DOI Artikel:
Schäfer, Wilhelm: Das Folkwang-Museum
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.26493#0176
Das Folkwang-Museum.
Mission besann. Wenn die modernen deutschen Sammler und das Museum Folkwang voraus, weniger diese
defensive als die offensive Tätigkeit bevorzugen, so hat dies den natürlichen Grund darin, daß die moderne deutsche
Kunst wenig von der ausländischen Kauflust bedroht wird — das ist durchaus nicht ironisch gemeint; denn es
trifft Maries wie Feuerbach, Trübner wie Thoma, Menzel wie Liebermann gleicherweise. Anderseits braucht man
ja nur den Namen eines wirklichen Künstlers bis zu den jüngsten (Pechstein, Marc, Lehmbruck usw.) zu nennen,
um auch schon den festen Kreis kaufender Liebhaber um ihn zu spüren. Die relativ hohen Preise deutscher Kunst-
werke, die auch von jungen Künstlern gefordert und erreicht werden, sagen deutlich, daß die deutsche Kunst an
dem von Goethe und Herder aufgestellten deutschen Programm der „Weltliteratur" noch nicht zu leiden haben.
Woran sie leiden, das ist die Pflege der bedeutungslosen Durchschnittlichkeit, die dank der Museumskommissionen
und der lokalen Künstlerwünsche auch in den öffentlichen Sammlungen immer noch einen zu breiten Raum ein-
nimmt, als daß die „Pflege der starken Begabungen" ausreichend betrieben werden könnte. Die sind in der
Hauptsache auf den Geschmack und die Kühnheit der Privathäuser angewiesen; und denen ein Vorbild von
schärfster moderner Prägung gegeben zu haben, das ist vielleicht das höchste Verdienst der Osthausschen Samm-
lung. Nicht zum wenigsten durch den tapferen Bekennermut, Mißgriffe einzugestehen und frühzeitig Gealtertes
zugunsten lebenskräftiger Jugend immer wieder auszuscheiden.
Auch hinter dem Folkwang-Museum steht die Frage nach der Zukunft, da seine Schätze nicht wie in einer
öffentlichen Sammlung für absehbare Zeiten feftgelegt sind; aber selbst, wenn sie das landläufige Schicksal der
Privatsammlungen, die Auflösung in der: Kunsthandel einmal treffen sollte: Die kulturelle Verpflichtung des
künstlerischen Privatbesitzes ist hier in so scharfer Form sichtbar gemacht worden, daß der Wert des Folkwang-
Museums über das persönliche Dasein hinaus gesichert ist. S.
Luca della Nobbia, Fragment eines Madonnenreliefs,
Florenz, 15. Iahrh.
Mission besann. Wenn die modernen deutschen Sammler und das Museum Folkwang voraus, weniger diese
defensive als die offensive Tätigkeit bevorzugen, so hat dies den natürlichen Grund darin, daß die moderne deutsche
Kunst wenig von der ausländischen Kauflust bedroht wird — das ist durchaus nicht ironisch gemeint; denn es
trifft Maries wie Feuerbach, Trübner wie Thoma, Menzel wie Liebermann gleicherweise. Anderseits braucht man
ja nur den Namen eines wirklichen Künstlers bis zu den jüngsten (Pechstein, Marc, Lehmbruck usw.) zu nennen,
um auch schon den festen Kreis kaufender Liebhaber um ihn zu spüren. Die relativ hohen Preise deutscher Kunst-
werke, die auch von jungen Künstlern gefordert und erreicht werden, sagen deutlich, daß die deutsche Kunst an
dem von Goethe und Herder aufgestellten deutschen Programm der „Weltliteratur" noch nicht zu leiden haben.
Woran sie leiden, das ist die Pflege der bedeutungslosen Durchschnittlichkeit, die dank der Museumskommissionen
und der lokalen Künstlerwünsche auch in den öffentlichen Sammlungen immer noch einen zu breiten Raum ein-
nimmt, als daß die „Pflege der starken Begabungen" ausreichend betrieben werden könnte. Die sind in der
Hauptsache auf den Geschmack und die Kühnheit der Privathäuser angewiesen; und denen ein Vorbild von
schärfster moderner Prägung gegeben zu haben, das ist vielleicht das höchste Verdienst der Osthausschen Samm-
lung. Nicht zum wenigsten durch den tapferen Bekennermut, Mißgriffe einzugestehen und frühzeitig Gealtertes
zugunsten lebenskräftiger Jugend immer wieder auszuscheiden.
Auch hinter dem Folkwang-Museum steht die Frage nach der Zukunft, da seine Schätze nicht wie in einer
öffentlichen Sammlung für absehbare Zeiten feftgelegt sind; aber selbst, wenn sie das landläufige Schicksal der
Privatsammlungen, die Auflösung in der: Kunsthandel einmal treffen sollte: Die kulturelle Verpflichtung des
künstlerischen Privatbesitzes ist hier in so scharfer Form sichtbar gemacht worden, daß der Wert des Folkwang-
Museums über das persönliche Dasein hinaus gesichert ist. S.
Luca della Nobbia, Fragment eines Madonnenreliefs,
Florenz, 15. Iahrh.