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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 23.1913

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Benn, Joachim: Das Kölner Museum für ostasiatische Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.26493#0477

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Das Kölner Museum für ostasiatische Kunst.

er von außerordentlich hohen Spannungen ge-
tragene Kulturwille, der in den Ländern am
Rhein die uralten, durch die neue industrielle
Entwicklung neuaufblühenden Städtezentren samt ihren:
Hinterland heute sichtlich noch einmal zu einer Welt
von eigener und einheitlicher Kultur zusammenschweißen
möchte, hat ein neues bedeutsames Werk vollendet:
In Köln ist das Museum für ostasiatische Kunst eröffnet
worden mit den Sammlungen, die der Schöpfer und
Direktor des neuen Museums, Professor Adolf Fischer,
zuerst in selbständiger Sammlertätigkeit, später als wissen-
schaftlicher Attache der deutschen Gesandtschaft in Peking
und schließlich im Auftrage der Stadt Köln zusammen-
gebracht hat. Das Gebäude, das das Museum enthält,
ist als ein vierstöckiger umfangreicher Bau dem Kunst-
gewerbemuseum angegliedert, dessen Zugang es aus
praktischen Gründen benutzt,
obwohl es im übrigen durch-
aus selbständig besteht. In
drei Stockwerken und Teilen
eines vierten enthält es bis-
her in 32 Räumen eine
Sammlung, die sämtliche
Gebiete des künstlerischen
sowohl wie des kunstgewerb-
lichen Schaffens in China,
Japan und Korea von den
ältesten Zeiten bis in die
Mitte desneunzehntenJahr-
hunderts umfaßt, zum Teil
in solcherVollständigkeit,daß
die geschichtlicheEntwicklung
vollkommen klar hervortritt,
und reich an Arbeiten, die
sonst nicht vorhanden sind.
In derAufstellungderWerke
sind alle Erfindungen aus-
genutzt, die diemusealeTech-
nik heute zum Schutze und
zu erleichtertem Genuß sol-
cher Kunstwerke an die Hand
gibt: Mit Ausnahme der
Baukeramik sind fast alle
Arbeiten unter Glas ge-
bracht, wobei die Schau-
kästen für Einzelstatuen so
eingerichtet sind, daß man
sie drehen kann; die Farben-
holzschnitte sind in überein-
anderliegende Holzwände
eingelassen, von denen man
die vorderen wie Türen von
den Hinteren abklappen kann,
die Stoffe in ausziehbaren,
wiederum verglasten schma-
len Schubfächern unterge-
bracht. Die Logik und Sach-
dienlichkeit solcher Einrich-
tungen gibt dem Besucher

das Gefühl, von fachmännisch sicherer Hand geleitet
zu werden. Aber wichtiger für den Gesamteindruck
des Museums ist noch der ganz ungewöhnliche Ge-
schmack, der bei ihrem Einbau und Aufbau bewiesen ist:
Die Räume selbst, aus Absicht nicht allzu groß, sind fast
alle ganz weiß oder nur leicht getönt gehalten, doch geben
nach wienerischem Muster schmale schwere Leisten um
Türen, Fensternischen und die Kanten der Decke auf
eine raffinierte Art ein festes Raumgefühl und machen
aus jedem Zimmer gleichsam ein Schmuckkästchen.
Die Schränke und Vitrinen, die hierin die Kunstwerke
aufnehmen, wechseln unaufhörlich ihre Form, je nach
dem Charakter der Arbeiten, für die sie bestimmt sind;
ihre Verhältnisse und Profile sind außerordentlich
schön. Die Sorgfalt der Aussteller hat dabei nicht nur
die Farbe der Hölzer, die Farbentöne der Decken in
den Vitrinen und der Tep-
piche in Betracht gezogen,
vor die die Statuen zu-
weilen zu stellen waren, sie
hat nicht nur mit Geschick
bei den Einzelstatuen genau
den Raum herauszufinden
versucht, den jedes Kunst-
werk selbst um sich schafft,
sie hat sich bis auf die Größe
und Farbe der Papierblätt-
chen mit den sachlichen An-
gaben neben jedem Stück
und auf die Stelle erstreckt,
wo es anzubringen war: Es
ist eine wunderschöne Hand,
die einem hier jedes Kunst-
werk entgegenhält, und das
Schönste an ihr ist, daß sie
doch nur die Wirkung des
Kunstwerks erhöht. Das
Museum ist als Gesamtheit
wirklich selbst ein Kunstwerk.
Die Anordnung, die die
ostasiatische Kunst in diesem
Rahmen bekommen hat, ist
im wesentlichen eine histo-
rische, doch ist für die grö-
ßere Zeit die historische Ent-
wicklung der drei Länder ge-
trennt dargestellt,und außer-
dem sind die Arbeiten nach
den verschiedenen künst-
lerischen Teilgebieten aus-
gesondert. Wenn man das
Museum betritt, sieht man
sichin einem vorraumartigen
Raum den ältesten Stein-
und Tonskulpturen Chinas
aus der Zeit von 206 v. Chr.
bis etwa 549 n. Chr. gegen-
über. Die beiden ersten grö-
ßeren Räume, die wohl die


Nyorai Kwcmnon mit Nimbus. Holz, vergoldet, Japan 16. Iahrh.


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