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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 23.1913

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Benn, Joachim: Das Kölner Museum für ostasiatische Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.26493#0481

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sicheren Einheit der Gesamtkomposition, fast, als
wenn sie der Hand des Bildhauers gleichsam ent-
flossen wären. Aber die Geschichte der eigentlichen
Körperformung kann man erst an der Kette der
Holzfiguren studieren: Die sitzende Figur des
Myroko Bosatsu aus dem 5. Jahrhundert in Korea
ist in ihrer Komposition wohl auch schon recht ge-
schlossen, aber das Körpergefühl ist noch sehr
undifferenziert, und auch die älteste Kleinplastik
der Kwannon, die streng frontal gestellte Glücks-
göttin aus deni 6. bis 7. Jahrhundert mit dem
todernsten Gesicht ist trotz der zierlichen Faltung
des Gewandes noch durchaus archaisch. Die Holz-
statue der Taishaku-ten aus dem 8. Jahrhundert
dann ist dadurch wundervoll belebt, daß das eine
Knie etwas vorgerundet, der Oberkörper leicht
gedreht, der Kopf leicht vorgeneigt ist; hier taucht
eine Erinnerung an Plastiken des Erechtheions auf.
Die kleine Kwannon und die große sitzende Statue
des Dainichi Nyorai aus der Fujiwara-Periode
(9. bis 12. Jahrhundert in Japan) zeigen, daß
um diese Zeit das Körpergefühl ohne irgend-
welche Einbuße an Monumentalität und seelischer
Konzentriertheit schon bis zur Eleganz verfeinert
war; es sind Zeugnisse einer nicht mehr durchaus
aufsJenseitige eingestellten, sondern menschlicheren


Reishojo (Kwanyin). Chines.
Malerei auf Seide. Uuan-
Dynastie. 1280—1368.
Gesinnung, die gleichsam das
Hoheitsvolle, Königliche im
Menschen betont. Die Holz-
statuette des stehenden Jizo mit
dem Rasselstab hat trotz der
vollkomm en en B eh errschth e it
der Haltung eine seifenblasen-
hafte Leichtigkeit, etwas so Be-
wältigten als Form, daß sie sich
schon wieder dem Kunstgewerbe
nähert. Die noch ganz goldene
Statuette des Amida von Kokei
1184) schließlich läßt sich in
der vollkommenen Reife des
Körpergefühls und der musikali-
schen Harmonie der Kleidfalten
nur noch mit den größten Wer-
ken der griechischen Kunst ver-
gleichen, von der sie, wie eine
Kleinplastik aus der gleichen
Zeit, vielleicht direkt beeinflußt
ist. — Daß hiermit die Höhe
der Entwicklung erreicht war,
geht schon daraus hervor, daß
nunmehr Formen aufkamen,
die Verwandtschaft mit der
nachgeahmten Klassik der euro-
päischen Periode, der Renais-
sance, und mit dem Barock
haben, während die Zeit vor

Amida mit Kwannon und Seishi. Japanische Malerei
auf Seide. 10.—11. Jahrh.


Kongodoji.
Malerei auf Seide.
Japan, 12. Jahrh.
der Reife manche Verwandt-
schaft mit der Gotik hatte: Die
realistisch-nwnumentalen Ten-
denzen der italienischen Renais-
sance vertritt etwa die Figur
des Kosho Bosatsu aus den:
14.Jahrhundert, die edel, üppig-
dekorativen,die ungemein leichte
und graziöse, lebensgroße, ver-
goldete Nyorai-Kwannon aus
den: 16. Jahrhundert mit auf-
gestütztem Haupt, auf der nun-
mehr aufgelösten Lotosblume.
Was danach kommt, hat ba-
rocken, auch wohl rokokohaften,
endlich spielerischen und klein-
lichen Charakter.
Mit so wenigen Strichen
eine ähnlich deutliche Entwick-
lungslinie für die Malerei her-
auszuarbeiten, ist auf Grund
der hier gesammelten Schätze
deshalb kaum möglich, weil
gerade in der Malerei die ost-
asiatischen Künstler immer-
während auf alte Muster zu-
rückgingen und selbst große Mei-
ster unbedenklich im Stil eines
früheren Meisters malten, wo-
durch sich die Entwicklung sehr

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