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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 19.1919/​1920

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Heft 20
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Rosenbaum, Julius: Aufwärts oder abwärts?, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36585#0138

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Die IDcrfsiatt ber Kunst

betit Kriege sonnte ein Stubierenber bequem mit
80— ;00 HTars im HTonat aussommen, bie meisten
batten wohl noch weniger. ^eute ist wohl 300
Ktars bie getingsie Summe, ohne bie HTaterialsosten.
Dersuche, ben Schülern einen sesten Soben burch
hanbwersliche (Srunblage unter ben Füßen 3U
geben, scheinen, wie ber Fall in IDeimar 3eigt,
nicht gerabe mit IDohlwoHen ausgenommen 3U wer*
ben. Die protestler oon IDeimar, bie ihre „Cra*
bition" gesährbet sehen, soHten logisch sein unb ben
5d)ülern unb Künstlern 3ur Fortsührung ber Cra«
bition and? bie ZHittel 3ur Versügung (teilen. <£s
ist eigentlich Seit, baß bas phrasengebresdje aushört.
Schüler, bereu Begabung noch nicht erprobt, Künsi«
ler, beren (Entwicslung noch nicht beenbet ist, soHte
man mit solchcn protesten nicht irre sühren. Das
bjineinjerren politischer ItTomente, wie Solscfjewis*
mus, hat mit ber oernünftigen <Er3iehung über*
haupt nichts $u tun unb soll nur graulich machen!
Klan soH uns Künstler mit Sejeichnmtgen wie
„Solschewismus" ober „reastionär" oerschonen!
3ebensaHs wirb IDalter (Sropius oiele einstditigen
Künstler aus seiner Seite haben, besonbers bie, bie
sleh burch bieses Künstlerbasein: „Asabemie, Aus*
feQungen, Kunstfjänbler, Derleger unb HTäcene"
haben burdjwinben unb schlängeln müssen.
(Sropius wirb stch ben Dans aller wahrhaften
Kunstsreunbe jtdjern, wenn er ben gepumpten
3oh£me»Samtrocs, bie stiegenbe Krawatte unb bie
langen bjaarmähnen aus ben Kunstschulen hccaus-
fegt unb basür bem ehrbaren beutsehen bjanbwcrss*
sittel ben gebühtenben plafe oerschasft. Die non
(Sropius geleitete <Er3ief(ung oerebelt bas fjanbwers,
oerhinbert bas Künstlerproletariat unb gibt enblich
bem Calent, wenn es sleh sruchtbar entwicseln sann,
bie gebiegene technische (Srunblage. Dor allem ist
aber ber Künstler, bessen Calent nicht burch*
bringen sann, burch bie neue IDeimarische Aus»
bilbung oor Dersumps ung geschüfet unb wirb
stch stets ehrlich ernähren sönnen. ©ber stnb
bie protestler in IDeimar ber Ksleinung, baß bie
Kunst nur bie £ebensausgabc sür Kinber reichet
€ltem sei? Uebrigens stnb bie Forberungen nach
hanbwerslicher (Srunblage schon lange oor bem
Kriege gesleüt worben, nur bie (Sleichgültigseit
alter Kreise war ber (Srunb, baß man stch nicht
barunt gesümmert hatte. Die Erregung in IDeimar
sdteint hauptsächlich beshalb 3U sein, weil man ber
Steuerung politische KTotioe unterschiebt. <£s ist
nur ein Unsall, baß bie Umwäljung im Kunsiunter*
rieht mit ber Hcoolution 3usammensällt, ste wäre
auch sonst gesommen, basu hätte bie Hot bie Künsi«
ler schon getrieben. IDir wollen hossen, baß IDalter
(Sropius mit bem Sauhaus in IDeimar bie (Srunb*
läge sür eine (Sesunbung bes Kunstlcbens sdjasst
unb einen prastisdjen IDeg 3eigt, bas Künsllerprole»
tariat 3U unterbinben. IDer bie Seelenfämpfe ber
Künstler im Kampfe mit ber Außenwelt sennt, wer
bie €miebriguitgen unb Nichtachtung oon seiten ber

