Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 23.1913

DOI Artikel:
Benn, Joachim: Das Kölner Museum für ostasiatische Kunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26493#0484

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
nach Europa kamen, sodaß unser Gefühl vom Chinesischen
wesentlich durch sie bestimmt ist; die Verwandtschaft
mit unseren: Rokoko ist deutlich; die Entwicklung endigt
mit solchen raffinierten Stilkünsten, wie dem ganz stili-
sierten Hirsch auf seinen seltsam hohen Beinen. -— Auch
in der chinesischen Keramik lief die Entwicklung so, daß
am Anfang, nämlich in der Epoche von 206 bis 220
n. Chr., die einfachen Formen mit einfacher dunkler
Glasur stehen, die nur durch einen Zerstörungsprozeß
heute silbrig irrisierend geworden sind; langsam kompli-
zieren sich die Formen, wenn sie auch noch lange gehalten
bleiben, ziehen sich z. B. in einer bestimmten Epoche in
die Länge, während die Glasur sich aufhellt, eine Farbe
nach der anderen annimmt und bald mehrere mischt.
Da sind in großen Schränken die berühmten Vasen
in der Farbe sprudelnden Ochsenbluts und anderwärts
Schalen in der Mondscheinfarbe zu sehen; da steht aus
der Khangsi-Aeit (1662 bis 1723) das zarte Porzellan
mit blauer Farbe unter dem Brand und Schmelzfarben
darüber; in ganz lichten, raffinierten, überdifferenzierten,
fast dekadenten Farben sind auf Vasen, Teller, Schüsseln
zierliche Genreszenen, Blu-
menmuster, Landschaften
gemalt. Da sind auch die un-
erreichten Muster für die
blaue Delfter Kachelmalerei
in langen Reihen von Vasen

zu sehen, wie in dem Raum vorher die Muster für die
Überfangglasuren der Tifanny und Gallet zu bewundern
waren. — Besonders schöne Leistungen des japanischen
Kunstgewerbes sind die Stichblätter der japanischen
Schwerter, kaum handtellergroße Platten, zuerst aus
Eisen, dann aus Legierungen von Kupfer und Gold,
von Kupfer und Silber, die, durch Tauschierung, Gra-
vierung, Ziselierung, Inkrustierung, Emaillierung ge-
schmückt, die unbegrenzte Fähigkeit der Ostasiaten zu
ornamentaler Verzierung auch auf den: kleinsten Raum,
einen alles wagenden und alles erreichenden Geschmack
beweisen. Ihn verraten auch die Lackarbeiten, unter
denen das große Lackgetafel mit buntem Bildschmuck
und Schatullen mit Einlagen von Perlmutter besonders
zu nennen sind, ihn die farbenbunten Stoffe, die aus
so raffinierten Techniken hervorgehen. Der Geschmack
der Ostasiaten, wie er sich weiter an tauschierten, gra-
vierten, inkrustierten, emaillierten Stichblättern von
Schwertern, an Lackarbeiten, Medizinbüchsen, Stoffen
zeigt, hat etwas von einer ethischen Qualität: und
wenn man in diesem neuen Schatzhaus das einmal
empfunden hat, geht man
nicht ohne Angst an man-
che hochberühmte Leistung
des europäischen Kunst-
gewerbes.
Joachim Benn.


Steinsäule. China, Han-Dynastie. 1.—2. Jahrh. nach Chr.
 
Annotationen