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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Januar
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N'» 1.


Mittwoch. r. Zanuar L8«2.

Deutschla nd

KarlSruhe, 30. Dez. Unter'm 28. Dezember l. Z.
wurde CameralpraktUant E. Pfister^zum Etsenbahnbau-

Baden, 30. Dec. Der Krankheitszustand
des hier verweilenden Herrn Prosessors von
Gräfe aus Berlin hat in nenerer Zeit einen
so günstiqen Character angenommen, daß man
anf dessen baldige Wiederherstellnng hosten
darf.

Bom Schwarzwald. Anf unseren Ber-
gen herrscht seit einiger Zeit cine große Thä-
tigkeit in sämmtlichen Jndustriezweigen. Die
Nachfrage nach Uhren kann kaum befriedigt
werden, und nür dem größteu Fleiß unserer
arbeitsamen Bevölkerung ist es möglich, den
Bedarf zu decken. Nicht minder schwunghaft
geht wirklich das Strohgeflecht, dessen Preise
von Tag zu Tag steigen, so daß sich diese in
letzter Zeit verdoppelt und verdreifacht haben^

Konftanz, 27. Dez. Die letzte Sitzung
des Schwurgerichts, Verhandlung gegen Her-
mann Müllenberg von Villingen wegen fahr-
lässiger, durch worsätzliche Körperverletzung
verursachte Tödtung, endigte mit Freisprechung
des Angeklagten, da solcher sich im Zustande
der Nothwehr befand.

Konftanz, 28. Dec. Prvf. Seitz wurde
heule mrt 3l Stimmen gegen 1 wiederholt
zum Adgeordneten in die zweite Kammer ge-
wählt.

Speyer, 28. Dec. Die „Pfälz. Z." be-
dauert, bre Nachricht des „Mannh. Iourn.",
daß die Hinderniffe, welche sich einer bcfrie-
digenben Lösung der Llidwigshaseli-Marilihei-
mer Brückenfrage entgegengestellt haben, be-
seitigt seien, zur Zeit nicht beftäligen zu kön-
nen. Cs sei jedoch zu hoffen, vaß die Schwie-
rigkeiten, welche gegen jenes Unternehmen vom
mililärischen Standpunkte crhoben wurden, sich
ebnen werden.

Vom Main, im Dec. Der „Karlsr.
Ztg." entnehmen wir: Der bleibende Aus-
schuß des deutschen Handelstages hat über
seine Thätigkeit vom 1. Juli bis 15. Nov.
d. I. an die beigetretenen Handelsvorstände
Bericht erstattet. Hienach sind es 11 Haupt-
betresse, mit welchen der Ausschuß sich seit-
her beschästigte, nämlich: 1) die Coustitui-
rung des allgemeinen deutschen Handelstages;
2) die Einsührung eines einheitllchen Maßes
und Gewichtes; 3) Herstellung einer Münz-
einheit; 4) Organisation. des Zollvereins;

5) Einführung des Handelsgesetzbuches uud
Organifation von Handelsgerichten; die dif-
ferenziellen Tarife der Eisenbahntransporte;
7) Handels und Schifffahrtsverhältnisse (Lm
Allgemeinen); 8) Aufhebnng der Elbzölle und
der außerhalb dcs Zollvereins noch bestehen-
den Transitzölle; 9) Allgemeingültigkeit der
Gewerbscheine für Handlungsreisende; 10)
Marken- und Musterschutz, und 11) Veran-
staltung einer einheitlichen deutschen Industrie-
ausstellung bei der 1862 in London bevor-
stehenden Weltausstellung.

Der Gemeinderath von Mainz beschloß, für
die Pfarrei St. Christoph so lange alle Mittel,
mit Ausnahme derjenigen, welche zu Erhal-
tung des städtischen Eigenthums unbedingt
nothwendig sind, zu verweigern bis die gegen-
wärtig verwaltenden Iesuitcn durch Weltgeist-
liche ersetzt sein werden.

Kafsel, 23. Dez. In der hiesigen Leih-
bankangelegenheit ist nunmehr der am 14.
Nov. d. I. abgeschlossene Vergleich gericht-
lich bestätigt.

