarische Verfechter dieser
erdenhaften Kunst. Und
auch sie vermochte mit der
literarischen Entwicklung kei-
nen gleichen Schritt zu hal-
ten: schon für die Offen-
barung des mystischen Kerns
des späten Ibsen reichte
seine Kunst nicht aus; noch
mehr erforderte die erden-
ferne Poesie der Neuroman-
tiker einen neuen Stil der
Bühne und des Bühnen-
bildes. Auch sie wurden
geschaffen; schon hatten
Künstler selbst Gedanken zu
einer künstlerischen Neuge-
staltung der Bühne und ih-
rer Bilder zum Ausdruck ge-
bracht— Adolphe Appia,
Edward Gordon Craig
und Peter Behrens —,
und die tiefblickenden Büh-
nenleiter Reinhardt und
Stanislawsky, Granville
Barker und Jacques Rouchö,
neben und nach ihnen Gre-
gor, Hagemann, Marter-
steig, Luise Dumont u. a.

Abb. 10. Ernst Stern-Berlin: Skizze für Vollmöllers „Mirakel".


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