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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 23.1913

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Benn, Joachim: Hoetgers Majolikafiguren
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https://doi.org/10.11588/diglit.26493#0193

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B. Hoetger: Glaube. Verlag der Galerie Arnold, Dresden. B. Hoetger: Wahrheit. Verlag der Galerie Arnold, Dresden.


Hoetgers Majolikafiguren.

H H-ber die Majolikafiguren des westfalischen Bild-
hauers Bernhard Hoetger, der heute als Pro-
fessor in Darmstadt ansässig ist, sprechen, heißt,
mit einen: Wort über das Wesen des Archaismus in der
Bildhauerei beginnen. Denn alle diese, zumeist paar-
weis geordneten, symbolischen Gestalten, die die Galerie
Arnold in Dresden heute von ihm vertreibt, lehnen
sich ganz offensichtlich an frühere plastische Ausdrucks-
formen an: Das „Licht" und der „Schatten", die „Wut"
und die „Habgier" etwa sind, nicht nur dem Kostüm
und dem menschlichen Typus, sondern auch der formalen
Gestaltung nach, den: östlichen Formenschatz entnommen
und geben sich als Variationen von Darstellungen
indischer Nabelbeschauer und japanischer Schauspieler.
Japanisch in einer seltsamen Verbindung mit rokokohaften
Motiven muten in mancher Hinsicht auch noch die Figuren
der „Milde" und der „Güte" an, wahrend die „Hoffnung"
und die „Liebe", der „Glaube" und die „Wahrheit"
mehr einem gräzisierenden Stil nachgehen oder An-
regungen des Barock aufnehmen, ohne daß dabei die
anderen Stilelemente ganz fehlten. Wenn dann eine
Einzelfigur wie die „Sieg" genannte — die hier nicht
abgebildet ist — schließlich noch Heiligendarstellungen
der deutschen Renaissance in etwas nahekommt, so
wird ersichtlich, daß in diesen dekorativen Figürchen

ein Kreis von Stilformen verarbeitet ist, der sich wieder
in irgendwelcher völkischen noch irgendwelchen kulturellen
Grenzen hält. Und es könnte sein, daß manch einer
sich darum schon prinzipiell gegen sie wendete.
Dem wäre zuerst entgegenzuhalten, daß der Vor-
wurf des Archaismus oder der Anlehnung an be-
stehende Kunstformen überhaupt zumeist nur auf der
Unfähigkeit des Laien beruht, an einem Kunstwerk
zwischen Wesentlichen! und Unwesentlichem zu unter-
scheiden: und zwar aus der Unkenntnis über die eigentlich
künstlerische Absicht des Künstlers heraus: So hat man,
aus einer vollkommenen Unkenntnis über das, was die
neuen Maler mit ihren neuen Bildern anstreben, erst
neuerdings wieder die ganze junge Generation von
Malern als Nachahncer von Van Gogh und Cezanne
anklagen wollen, während sie doch in Wahrheit deren
Entdeckungen konsequent verarbeiteten und dabei schon
vor Problemen standen, von denen die noch nichts
ahnten. Wo, wie heute in der Bildhauerei, die Künstler
nicht Anregungen der vorhergehenden Generation ver-
arbeiten, sondern weiter zurückgehen, womöglich zu sehr
verschiedenen Epochen der künstlerischen Entwicklung,
wenn die auch alle verwandten Tendenzen huldigten,
liegt das Problem wohl nicht mehr ganz so einfach.
Eine gewisse Schwäche des Formwillcns in der Künst-

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