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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 23.1913

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Schmidt, Paul Ferdinand: Ein Landhaus im Taunus von Hugo Eberhardt
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https://doi.org/10.11588/diglit.26493#0323

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Hugo Eberhardt: Landhaus Hahn (Gesamtansicht).


Ein Landhaus im Taunus von Hugo Eberhardt.

ill man ein Motiv nennen, nach welchem
der Baumeister dieses stattliche und schöne
Haus im Taunus gerichtet hat, so sagt er
selber darüber, und der Augenschein lehrt es: Der Aus-
blick nach Hoch-Königstein hinüber gibt dem Ganzen die
Richtung, er ist das Hauptmotiv, nach dem sich Außen-
bau und der Grundriß des Inneren gerichtet haben;
beide in unmittelbarem Zusammenhang miteinander,
wie es bei einer rechten und glücklich gelösten Bau-
aufgabe sein soll, also daß eins ins andere greift.
Auf sanft geneigtem Abhang nach Südwesten hin
schaut der Bau mit vielen Fenstern und Ausgucken
weit über das grüne Tal nach dem benachbarten Städtchen
und seiner Schloßruine; selber halb eingebettet in dichtes
Laub, in alte dunkle Bäume. Damit ist zu gleicher Zeit
das Bodenständige betont, das Festwurzeln am Wald-
abhang, das Sichhineinschwingen in die schützenden
Baummassen; und die freie Lage, die Verbindung mit
Luft und Licht und Freiheit, ein Gruß an die ganze
Welt, der es gegenübersteht. Und so stellt sich von selber
das Gefühl des Geborgenseins und der Freiheit zugleich
ein, die frohen Möglichkeiten, sich in das Heim zurück-
zuziehen und von dort in die schöne Ferne hinaus-
zuschweifen, die sich freiwillig den Blicken überall dar-
bietet. Darin scheint uns der beglückende Sinn eines
Landhauses zu liegen, das mit Bedacht seinen Ort an
reicher aussichtsvoller Stätte gewählt hat.
Deutlich weist darauf auch der Garten hin, der, in
Terrassen das Haus fortsetzend und von regelmäßiger
Anlage, nach dem Ausblick orientiert ist. Zwei Per-
golen aus Haustein, mit einem Gestänge von unbehauenen
jungen Baumstämmen, schieben sich vom Hause aus an
beiden Flanken gegen den Abhang vor und bilden das

deutlichste Wahrzeichen und den anmutigsten Ausdruck
für den Blick in die weite und nähere Ferne. Die Be-
rankung mit Grün läßt sie wie das Haus selber noch
engere Fühlung mit der Natur des Gartens nehmen
und wandelt ihre Gänge zu traulichen und verschwiegen
schattigen Lauben.
Der Bau selber ist in seinem Äußeren vorzüglich
durch die hohe Dächermasse und die Fenstergruppen
bedingt. Das Dach baut sich beherrschend und als
schirmende Decke empor, in mehreren abgewalmten
Giebeln gegliedert und mit Biberschwänzen gedeckt.
Die freundliche, ja gastliche Gesinnung des Hauses spricht
sich in ihn: aus, und es ist eine besondere Eigenart von
Professor Eberhardt, daß er gerne diesen angenehmen
Eindruck seiner Bauten in die Region des Daches ver-
legt. Man kann ganz allgemein behaupten, daß man
den künstlerischen Rang eines Gebäudes, die Klarheit
und Zweckmäßigkeit seiner inneren Einteilung (des
Grundrisses!) und die Einheitlichkeit der architektonischen
Idee schlechthin an seinem Dache ablesen kann; Über-
sichtlichkeit und imposantes Zusammenhalten sprechen
ebenso deutlich von einem gesunden Grundriß, wie Zer-
rissenheit, kleinliches Flickwerk und Formlosigkeit in der
Dachlösung von gleichen Eigenschaften im Innern des
Gebäudes. Unter einen: einladenden Dache kann man
ganz gewiß ein wohlgeordnetes und höfliches Haus-
wesen erwarten — soweit der Architekt es vorzubilden
vermag!
Eine feste und solide Basis verleiht dem Hause die
Bekleidung des Erdgeschosses mit Haustein, mit quader-
mäßig zubehauenen Kalksteinblöcken, deren rauhe Form
durch einen gefälligen und den übrigen Farben des
Baues angepaßten Ton gemildert wird. Der Stein in
 
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