Der Mönch von Cluny.
brodelte es in seinem Fleisch, heimliche Liebe sann in
seinem Herzen.
Ferner erzählte sie ihn: von der Weissagung eines
Siedlers, so lautend: Du wirst einen Sohn gebären
durch die Kraft eines Jünglings, der zum erstenmal
liebt, und sterben! Nach einer Weile fügte sie hinzu:
„Als ich auf der Burg meines Vaters war, lieble mich
der Knappe meines Vaters. Blond war er, helläugig
und sehr jung. Aber als er um mich freite in seiner Tor-
heit, erschlug ihn mein Vater mit dem Schwert. Denn
schon war es sein Plan, mich dem alten Herzog zu ver-
mählen, um seiner selbst willen."
Dies alles betäubte fast den jungen Mönch. Wie
Feuerfunken fiel es in seine Seele. Seine Liebe wuchs
in ihm, wie die Flamme wächst, die durch die Wälder
fährt im Sommer.
Bald war es, als sie erkannten, daß sie sich liebten.
Denn einmal, als sie ihn unverhofft ansah, gewahrte
sie, wie seine Augen über sie hinfunkelten, wild und
gewaltig, in unbändiger Glut. Es war ihr da, als ob
ihre tiefste Wesenheit erschauere in ihr, als ob alle ihre
Wünsche und Kräfte sich an ihn drängten.
Scheu trennten sie sich, zitternd. Von da an kam er
ohne Geheiß. Und eines Abends, nicht lange danach,
erwartete sie ihn, geschmückt und lachend. Als er kam,
sah er sie dastehen in ihrer Schönheit, sah ihre schwarzen
Haare niederwallen, von einem goldenen Reif umspannt,
sah sie umgeben von Prunk und Kostbarkeit, sah das
Glück ihrer Augen und ihren jungen, zitternden Leib.
Da umschlang er sie, vergaß seines Gottes und seines
Gelübdes, er küßte sie und stieß heiße Worte aus. Und
er bat sie und vereinigte sich mit ihr, Jugend mit Jugend,
Frevel mit Frevel.
Aber als Abt Odilo wiederkam, nach kurzer Aeit,
war der Herzog bei ihm, ihr Gemahl. Sie wunderten
sich sehr, daß die Herzogin glücklich war, hell lachte und
die Einsamkeit pries. Ich will hierbleiben, bis ich sterbe,
sagte sie.
Der junge Mönch führte den Herzog durch die Räume
des Klosters. Er zeigte ihm in einem großen Saale
die vielen kostbaren Bücher, welche dort sorgsam auf-
bewahrt wurden. Er schlug sie auf und deutete dem
Herzog manches. Dieser fand Gefallen an dem jungen
Mönch und sprach zu Abt Odilo: „Gib mir diesen jungen
Mönch mit an meinen Hof, weil er gewandt ist im Lesen
und Schreiben der Bücher, er soll mich damit erfreuen."
Abt Odilo bedachte sich und befahl dem jungen Mönch:
„Geh mit dem Herzog und diene ihm nach seinem Willen
in der Furcht Gottes." Dies geschah aber, ohne daß die
Herzogin darum wußte. Nachdem nun der Herzog fort-
gegangen war, harrte sie vergebens auf den jungen
Mönch. Da schickte sie ihren Knaben aus um Botschaft
und erfuhr alles.
Nicht lange mehr blieb sie in der Einsamkeit, sondern
brach sehr bald auf und kehrte auf die Burg des Herzogs,
ihres Gemahls, zurück. Mit süßen Worten betörte sie
ihn, er glaubte ihr, denn er war ein Tor. Und er freute
sich sehr.
Sie fand den jungen Mönch und genoß ihre Liebe
mit ihm viele Monate hindurch. Oft saßen sie zusammen
und dachten Pläne aus, die ihnen zerrieselten und zer-
fielen, denn beide waren sie allzu jung und unerfahren
und ohne Macht, mit Ketten gebunden an den Willen
des Stärkeren. Es geschah aber, daß sie eines Tages
seinen Hals umschlang und ihm sagte: „Mein Lieber,
ich fühle die Frucht deiner Liebe unter meinem Herzen.
Wie sie von meinem Blute zehrt und reift und Leben
nimmt."
Da erfaßte ein Grauen den jungen Mönch. Verwirrt
entriß er sich ihr und floh. Unstät ging er umher, schwei-
gend, in vieler Angst. Schlaflos vergrübelte er die
Nächte. Ich bin verstoßen, sprach er bei sich selbst, ich
bin verstoßen vor Gott. Der Unrat bin ich in seinem
heiligen Hause. Meine Brüder werden meiner mit
Schaudern gedenken und Abt Odilo wird über mich
weinen in all seiner edeln Milde. Sie werden mich dem
Sünder hinstellen zur Warnung und auslöschen aus den
Büchern. O Gott vom Himmel, erbarme dich meiner.
