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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 23.1913

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Gischler, W.: Das neue Kollegiengebäude der Universität Freiburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.26493#0319

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Hermann Billing: Das neue Kollegiengebaude der Universität Freiburg. Gesamtansicht.


Das neue Kollegiengebaude der Universität Freiburg.

s ist nun schon manches Jahr her, daß Billing
die Hofapotheke in Karlsruhe baute und damit
der landesfremden Darmstadter Bewegung ein
Gebäude von oberrheinischen: Wuchs entgegenstellte.
Seitdem ist der Stürmer von damals Oberbaurat ge-
worden und hat das badische Land um Bauten bereichert,
in denen die traditionellen Formen eine persönliche
Anwendung erfahren und meist zu einem Pathos ge-
steigert sind, das man zyklopisch nennen möchte. Am
auffälligsten wird diese Art in Wohnhausbauten, die
er nut seiner Steinwucht zu wahren Festungen macht:
sein Ausmaß kann sich in räumlichen Beschränkungen
nicht erledigen, man spürt da gleichsam ein Temperament
in: Käfig, dessen Absichten über Behaglichkeit hinaus
ins Massige und Übermäßige gehen. Erst wenn er große
Steinmassen hinstellen und statt Stuben Räume umfangen
kann, ist er in seinen: Element; und hierbei soll gleich ge-
sagt werden, daß in: Räumlichen seine eigentliche Meister-
schaft liegt, daß er als Baumeister von Rasse seine Fas-
saden deutlich als Schalen der Räumlichkeiten behandelt.
Auch das Kollegiengebäude in Freiburg zeigt diese
Eigenschaften auf den ersten Blick: zweimal wird seine
rechtwinklige Form von ovalen Ausbauchungen unter-
brochen, die eine räumliche Gestaltung nach außen hin
sichtbar machen, und auch der ungewöhnlich große Aus-
bruch in: Dach ist aufs augenscheinlichste nicht nur der
Fassade zuliebe da. Einzig der Turn: gibt sich als äußeres
Architekturstück, das diesen dreimaligen Durchbruch der
sonst strengen Dach- und Fassadenforn: überwuchten und
dadurch in eine Gesamthaltung zurückzwingen soll.
Studiert man den Grundriß, so erkennt man dieses

Wesen sofort; an sich ist er dem Grundstück entsprechend
einfach: links eine große rechteckige Baunmsse, breit
genug, um einen Lichthof zu verlangen, rechts ein
zurückweichender schmaler Anbau, der in seinen: End-
punkt wieder gegen die Straßenfront vorspringt. Darin
sitzen das große Oval der Aula links und das kleinere
der Hörsäle rechts wie ein paar eingesetzte große Steine
und der Turm verstärkt den Punkt, wo der abflachende
Anbau noch einmal an die Straße vorgezwungen wird.
Gerade dessen Stellung zeigt die meisterliche Art Billings,
mit großen Baumassen zu schalten; eine weniger sichere
Hand hätte ihn wahrscheinlich als Eckpunkt an die Straße
vorgerückt und ihn damit zum reinen Aierstück gemacht.
Im Äußeren einzeln betrachtet zeigt auch dieser
Bau freilich eine Vorliebe für barocken Prunk, die seinen
Meister abhängiger von der Überlieferung scheinen läßt,
als er in: Grunde ist. Das große Relief am Aulabau
rechts oben, so geschickt es in die Fläche gesetzt ist und so
lustig es den barocken Schmuck von den Portalen auf-
nimmt und an den Mittelteil dieser Schauseite weitergibt:
es ist nicht nur in seiner Gestaltung zu abhängig, sondern
es widerspricht auch dem eigentlichen Formwesen dieses
Bauwerkes wie der Billingschen Art überhaupt. Deren
beliebtestes Kunstmittel ist die Gliederung der Fläche,
indem einzelne Teile zurückweichen. Wer die halbrunden
Einschnitte an dem Dachausbau der Portalseite sieht, wird
sich sofort aller möglichen Anwendungen dieses Mittels
bei Billing erinnern: Die äußere Wirkung davon ist klar;
tiefe Schatten in der beleuchteten Fassade statt aufgesetzter
Lichter, die Wand selber erhält dadurch räumliches Leben,
indem ihre Tiefe deutlich gemacht wird, räumliches Wesen


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