„IDohlhabenben" erlebt hat, ber muss bie 3bee bes
Sauhauses nicht nur unterslüfeen, sonbern auch söt.
bern! <£in Ceil bes Nachwuchses wirb oieHei<ht
schon ben segensreichen «Einsluß bes Sauhauses
spüren, bie jefeige Künstlergeneration aber, bie int
wirtschastlichen Kampse steht, geht schweren Cagen
entgegen, barüber soU stch nur niemanb hinweg,
täusdjen, auch wenn er jefet einige Dersäuse 3U »er*
3eichnen hat. Sesonbers sollten bie ITialcr oon
Namen stch überlegen, ob es im 3nteresse ber <ge.
samtheit unb ber Kultur liegt, stch ab3usonbent.
Das große Calent braucht bas sleine genau {0
nötig, wie ber EjclbenbarsteHer aus ber Sühne ben
CharasterbarsteUer. Klan fann hoch beutlich bie
Cinie: Hüllet, Segantini, 3sr<*els, Ciebermann, Uljbe
bis Firie oersolgen unb lefeterer hot hoch eigentlich
mit Calenten seiner Art biese Sichtung erjt oolss*
tümlidj gemacht. Die Kultur eines Dolses ijl nicht
abhängig oon ben (Senies unb großen (Seisiem,
sonbern oon ber pslege, bie ben Calenten jutetl
wirb. (Ein ansctjauliches Seispiel haben wir ja alle
am alten Nußlanb erlebt; es hotte glän3enbe Uni«
oersitäten, aber seine Dolssschulen, es hotte große
Dichter, aber bas Dols sonnte nicht lesen. Ein
£anb muß auch geistig eine IDüsie bleiben, wenn
bie Kanäle 3um Dolse sehlen. Die SichersMung
bieser Kanäle — in ber bilbenben Kunst stnb es bie
Calente — ist bie (Srunblage sür bie Ausbreitung
guter Kunst. Der <5jusammenbruch Deutschlanbs
muß auch hie «Entwicslung großer Calente er«
schtoeren unb im Keime erstiesen. £eibl hätte f?eute
stcherüch sein sümmerliches Dasein nicht sühren,
geschweige stch bas teure HTaterial sausen sönnen.
Die Kulturoermittler, bie sleinen Calente, müssen
mit ber §eit entweber gan3 oersommen ober aus
Abwege geraten, bas werben schon bie ssrupellosen
fjänbler unb Schmarofeer besorgen.
IDenn stch hie An3eichen für einen Niebergang
ber beutsehen Kunst sür ben genauen Seobachter
schon jefet bemersbar machen, so hoben wir in ber
Schtoei3 bereits ein beutliches Silb oor Augen.
Dort ist es bereits 3U einem Ausruhr ber bilbenben
Künstler gesommen, wie bie „Neue Züricher 3*9-"
oom 3. Fchc. mitteilt. Die Schwer ist burch ihte
Neutralität wätjrenb bes Krieges ein internationaler
Kunstmarst geworben, unb burch bie niebrige Öa*
luta stnb natürlich ouch oiele beutsehe unb öster«
reichische Silber eingesührt worben. Das untergrub
ooHsomtnen bie Ejjistcnj ber schtoei3er Klaler. 211*
bann neulich wieber eine Silberaustion 3ugun)ten
österreichischer ©seiere stattsanb, oersammelten s'4
alle Künstler Zürichs 3U einer protestoersammlungi
ste sefeten ben Smtbesprästbenten telegraphisäl °01'
ihrer wirtschaftlichen Not in Kenntnis, betonten
ausbrücslich, haß es houptsächlich Kitsch wär«/
womit bie Schweis übersdjwemmt sei, baß baburd)
Kunst, Kultur unb ihre materielle <Efisien3 bebrohts
ja schon 3um Ceil oernichtet sei. An bie protep
oersammlung schloß stch ein Demonstrationssug o0t
 
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