Bald aber eilte er wieder zu der schönen Herzogin,
küßte sie und sprach: „O, meine süße Sünde! Du bist
stärker in meiner Seele als alles andere." Und er bat
sie: „Komm, laß uns entfliehen, fort aus diesem Lande,
weit fort, in ein einsames Tal, dort ein Haus bauen'
und darin wohnen im Glück unserer Liebe." Aber die
Herzogin stimmte dem nicht zu. Sie entgegnete bebend:
„Die Häscher werden nach uns suchen. Sie werden uns
ergreifen und töten, mich mit dem Schwert und dich
auf dem Scheiterhaufen, weil du dein Gelübde ge-
brochen hast." Sie schwiegen und schauderten.
Und die Herzogin flüsterte leise bei sich die Worte
des Siedlers: „Du wirst einen Sohn gebären durch die
Kraft eines Jünglings, der zum erstenmal liebt, und
sterben." Doch der junge Mönch sprach: „Schweige,
schweige, sprich es nicht mehr." Und sie weinten.
Einige Aeit darauf geschah es, daß sie mit dem
Herzog beim Mahle saßen und sich ansahen mit nassen
Augen. Dieses sah er und erkannte plötzlich ihre Liebe.
Da entbrannte er in tückischem Zorn. An demselben
Tage rief er den jungen Mönch zu sich und befahl ihm:
„Ich bedarf deiner nicht mehr. Geh zurück in dein
Kloster." Er hatte angeordnet, daß die Herzogin nichts
von alledem erfuhr. Der junge Mönch verließ die Burg
des Herzogs und ging allein seinem Kloster zu.
Und die Herzogin saß abends mit ihrem Gemahl
beim Abendmahle und fragte ihn: „Wo ist denn der junge
Mönch, daß er nicht zum Mahle kommt?" Da trank der
Herzog aus seinem Becher und sagte: „Ich habe ihn in
sein Kloster zurückgeschickt, denn ich bedarf seiner nicht
mehr. Da erbleichte die Herzogin und stürzte wie tot
zu Boden. Aber der Herzog wurde rasend, sprang hin
und schlug sie hart. Ihre Frauen kamen klagend herbei
und trugen sie in die Kammer. Viele Wochen lag sie
fieberkrank.
Einst aber, mitten in der Nacht, stand die Herzogin
auf, halb genesen, verließ das Schloß und irrte zitternd
durch Nacht und Jrrnis auf dem weiten, weiten Weg
nach dem Kloster des jungen Mönchs.
Todmüde und krank war der junge Mönch dort an-
gelangt und an seiner Stelle, wie vorher, wieder aus-
genommen worden. Die Mönche sahen ihn bald ge-
beugt gehen und klagen, als ob er irren Geistes sei. Des-
halb murrten sie wider Abt Odilo und wider den Herzog
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brodelte es in seinem Fleisch, heimliche Liebe sann in
seinem Herzen.
Ferner erzählte sie ihn: von der Weissagung eines
Siedlers, so lautend: Du wirst einen Sohn gebären
durch die Kraft eines Jünglings, der zum erstenmal
liebt, und sterben! Nach einer Weile fügte sie hinzu:
„Als ich auf der Burg meines Vaters war, lieble mich
der Knappe meines Vaters. Blond war er, helläugig
und sehr jung. Aber als er um mich freite in seiner Tor-
heit, erschlug ihn mein Vater mit dem Schwert. Denn
schon war es sein Plan, mich dem alten Herzog zu ver-
mählen, um seiner selbst willen."
Dies alles betäubte fast den jungen Mönch. Wie
Feuerfunken fiel es in seine Seele. Seine Liebe wuchs
in ihm, wie die Flamme wächst, die durch die Wälder
fährt im Sommer.
Bald war es, als sie erkannten, daß sie sich liebten.
Denn einmal, als sie ihn unverhofft ansah, gewahrte
sie, wie seine Augen über sie hinfunkelten, wild und
gewaltig, in unbändiger Glut. Es war ihr da, als ob
ihre tiefste Wesenheit erschauere in ihr, als ob alle ihre
Wünsche und Kräfte sich an ihn drängten.
Scheu trennten sie sich, zitternd. Von da an kam er
ohne Geheiß. Und eines Abends, nicht lange danach,
erwartete sie ihn, geschmückt und lachend. Als er kam,
sah er sie dastehen in ihrer Schönheit, sah ihre schwarzen
Haare niederwallen, von einem goldenen Reif umspannt,
sah sie umgeben von Prunk und Kostbarkeit, sah das
Glück ihrer Augen und ihren jungen, zitternden Leib.
Da umschlang er sie, vergaß seines Gottes und seines
Gelübdes, er küßte sie und stieß heiße Worte aus. Und
er bat sie und vereinigte sich mit ihr, Jugend mit Jugend,
Frevel mit Frevel.
Aber als Abt Odilo wiederkam, nach kurzer Aeit,
war der Herzog bei ihm, ihr Gemahl. Sie wunderten
sich sehr, daß die Herzogin glücklich war, hell lachte und
die Einsamkeit pries. Ich will hierbleiben, bis ich sterbe,
sagte sie.
