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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 23.1913

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Missenharter, Hermann: Die neuen Hoftheater und das Kunstgebäude in Stuttgart
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https://doi.org/10.11588/diglit.26493#0275

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Professor Littmann-München: Königl. Hoftheater, Stuttgart, Verbindungsbau.


Die neuen Hoftheater und das Kunstgebäude in Stuttgart.

n Stuttgart gedeiht die Kunst jetzt. Die ihr ge-
weihten Bauten, die in der letzten Zeit neu er-
stellt wurden — Hoftheater und Kunstgebäude —,
schienen nämlich zunächst nicht unmittelbar aus
den Bedürfnissen der schwäbischen Bevölkerung herauszu-
wachsen. Als aber die Türen erst geöffnet waren, da
zeigte es sich bald, wie notwendig diese Kulturtaten
waren. Die künstlerische Anspruchslosigkeit war rasch
überwunden, und schon heute denkt der Stuttgarter mit
Verwunderung an jene mageren Jahre zurück, da er
sich mit dem bescheidenen Jnterimstheater und den:
noch viel bescheideneren Kunstverein ohne Murren zu-
frieden gab und die so sehr berechtigten Klagen der
Künstler als romantische Phantastereien belächelte.
Im Januar 1899 war nämlich das alte unfeine
Hoftheater, das vor einem halben Jahrhundert das
wundervolle „Lusthaus" respektlos genug verschluckt
hatte, abgebrannt, und ein Jnterimstheater in der
Nähe auf königlichem Boden errichtet worden. In
den Beratungen, die sich jahrelang hinzogen, kam man
schließlich weitblickend überein, daß der alte, nicht
erweiterungsfähige Platz zwischen dem Neuen Schloß
und dem Olgabau für den nunmehr geplanten Theater-
Anmerkung: Die Abbildungen des Königl. Hof-
theaters in Stuttgart werden nut Genehmigung der
Verlagsanstalt Alexander Koch in Darmstadt veröffent-
licht, bei welcher eine reich illustrierte Sonderpubli-
kation über die Königl. Hoftheater in Stuttgart er-
schienen ist.

doppelbau nicht mehr in Betracht kommen könne; der
König bewilligte darnach den botanischen Garten am
Ende der königlichen Anlage für die Theater und gab
Theodor Fischer den Auftrag, ein Kunstausstellungs-
gebäude auf dem alten Theater- beziehungsweise Lust-
hausplatz, der ein böses Loch im prachtvoll geschlossenen
Schloßplatz war, zu erbauen.
So viel über die gemeinsame Vorgeschichte der neuen
Bauten, bei der jene Brandkatastrophe nicht bloß ein
Zufall war. Heute sind beide Bauwerke fertig. Die Hof-
theater wurden bekanntlich schon im Herbst in Betrieb
genommen, das Kunstgebäude ist Ende Mai durch eine
große Kunstausstellung seinem Zweck übergeben worden.
Mar Littmann aus München hat die Hoftheater
erbaut, und die Stuttgarter können wohl zufrieden
sein, denn es sind zweifellos die praktischsten modernen
Theaterbauten überhaupt. Die zwei Häuser, ein kleines
und ein großes, sind für Oper wie Schauspiel gleich
gut zu verwenden. Das große Drama und die große
Oper, also alles, was Ausstattung und Massenwirkungen
verlangt, kommt in das eine, monumental gestaltete,
das stille Drama und die Spieloper in das andere,
intime Haus. Aber so klar und im Charakter der Bühnen-
werke wohl begründet diese auf Schinkel zurückgehende
Zweiteilung zunächst auch erscheinen muß, und so einfach
sie sich durch versenkte und überbrückbare Orchester-
räume bewerkstelligen ließ: als endgültig gelöst kann
dieses Problem trotzdem noch nicht gelten. Tatsache
ist eben doch, daß das große Haus auch beim Schau-
spiel opernhaft wirkt.


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