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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 23.1913

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Lüthgen, Eugen: Landschaft, Garten und Landhaus: Zu den Bauten von Architekt Paul Pott-Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.26493#0443

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Landschaft, Garten und Landhaus.

befangen. Daß sich die Zeichen mehren, daß sie mehr
und mehr dieser unkünstlerischen Baugesinnung ent-
wachsen, berechtigt zu neuen Hoffnungen auf eine künst-
lerische Entwicklung der heimischen Bauweise. Wer im
Landhausbau durch den englischen Stil bindurchgegangen
ist, besitzt eine starke Stilsicherheit. Denn eine Über-
lieferung von der Macht, den: Umfang und der Größe
des englischen Landhausstiles übermittelt eine Klarheit
des Formgefühls, die eine schöpferische Natur zwar zeit-
weise in ihren Bann zwingen kann, sie ihrer Art nach
aber nicht dauernd
der eigenen Natur-
entfremden will.
Wie gleichartig
im Ausdruck, in Auf-
bau und Scheidung
auch die Richtung
des englischen Land-
hausstiles ist, dem
einzelnen Künstler
bleibt weite Bewe-
gungsfreiheit. Und
die Art, wie die künst-
lerische Persönlichkeit
die fremde Fessel ab-
streift, wie sie er-
starkt, Eigenes sinnt
und formt, sie zeigt
das reizvolle Schau-
spiel einer selbstschöp-
ferischen deutschen
Baukunst. Und wo
immer die ersten Spu-
ren dieser eigenen
Schöpferkraft wirksam
werden, dort beginnt
zugleich der Abfall von
der kunstlosen Garten-
gestaltung: dort be-
ginnt die Erkenntnis,
daß der Garten mehr
sei als nur Hinter-
grund, daß Landschaft,
Garten und Haus der
notwendige Ausdruck
einer künstlerischen
Stimmung sei.
Das Leben der
Innenräume hinaus-
zutragen in die künst-
lerisch belebte Bewegung des Gartens, volle Über-
einstimmung zwischen Landschaft, Garten und Haus mit
sinnfälligen Mitteln einer rein baukünstlerischen Formen-
sprache aufs neue zu gewinnen, dahin drängt die neue
Richtung der deutschen Baukunst.
Der Zweig, der von der englischen Bauweise aus-
ging, ist bedürftig der Veredlung. Da die englische
Auffassung der formlosen Landschaftsgestaltung und
sentimentaler Gefühlsschwärmerei am meisten zuneigt,
zeigt sich in ihr die Entwicklung vom Formlosen zum
Geformten, von der Freiheit zum Gesetzmäßigen in

sinnfälliger Klarheit, d. h. nur sofern unter Bau-
kunst die Einheit von Gebäude und Umwelt verstan-
den wird.
Wie sich dieser Entwicklungsgang in einzelnen Per-
sönlichkeiten widerspiegelt, ist lehrreich zu beobach-
ten. Die frischen Landhäuser des Kölner Architekten
Paul Pott zeigen in Aufbau und Gliederung einen
gefaßten Sinn für das Organische, das straff Ent-
schlossene, das Aufgeteilte in der Einzelform. Ein aus-
gereiftes Gefühl, mit großen Massen zu arbeiten, auf
kleinliche Verzierung
zu verzichten, aus
der Bewegung und
dem Rhythmus der
Flächen die Wirkung
beruhigter Schönheit
zu gewinnen. Noch
dient der Garten ein-
zig als Hintergrund,
von dem sich das
zweck- und sinnvoll
Geformte wirkungs-
stark abhebt. Die stär-
kende Kraft der eng-
lischen Überlieferung
gibt dem Persönlichen
Ruhe und Sicher-
heit.
Die besonnene An-
lehnung an die der
Zweckdienlichkeit und
der Wirkung erprob-
ten Formen läßt Fehl-
griffe vermeiden. Das
Haus des Bürger-
meisters Or. Goecke
in Ratzeburg ist eng-
lisch empfunden. Am
Waldrand gelegen,
schmiegt es die brei-
ten Flächen des ge-
drückten Daches in
das bewegte Grün
der Baumkronen. Die
ungleichmäßige An-
lage mit dem vor-
geschobenen Flügel,
der organische Wuchs
des Grundrisses, die
zusammengefaßten,
kaum gegliederten Massen von Wand und Dach rühren
in nordisch-germanischer Baugesinnung aus dem engli-
schen Vorbild. Die heimische Bauweise mit ihrer
ursprünglichen Kraft, nur durch Maßverhältnisse zu
wirken, lebt neu auf (siehe Abb. 8 und 10).
Geschlossener in der Raumwirkung, den: Charakter
des Stadthauses entsprechend, einheitlicher in der Massen-
wirkung des Baukörpers, reizvoll in den einfachen,
nur durch die Maßverhältnisse wirkungsstarken Schmuck-
formen ist das Haus des Professors Or. Zinsser am
Stadtwald in Köln-Lindenthal (Abb. 1).


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