Der junge Mönch führte den Herzog durch die Räume
des Klosters. Er zeigte ihm in einem großen Saale
die vielen kostbaren Bücher, welche dort sorgsam auf-
bewahrt wurden. Er schlug sie auf und deutete dem
Herzog manches. Dieser fand Gefallen an dem jungen
Mönch und sprach zu Abt Odilo: „Gib mir diesen jungen
Mönch mit an meinen Hof, weil er gewandt ist im Lesen
und Schreiben der Bücher, er soll mich damit erfreuen."
Abt Odilo bedachte sich und befahl dem jungen Mönch:
„Geh mit dem Herzog und diene ihm nach seinem Willen
in der Furcht Gottes." Dies geschah aber, ohne daß die
Herzogin darum wußte. Nachdem nun der Herzog fort-
gegangen war, harrte sie vergebens auf den jungen
Mönch. Da schickte sie ihren Knaben aus um Botschaft
und erfuhr alles.
Nicht lange mehr blieb sie in der Einsamkeit, sondern
brach sehr bald auf und kehrte auf die Burg des Herzogs,
ihres Gemahls, zurück. Mit süßen Worten betörte sie
ihn, er glaubte ihr, denn er war ein Tor. Und er freute
sich sehr.
Sie fand den jungen Mönch und genoß ihre Liebe
mit ihm viele Monate hindurch. Oft saßen sie zusammen
und dachten Pläne aus, die ihnen zerrieselten und zer-
fielen, denn beide waren sie allzu jung und unerfahren
und ohne Macht, mit Ketten gebunden an den Willen
des Stärkeren. Es geschah aber, daß sie eines Tages
seinen Hals umschlang und ihm sagte: „Mein Lieber,
ich fühle die Frucht deiner Liebe unter meinem Herzen.
Wie sie von meinem Blute zehrt und reift und Leben
nimmt."
Da erfaßte ein Grauen den jungen Mönch. Verwirrt
entriß er sich ihr und floh. Unstät ging er umher, schwei-
gend, in vieler Angst. Schlaflos vergrübelte er die
Nächte. Ich bin verstoßen, sprach er bei sich selbst, ich
bin verstoßen vor Gott. Der Unrat bin ich in seinem
heiligen Hause. Meine Brüder werden meiner mit
Schaudern gedenken und Abt Odilo wird über mich
weinen in all seiner edeln Milde. Sie werden mich dem
Sünder hinstellen zur Warnung und auslöschen aus den
Büchern. O Gott vom Himmel, erbarme dich meiner.
Bald aber eilte er wieder zu der schönen Herzogin,
küßte sie und sprach: „O, meine süße Sünde! Du bist
stärker in meiner Seele als alles andere." Und er bat
sie: „Komm, laß uns entfliehen, fort aus diesem Lande,
weit fort, in ein einsames Tal, dort ein Haus bauen'
und darin wohnen im Glück unserer Liebe." Aber die
Herzogin stimmte dem nicht zu. Sie entgegnete bebend:
„Die Häscher werden nach uns suchen. Sie werden uns
ergreifen und töten, mich mit dem Schwert und dich
auf dem Scheiterhaufen, weil du dein Gelübde ge-
brochen hast." Sie schwiegen und schauderten.
Und die Herzogin flüsterte leise bei sich die Worte
des Siedlers: „Du wirst einen Sohn gebären durch die
Kraft eines Jünglings, der zum erstenmal liebt, und
sterben." Doch der junge Mönch sprach: „Schweige,
schweige, sprich es nicht mehr." Und sie weinten.
Einige Aeit darauf geschah es, daß sie mit dem
Herzog beim Mahle saßen und sich ansahen mit nassen
Augen. Dieses sah er und erkannte plötzlich ihre Liebe.
Da entbrannte er in tückischem Zorn. An demselben
Tage rief er den jungen Mönch zu sich und befahl ihm:
„Ich bedarf deiner nicht mehr. Geh zurück in dein
Kloster." Er hatte angeordnet, daß die Herzogin nichts
von alledem erfuhr. Der junge Mönch verließ die Burg
des Herzogs und ging allein seinem Kloster zu.
Und die Herzogin saß abends mit ihrem Gemahl
beim Abendmahle und fragte ihn: „Wo ist denn der junge
Mönch, daß er nicht zum Mahle kommt?" Da trank der
Herzog aus seinem Becher und sagte: „Ich habe ihn in
sein Kloster zurückgeschickt, denn ich bedarf seiner nicht
mehr. Da erbleichte die Herzogin und stürzte wie tot
zu Boden. Aber der Herzog wurde rasend, sprang hin
und schlug sie hart. Ihre Frauen kamen klagend herbei
und trugen sie in die Kammer. Viele Wochen lag sie
fieberkrank.
Einst aber, mitten in der Nacht, stand die Herzogin
auf, halb genesen, verließ das Schloß und irrte zitternd
durch Nacht und Jrrnis auf dem weiten, weiten Weg
nach dem Kloster des jungen Mönchs.
Todmüde und krank war der junge Mönch dort an-
gelangt und an seiner Stelle, wie vorher, wieder aus-
genommen worden. Die Mönche sahen ihn bald ge-
beugt gehen und klagen, als ob er irren Geistes sei. Des-
halb murrten sie wider Abt Odilo und wider den Herzog
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