Nürnyerg, 28. Dec. Hente Nachmi.ttag
4 Uhr hat dahier die letzte Lottoziehung start-
gefunden. Der große Rathhaussaal war von
Zuschauern dicht besetzt, und auf der Straße
vor dem Rathhause und in dessen Nähe wogte
kine zahlreiche Menge. Die Ziehnng verlief
in gewohnter Weise.

München, 28. Dez. Für Papst Pius IX.
sinv in der Erzdiöcese München-FreisinZ im
Jahre 1860/61 im Ganzen 37,293 fl. gesam-
melt worven. Prinz Karl in Bapern hat in
jedem Monat 100 fl. gespendet.

München, 29. Dec. Die Regierungen
des deütschen Zollvereins haben dem Ver-
nehinen nach die Vkreinbarung getrossen, daß
für die zur Industrieausstettung jn London
zugelaffenen Gegenstände auf allen deutschen
Staatsbahnen Frachtfreiheit gewahrt werde,
und zwar sowohl hin- als herwärts. — In
München müssen gegenwärtig von einem
Hausmiethezins yon 700 fl. von dem Miether
24 Kronenthaler Armengeld bezahlt wcrden.

Leipzig, 25. Dec. Minckwitz, dcr be-
kannte Uebersetzer des Sophokles, ist zum
Profeffor an hiesiger Universität ernannt
worden.

Berlin. Die ministerielle „Allg. Pr. Z."
erklärt, die Minister würden vollständig für
die Gesetzvorlagen vor dem Landtage eintre-
ten. — Preußen hat sich in Washington eben-
falls gegen das Verfahren der nordamerika-
nischen Negierung in der Trent-Affaire aus-
gesprvchen.

Berliner Blättern zufolge hat die preußische
Regierung die bekannten Bundesreformvor-
schläge des Hrn. v. Beust abgekehnt. Damit
wird man vollständig einverstanden sein. Aber
es knüpft sich an dieses Ablehnen eine weitere
moralische Verpflichtung für das. Berliner
Cabinet, nämlich die: endlich einmal selbst
mit positiven Vorschlägen hervorzutreten.
Gerade in dieser allein .entscheidenden Bezie-
hung können wir indeß von der jetzigen preu-
ßischen Regierung auch nicht das Allergeringste
erwarten.

Berlin, 28. Dez. Die französischen Mar-
schaüe Vaillant (Miuister des k. Hauses),
Magnan und der Minister der auswärtigen
Angelegenheiten, Thouvenel, habenden preuß.
schwarzen Adlerorden erhalten.

Was man im übrigen Deutschlano von den
neuesten Vorgängen iu Preußen denkt und
wie dieselben das Vertrauen, welches von
Seiten des Nationalvereins und seiner An-
hänger auf die „neue Aera" in Preußen ge-
seHt wurde, auflöftn, zeigt die Aeußerung der
Wochenschrift des „Nationalvereins", daß die
„preußischen Unbegreiflichkeiten" sich dergestalt
häufen und steigern, „daß selbst die Fähigkert
darüber zu erstaunen, sich erschöpfe!"

Hamburg, 28. Dez. Zum ersten Bürger-
meister für 1862 wählte der Senat Herrn
Bürgermeister Dr. Friedrich Sieveking und
zum zweiten Bürgermeister Herrn Senator
Lutteroth-Legat.

Wien, 23. Dec. Die Reise des Kaisers
nach Venedig geschieht dieses Mal nicht incog-
nito. Der Kaiser will seinen Aufenthalt nicht
bkos auf Venedig beschränken, sondern eine
eingehende Inspektiou der Fortisikationen des
Festungsvierecks vornehmen und durch seine
Begleiter vornehmen lassen, und dann über
Tprol, nach einer Besichtigung der neuen
Schanzanlagen in den südlichen Päffen dieser
Provinz, nach Wien zurückkehren. Es hat
sich aümählich die Ueberzeugung festgesetzt,
daß bei eincm etwaigen neuen Angriffskrieg
von Seiten Jtalicns höchst wahrscheinlich
weder das Festungsviereck noch die Polesina
(das zwischen Venedig und den Linien des
Vierecks liegende offene Gebiet von Rovigo)
das erste Angriffsobjekt des sardinischen
Heeres sein dürfte, soudern daß dieses wahr-
scheinlich'auf irgend eincm Küstenpunkt dcs
adriatischen Mecrs eine Operationslinie zu
gewinnen suchen dürfte. Von dem stark be-
festigteu Kriegshafen Ancona aus kann ein
Erpeditionskorps binnen zwölf bis dreißig
Stunden mit Dampfkraft jeden Punkt unserer

Eigcner Herd.

