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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 23.1913

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Everth, Erich: Monumental und dekorativ
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Sternberg, Leo: Der König der Schmerzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26493#0292

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Monumental und dekorativ.

Nach alledem versteht man die zweifelnde Frage,
wie weit es dann ratsam sei, z. B. bei der Buchmalerei
oder bei Wandteppichen oder angewandter Kleinplastik,
die etwa allerlei kirchlichen Zwecken dient, von monu-
mental zu sprechen, wenn man nicht ausdrücklich sagt,
daß das hier ein abgeleiteter Begriff sei, der nur auf
Grund gewisser Formenübereinstimmung mit den wirk-
lichen Monumentalwerken in einem weiteren Sinne
verwendet worden sei. Auch lebensgroße, Leuchter
tragende Figuren, wie sie die Gotik z. B. kannte, sind
bei noch so strenger Formgebung monumental höchstens
im Sinne von monumentähnlich, Monumente aber
sind sie nicht. Aber auch außerhalb der Zweckkunst tut
man in vielen Fällen besser, nicht einmal in übertragenem
Sinne von monumental zu reden, sondern in Fällen,
die dazu verleiten könnten, vielleicht lieber von „streng
dekorativ" oder „dekorativ im hohen Stil" zu sprechen.
Man lernt genauer sehen, wenn man auch im Sprechen
und Denken die Dinge hier nicht durcheinander wirft.
Denn wie ich eingangs sagte, gewisse Ähnlichkeiten in
der Eigenart der Form sind bei beiden Kategorien da,
beim Monumentalen und beim Dekorativen, aber die
Gründe und daher auch die Formen sind dennoch beide-
mal verschieden: das Dekorative wie das Monumentale
hat nicht nur auf die nachzubildenden Dinge zu schauen
und ihren Naturformen zu folgen, sondern das erstere
auch auf das Ensemble zu sehen, dem das einzelne Kunst-
gebilde eingefügt werden soll; z. B. auf die Stimmung
des Raumes, eines menschlichen Wohnraumes etwa
mit vielen zwecklichen Geräten, wozwischen das einzig
Lebendige und Herrschende der hausende Mensch sein
will, so daß alles andere, auch Darstellungen lebender
Natur, sich ihm unterordnen und dem Charakter des
Raumes einordnen müssen. So können dekorative Dar-
stellungen etwas Ornamentales bekommen. Durch
diese stilisierte Formung nähert sich nun das Dekorative
der monumentalen Form etwas, aber die letztere ent-
springt aus anderen Gründen; bei ihr muß z. B. auf die
Sichtbarkeit auf weitere Entfernung hin Rücksicht ge-
nommen werden; oder die Größe etwa menschlicher
Glieder, die dort oft schon übernatürlich ist und zugleich
die besonders große Masse des Werkstoffes besonders
merklich werden läßt, ist in der Formung zu beachten,
da solche Gebilde nur dann natürlich scheinen können,
wenn auch die Formen nicht allzu lebendig sind und dem
Materiale sich unterordnen.
Im übrigen wird man bei der Durcharbeitung des
Begriffes monumental sehr weit zurückgehen müssen und
wird dabei schon an den ältesten Werken eines künst-
lerischen Monumentalstils, den ägyptischen und vorder-
asiatischen, starke und einfache Unterscheidungen finden,
ohne sich in Finessen zu verlieren. Man wird z. B.
Monumente, deren Bestimmung deutlich das Auf-
bewahren für das Gedächtnis der Nachwelt ist, unter-
scheiden können von Werken, die auch noch im strengeren
Wortsinn, durch ihre Größe und ihren Stil, monumental
sind und doch jenen Kunstwillen nicht enthalten, ander-
feits aber auch nicht als Gebrauchs- oder Nutzkunst be-
zeichnet werden können: etwa assyrische Flügellöwen,
die gleichsam als Türhüter den Bauten angefügt, also
als Anhängsel nicht selbständig, aber auch nicht eigentlich
zwecklich mit ihnen verhaftet sind. Etwas anders liegt

es, wenn an einem ägyptischen Tempel eine Reihe Sta-
tuen stehen (alle parallel senkrecht und streng frontal,
also monumental geformt), die nun nicht entfernt mehr
zwecklichen Sinn haben, außerdem alle den großen
Ramses II. und seine Gemahlin darstellen: trotzdem sind
auch diese einzelnen Figuren keine Monumente, denn
auch sie haben keine Selbständigkeit, nur das Ganze
ist ein echtes, aber architektonisches Monument. Gar der
berühmte persische Fries der Bogenschützen oder der
Löwenfries zu Susa (ersterer vielleicht als Leibwache
aufzufassen) in ihrem grandiosen Stil sind dennoch nur
dekorativ im monumentalen Stil; dieselben Formen an
kleineren Gebrauchsgegenständen würde man sogar bloß
streng dekorativ nennen (ja es ist für unsere Unterschiede
und ihre Grade selbst das nicht unwesentlich, daß diese
Männer und Löwen an dem königlichen Empfangs-
palast zu Susa waren, der selber schon mehr Monument
als Zweckbau war und Nutzbau höchstens in wenigen
kleinen Nebengemächern). Die leisesten zwecklichen An-
klänge bleiben nicht unwichtig; der sogenannte „Grenz-
stein Nebukadnezars" war kein Gebrauchsgegenstand,
stand fest am Ort, seinem Sinn und seiner Bestimmung
nach; die Bestimmung aber war eine andere als bloß
Erinnerung; so war er einst eine künstlerisch und in
monumentalen Formen gestaltete Urkunde, ein Mal,
aber kein Denkmal, kein eigentliches Monument. Heute
freilich, wo das vergessen ist und nur der König darauf
gesehen wird, spielt jener Zweck kaum noch eine Rolle
und erscheint uns das Werk als Monument.
vr. Erich Everth.
er König der Schmerzen.
Zauberharfen sind in den Felsen von Wales.
Alle Felsen von Wales füllt Harfenton.
Seinen Bardenthron hat jedes Tal; aber größer ist
keiner, als Carlleon.
König Arthur im ewigen Apfelblütenhain seiner rosigen
Meerinsel hat ihn geweiht;
und wer zu dem Thron des Unsterblichen steigt, empfängt
den Kranz der Unsterblichkeit.
Cadwallon empfing ihn und gab ihn Merlin. Auf der
Meistertreppe ging es hinauf und hinab,
und Hand gab der Hand den immergrünen Kranz, aus
grauer Zeit bis zum Enkel herab.
Und der Enkel —> er kam, und die Throntreppe stieg er
hinan im flachsblauen Meisterkleid,
da stürzte er hin... Von Mörderblut weh! der Thron
von Carlleon ewig entweiht!
Und die Harfen der Felsen, sie klagen; und die Harfen
des Echos stimmen ein in das Leid.
Nacht... Auf schwarzer Bergheide sitzen um die blutrote
Fackel die Richter im Kreis,
in weißen Gewändern, Goldkugeln in Händen, auf dem
Haupte das heilige Mistelreis.
Feueräugig fitticht die Eule vorüber. Ein stöhnender
Laut in der Hochlandnacht,
ersterbend in Fernen; und plötzlich wieder über dem
Kreise — da schwebt er und klagt. ..
Und der Jüngling inmitten, von glutigen Schatten der
Fackel umschlagen, windet sich stumm. . .


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