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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 23.1913

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Schäfer, Wilhelm: Das Folkwang-Museum
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https://doi.org/10.11588/diglit.26493#0175

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Das Folkwang-Museum.


Holzstatuette, bemalt und vergoldet, Alomo Cano, Spanien, 17. Iahrh.

Geschmack ihrer Kom-
missionen sür Lieber-
mann und Manet zu
kämpsen hatten. Der
persönliche Vorteil liegt
auf der Hand: Ost-
haus leitete den Markt
mit ein, statt schon
von ibm abhängig zu
sein, er bekam die
Werke noch zu Prei-
sen, die heute teilweise
lächerlich erscheinen
müssen.
Nähmen wir aber
einmal an, es gäbe
ein Dutzend solcher mit
kulturellem Verant-
wortungsgefühl gelei-
teter Privatsammlun-
gen in Deutschland:
so hätten wir ein Bild
von der allgemeinen
Bedeutung dieses per-
sönlichen Vorteils. Da
jedes Kunstwerk von
Rang im gesicherten
Besitz eine Bereiche-
rung unseres Natio-
nalschatzes an Kunst
darstellt, gleichgültig
aus welcher Kultur es
stammt — oder wer
möchte das bei Rem-
brandt, Tizian, Ve-
lasquez oder Watteau
bezweifeln — so liegt
ein nationales Inter-
esse vor, möglichst viel
gute Kunst ins Land
zu bringen; und da
wir immer noch keine
Amerikaner sondern in
unsern Gesamtmitteln
einer bismarckschen Diplomatie, von der Tschudi ein Teil besaß, die aber, wie man weiß, selten und um so schwieriger
um nicht zu sagen unmöglich für einen Museumsdirektor ist, je mehr sich sein lokaler Wirkungskreis verengt.
Was wir in den letzten Jahren an Angriffen gegen moderne Museumsleiter erlebten, richtete sich mehr oder
weniger gegen ihre Versuche, dieser kulturellen Verpflichtung ihrer Stellungen nachzukommen.
Hier aber liegt die Mission des Privatsammlers, der notgedrungenen Schwerfälligkeit der öffentlichen Kauf-
organe zuvorzukommen und Kunstwerke in- und ausländischer Herkunft für den Nationalbesitz vorläufig zu sichern.
Wir haben Beispiele schweizerischer Sammler, wo mit Bewußtsein die großen Werke der eigenen Kunst (Hodler,
Amiet, Buri) vor ausländischen Käufern gesichert wurden, wo sich also der Privatbesitzer ausgesprochen auf seine

Hat sich so diese Privatsammlung von Anfang an aus einem sozialen Gefühl in den Dienst der Allgemein-
heit gestellt, so gut wie jedes öffentliche Museum: so profitiert sie anderseits von ihrem Charakter als Privatbesitz.
Da ihr Sachwalter als Besitzer durch keine Kommissionsbeschlüsse behindert ist, hat er vor jedem andern
Museumsdirektor die größere Beweglichkeit voraus; es bedarf bei ihm keiner verzwickten Diplomatie, um irgend
etwas Neues durchzusetzen, er ist als Käufer unabhängig wie ein Privatmann und nur von seinem Geschmack
und dem einmal gesetzten Plan abhängig. So konnte er van Gogh, Gauguin, Cszanne, Hodler, Maillol usw.
ankaufen zu einer Zeit, als die andern deutschen Museen noch beim Impressionismus waren und gegen den
für Kunst gegenüber
den steigenden Prei-
sen des internationa-
len Kunstmarktes be-
schränkt sind, muß
uns sehr viel an Kauf-
organen liegen, die
dem Markt zuvor-
kommen. Ein solches
Kauforgan ist, wie
man weiß, auf dem
Gebiet der alten Kunst
Wilhelm Bode, der
als Generaldirektor der
Berliner Museen fast
die Machtvollkommen-
heiten eines Privat-
sammlers hat; er ist
es auf Grund seiner
klugen Kennerschaft
auf dem Gebiet der
alten Kunst. In der
modernen hatte er an
Tschudi den einzigen
Rivalen; aber gerade
dessen Schicksal zeigt,
um wieviel verzwickter
die Verhältnisse auf
dem Gebiet der mo-
dernen Kunst liegen,
wo die neuen Werte
gewissermaßen noch in
der Zukunft ruhen und
bei ihrer Erscheinung
(Böcklin, Maroes, Feu-
erbach, Hodler, Cö-
zanne, van Gogh) von
hartnäckigen Kämp-
fen verhüllt sind. Um
da ein gutes Kauf-
organ zu sein, wird
es noch anderer Dinge
als der Kennerschaft
bedürfen, vor allem

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