(Fortsetzung.)

„Sprich nicht so", entgegnete jener. „Euer Ent-
schluß zu gehen, war freiwillig. Aber wenn es so
wäre, dann hat maü dich vielleicht aus dcr Thüre
gewiesen, und du hast dich nun äm Thürgerüst fest-
gesetzt. Wer aöcr Herr über die Stube ist, ist der
nicht auch Herr über das Thürgerüst? Bist du
hier auf deinem eigenen Grund und Boden? Bift
du nicht in'der Markung einer Gemeinde, die so
gut wie dte von Seekirchen, däs Rccht hat, darcin
zu reden, wenn fich jemand in ihrem Eigenthum
niederlassen will?"

„Wir thun der Gcmcinde nichts zu leid", ant-
wortete Balthes, „wtr habcn nichts von ihr, denn
die Luft kann sie uns nicht aufhalten, die kommt
von Gott. Ich glaub's wohl, daß sie's nicht lciden
würden, wenn sie wüßten, daß wir da sind; aber
sie wissen's nicht und crfahren's auch nicht, denn
Euer Hochwürden, den ich aus Zutrauen herbeige-
führt hab', werden uns nicht verrathen." — „Jch
werde thnn, was ich sür meine Schnldigkfit halte."

entgegnete der Pfarrer. „Aber wenn ihr auch noch !
eine Weil' verborgen bleiben könnt, habt ihr keinen j
andern Herrn über euch? Jst, was ihr thut, denn i
recht vor Gott, von Vem ihr doch die Luft habt,
wic du selber sagst? Er selbcr hat den Eheftand

„Wir sind Eheleut' vor Gott", rief Balthes hef-
tig aufspringend, „wir haben's uns feierlich ver-
sprochen und geschworen und werden's haltcn. Auch
hab' ich fagen hören, der Wille der Eheleute sei !
das Hauptstück bei der Ehe!" „Bist du so aufgc- !
klärt, Balthcs?" fragte der Pfarrer entgegen. —
„Meinetwegen! — Aber du, Loni, meinst du nicht,
es wäre schöner gewefen, du hätteft noch eine Weile
Geduld gehabt und wärest dann offen vor aller Welt
niit dem Kränzel an den Altar getreten ünd dürf-
test vich nun mit deincm licben Kinde da freisehen
lassen und nicht in einen Waidwinkel verkriechen?"

Loni war schon bei den ersten Worten des Pfar-
rers in Thränen ausgebrochen und auf das Bett
zu ihrcm Kindc Hingcsunken. Jetzt glitt sie zu die-
sem hcrach üud zu deii Füßeu des Pfarrers hin.

„Ja, Hochwürden", schluchzte fie, „Sie haben rccht!
So lang wir allein waren, haben wir's nicht so
beachtet und eingesehcn; aber seit der Kleine da ist,
hat's mtr kciüe Ruhe mehr gclassen.'— Es fällt
mir gar zu schwer, daß er so im Wald aufwachsen

da hab' ich nrcht mehr geruht, bis der Bälthes
zu Ihnen. hinunter ist. Hochwürden sind immer
gut gewesen gegen uns imd sreundlich — lassen Sie

einsegnen!"

Der Pfarrer war erweicht. „Steh auf, Loni",
sagte er. „Es ist mir leid um euch zwei, daß es
so gekommen ist, und wenn ich auch nicht loben
kann, stxrs ihr gethan habt, so will und kann ich
euch drum auch nicht verdammcn. Es istrccht, daß
ihr aus eurem Zustand herauswollt, und wenn ich
dazu helfen kann, soll's an mir nichtfehlen. Alles,
was ich jetzt thun kann, ist, das Ktnd zu taufen.
Das vars ich, weil es so rrank ist; — aber euch ein-
 
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